Mit 50 hat man noch Träume
getroffen, und
das ist dein gutes Recht, aber auch ich habe das getan.« Bea spürte, dass sein Verhalten
sich nach wie vor wie Verrat anfühlte, und ein seltsamer Gedanke ging ihr durch
den Kopf. Wenn Verrat eine Farbe hätte, welche wäre es? Im selben Moment schon war
ihr die Antwort klar. Verrat war gelb. Grellgelb.
»Ich konnte
nicht ahnen, dass du es mir so übel nehmen würdest.«
Bea holte
tief Luft. »Du hast mir Paul Hartwig vor die Nase gesetzt, und das nach so viel
Jahren. Das ist nicht o.k., und du weißt es auch. Du hast ihm Anteile verkauft,
ohne mich ein einziges Mal zu fragen, ob ich nicht auch welche haben wollte. Über
die Gründe möchte ich nicht mehr länger nachdenken, doch was rede ich da …« Bea
benötigte einen Augenblick, um sich zu beruhigen. Schließlich sagte sie: »Lass es
gut sein, die Sache ist erledigt.«
»Bea …«
»Ach was,
Bea!«, sagte sie teils ungeduldig, teils ärgerlich.
»… wo bist
du überhaupt?«
Sie schwieg
einen Moment, bevor sie sagte: »Im Moment schaue ich auf die Weinberge der Ahr.«
»Hast du
etwas dagegen, wenn ich zu dir komme?«
»Untersteh
dich.«
»Dachte
ich’s mir.« Frank Flick überlegte, was er jetzt sagen sollte. »Machst du Urlaub?«,
fragte er vorsichtig.
»Nein. Oder
ja. Beides.« Über ihr Gesicht glitt ein Lächeln und sie sagte mit klarer Stimme:
»Ich erhole mich von meinem alten Leben. Und ich arbeite an einem neuen Projekt.«
In der Leitung
herrschte Stille.
»Ein neues
Projekt?«
»Ja, ich
habe mit ein paar Freundinnen ein Restaurant gepachtet.«
»Ein Restaurant?«,
fragte er erstaunt und sagte: »Damit bist du doch völlig unterfordert. Bea, komm
zurück. Dein Platz ist hier .«
Bea biss
sich auf die Lippe und sagte: »Nein, Frank, es tut mir leid.« Nach einer Weile fügte
sie hinzu: »Der Zug ist abgefahren.«
Irgendetwas
in ihrer Stimme veranlasste ihn dazu, noch nicht aufzugeben. »Menschen machen Fehler,
und ich habe einen Fehler gemacht, verdammt.« Er schwieg einen Moment, bevor er
weitersprach. »Wir überdenken alles einfach noch einmal und teilen die Anteile durch
drei. Was hältst du davon?«
»Wenig.«
Frank überlegte,
dann sagte er: »Mein Angebot steht, tu mir bitte den Gefallen, und denke noch einmal
darüber nach, ja?«
Sie riss
sich zusammen und erhob sich von der Bank. »Es ist zwecklos, Frank.«
Das Handy
wog schwer in ihrer Hand. Sie nahm es vom Ohr, betrachtete es einen Moment, und
dann drückte sie das Gespräch einfach weg.
Auf einmal
wurde ihr schlecht. Die Übelkeit schlug über ihr zusammen wie ein dunkles Tuch,
das ihr die Möglichkeit zu sehen und zu atmen nahm. Sie vermisste ihn und die Agentur,
das musste sie sich eingestehen. Doch jetzt war sie hier, und das war gut so, auch
wenn es sich manchmal anfühlte, als befände sie sich in einem Paralleluniversum.
Sie schloss die Augen. Vielleicht war Franks Angebot doch nicht so schlecht.
17
»Die Zukunft des Fußballs ist weiblich!«
Christine Schäfer sah selbstbewusst in die Runde. »Das hat zumindest Fifa-Präsident
Joseph Blatter gesagt.«
»Und was
bedeutet das für uns?«, fragte Dagmar Stur, Bens Mutter.
»Dass überall
auf der Welt immer mehr Frauen kicken und die Männer bald überholen«, sagte Bruni,
die von Fußball allerdings nicht allzu viel Ahnung hatte. Dafür umso mehr von Frauen,
wie sie glaubte.
»Genau«,
Christine Schäfer nickte zustimmend. »Frauenfußball ist auf dem Vormarsch.«
15 Frauen
aus dem Landfrauenverein waren heute im ›Ahrstübchen‹ zusammengekommen, und Bruni
saß mittendrin. Nach dem Essen hatte sie die Gelegenheit genutzt und gefragt, ob
sie sich dazusetzen dürfe. Verhalten neugierig, aber freundlich, hatten die Frauen
sie an ihrem Tisch aufgenommen.
Marianne
Hohenstein betrachtete sie nachdenklich und runzelte die Augenbrauen. Die Kölnerin
entsprach zwar optisch nicht dem Bild einer Emanze, wie sie es sich immer vorgestellt
hatte, aber sie redete wie eine. Richtige Emanzen, so glaubte sie, waren groß und
dick, vielleicht auch dürr, in jedem Fall aber hässlich. Im Grunde genommen, davon
war Marianne Hohenstein überzeugt, waren sie zu Emanzen geworden, weil sie keinen
Mann abgekriegt hatten. Sie kniff leicht die Augen zusammen, und nahm Bruni ins
Visier. Sie fragte sich, ob sie lesbisch war, eine lesbische Emanze. Sie war tatsächlich
übermäßig groß, außerdem schminkte sie sich nicht. Allerdings, und das sprach dagegen,
hatte sie keine maskulinen Züge, auch konnte Marianne
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