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Mit 50 hat man noch Träume

Mit 50 hat man noch Träume

Titel: Mit 50 hat man noch Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bärbel Böcker
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raschelte es leicht
im Laub, das den Boden bedeckte, und sie sann darüber nach, welches Tier ihr Gesellschaft
leistete. Eine Maus vielleicht, eventuell aber auch eine Schlange, sie kamen recht
häufig hier vor, hatte sie sich sagen lassen. Blindschleichen und hin und wieder
sogar Kreuzottern, deren Biss zwar giftig, aber nicht tödlich war. Bea öffnete die
Augen und sah sich aufmerksam um, aber jetzt blieb alles still und sie konnte nichts
entdecken. Beruhigt streckte sie ihre Beine aus und entspannte sich wieder. Keine
Schlange.
    Die Begegnung
mit Johannes Frier hatte etwas in ihr ausgelöst. Sie musste plötzlich an die Männer
denken, die sie gehabt hatte in ihrem Leben und vor ihrem inneren Auge ließ sie
sie nun Revue passieren. Seit der Trennung von Sven hatte sie drei, vier kurze Liebschaften
in all den Jahren gehabt, mehr nicht, und keiner davon hatte sie ernsthaft interessiert.
Bea wusste, dass sie allesamt nur eine Alibifunktion hatten, aus irgendeinem Grunde
war es nach der Trennung wichtig für sie gewesen, sich zu vergewissern, dass sie
als Frau noch normal funktionierte. Sie sog tief die Luft ein und hielt sie so lange
in ihren Lungenspitzen, bis sie das Gefühl hatte, den Sauerstoff bis in die abgelegenste
Zelle transportiert zu haben, erst dann atmete sie wieder aus. Sie ließ ihre Augen
über die gegenüberliegenden Weinberge schweifen. Nicht ein einziger Mann war ihr
begegnet, der noch einmal das Gefühl von Liebe in ihr zu wecken vermochte. Sympathie
und Begierde ja, aber keine Liebe. Vermutlich hatte sie das Gefühl nur nie zugelassen.
Irgendwann war es ganz alltäglich geworden, allein mit Johanna zu leben, und dann,
eines Tages, hatte sie überrascht festgestellt, dass der Gedanke an einen Mann gänzlich
aus ihrem Leben verschwunden war. Er hatte sich auf leisen Sohlen über Nacht davongeschlichen
wie eine Katze, die das Weite suchte.
    Bea blinzelte.
Chronisch müde war sie in den vergangenen Jahren oft gewesen, ausgelaugt. Auf einmal
überkam sie eine tiefe Sehnsucht nach ihrem alten Zuhause. Nach den Kneipen und
Restaurants am Rheinufer und in der Altstadt. Dem Früh und dem Päffgen ,
die sie auf einmal schmerzlich vermisste.
    Wie es Johanna
wohl ging? Am Telefon erfährt man nur die Hälfte, dachte sie, und obwohl Johanna
mehrfach versichert hatte, dass es ihr blendend gehe, hatte Bea Zweifel. Einen Moment
überlegte sie ernsthaft, ob sie sich nicht spontan in ihr Auto setzen und Gas geben
sollte, aber dann verwarf sie den Gedanken wieder. Es war schon zu spät, gleich
18 Uhr.
    Sie ertappte
sich bei der Vorstellung, zusammen mit Johannes Frier durch die Altstadt zu schlendern.
Aber es war wirklich schon zu spät.
    Sie sah
ihn vor sich, seine dunklen Augen, sein Lächeln, so warm. Ihr Handy begann zu brummen,
es vibrierte unablässig in ihrer Jackentasche. Unwillig zog sie es hervor. Ein kurzer
Blick auf das Display zeigte, dass es Frank war. Schon wieder. Bea ließ das Handy
noch einen Moment vor sich hin brummen, dann nahm sie das Gespräch an.
    »Na, endlich.«
Franks Stimme klang erleichtert, aber sie enthielt auch einen leichten Vorwurf,
der Bea unmittelbar störte.
    »Ich versuche
seit Tagen, dich zu erreichen.«
    »Tatsächlich?«
Sie tat überrascht.
    »Ja. Hast
du meine Nachrichten nicht bekommen?«, fragte er mit sanfter Stimme.
    Bea schwieg.
    »Oder hast
du sie einfach nicht abgehört?«
    »Ja, genau
das.«
    In der Leitung
herrschte Stille.
    »Und meine
Mails? Hast du die auch nicht gelesen?«
    »Nein.«
    Frank Flick
brauchte einen Augenblick, um die Information zu verarbeiten. Schließlich sagte
er langsam. »Sei doch nicht so nachtragend, ich bitte dich.«
    »Frank,
ich wollte nicht mit dir reden oder mailen, ist das so schwer zu verstehen?«
    Ihr ehemaliger
Chef und Ex-Lover schluckte die Enttäuschung hinunter, die aus seinem Innersten
aufstieg und sich durch seine Kehle nach oben drängte. »Ja, es ist schwer zu verstehen.
Du fehlst uns hier.«
    Bea blieb
still.
    »Ich meine,
du fehlst mir .« Er startete den Versuch, sie zu einem Lächeln zu bewegen,
und fügte hinzu: »Und unseren Mitarbeitern. Von den Kunden ganz zu schweigen. Der
eine oder andere entzieht uns bald den Etat, wenn sie nur mit mir vorliebnehmen
müssen.«
    »Oder mit
Paul«, versetzte sie mit unerwarteter Schärfe. »Erwartest du, dass ich die Angelegenheit
noch weiter kommentiere?«
    »Ehrlich
gesagt, nein. Aber …«
    »Was erhoffst
du dir?«, unterbrach sie ihn und sagte: »Du hast eine Entscheidung

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