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Mit 50 hat man noch Träume

Mit 50 hat man noch Träume

Titel: Mit 50 hat man noch Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bärbel Böcker
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wo sie sich in Sportgeschäften mit der Suche nach Schnäppchen
ablenkte. Manchmal verschwand sie auch stundenlang in der Stadtbibliothek am Josef-Haubrichhof
und las. Fest stand, dass die Luft zum Atmen überall besser zu sein schien als im
Hause der Wangs.
    Bea sah
auf. Die Tür öffnete sich wieder, und nachdem Hubertus Hohenstein sich mit einem
derben Schlag auf den Rücken von seinem Besucher verabschiedet hatte, bat er sie
zu sich hinein. Sie nahm auf einem klapprigen Holzstuhl vor demselben Schreibtisch
Platz, der ihr wegen seiner Massivität auffiel und der schon Johannes imponiert
hatte, und ging jovial auf die launige Begrüßung des Bürgermeisters ein. Ein paar
belanglose Sätze über das Wetter, die Touristen und den zunehmenden Erfolg des ›Ahrstübchens‹
überbrückten die erste Unsicherheit und verschafften ihr ausreichend Zeit, sich
emotional auf ihn einzustellen. Der Bürgermeister saß hemdsärmelig und wenig Ehrfurcht
gebietend vor ihr, was sie zu schätzen wusste, denn dadurch machte er den Eindruck,
als könne sie nach dem Vorgeplänkel ohne Umschweife zur Sache kommen. »Wie hat sich
der Tourismus in den letzten Wochen in Altenahr entwickelt?«, fragte sie, obwohl
sie die Antwort bereits kannte.
    Hubertus
Hohenstein dachte an die rückläufigen Zahlen aus Gastronomie und Hotellerie.
    »Nicht sehr
positiv, aber warum fragen Sie?« Er betrachtete sie mit einem scharfen Blick. »Dem
›Ahrstübchen‹ geht es doch inzwischen ganz gut, wie ich höre? Meine Frau hat ja
auch schon ordentlich mit angepackt.« Er war überrascht gewesen, als Marianne ihm
davon erzählte, aber nach einem Anflug leichten Ärgers hatte er sich besonnen und
sich dafür entschieden, ihren Einsatz positiv zu bewerten. Die Frau des Ortsbürgermeisters
hatte sich vorbildlich verhalten, und das war in bewegten Zeiten wie diesen durchaus
wichtig, denn es stützte seine Position.
    »Toller
Einsatz«, sagte Bea anerkennend und strahlte den Mann an. »Eine Nachbarschaftshilfe,
wie sie im Buche steht. Mit dem ›Ahrstübchen‹ geht es bergauf, aber es muss noch
besser werden. Vier Frauen werden von dem, was das Restaurant bislang abwirft, nicht
satt.«
    Der Bürgermeister
betrachtete sie aufmerksam. Beatrice Knoll war nicht zu unterschätzen, das wusste
er nur zu gut. Er fragte sich, was sie heute im Schilde führte, und sagte erklärend:
»Der ganze Rummel um den abgebrannten Tempel hat dem Image des Ortes ziemlich geschadet.«
    »Schlimm«,
erwiderte Bea und hob den Kopf. »Umso wichtiger ist es, dass jetzt positive Signale
gesetzt werden.«
    »Nun, wir
sitzen ja nicht untätig herum.« Hubertus Hohenstein nahm einen Schwung Zeitungsartikel,
die ordentlich zusammengeheftet waren, aus seinem Ablagekorb, und legte sie schwungvoll
vor Bea auf den Tisch. »Schauen Sie, jede Menge Presseberichte, auch positiver Art.
Wer hätte das gedacht. Allein die Mahnwache des Vereins Gegen Rechts, die
Überreichung des Schecks an die Familie Wang, die Reduzierung der Parkplatzgebühren
…« Er unterbrach sich kurz, bevor er sagte: »Alles Aktionen, die von der Öffentlichkeit
und vielen hier im Ort sehr gut aufgenommen wurden.«
    »Das freut
mich«, versicherte Bea. »Aber ich denke, dass noch viel zu tun ist, um das Image
des Ortes wieder aufzupolieren. Was die hiesige Gastronomie und Hotellerie brauchen,
sind regelmäßige Touristenströme, nicht nur hin und wieder mal den Besuch eines
Kegelvereins. Aber die Touristen kommen erst zurück, wenn Altenahr für sie wieder
attraktiv geworden ist.«
    Hubertus
Hohenstein sah sie mit leerem Blick an. »Hm«, machte er schließlich und runzelte
die Stirn. Die Kölnerin hatte ihren Finger mitten in die Wunde gelegt.
    »Die chinesischen
Reisebusse fahren Altenahr inzwischen nicht mehr an.«
    »Ich weiß.«
Das Gespräch missfiel Hubertus Hohenstein zusehends, auf unangenehme Weise fühlte
er sich in die Enge getrieben.
    »Darf ich
fragen, wie hoch Sie die Gewerbesteuerverluste einschätzen, die der Gemeinde durch
die ausbleibenden Touristen entstehen?«
    Er starrte
Bea an und fragte sich, was sie von ihm wollte. »Es werden sicher einige Tausende
sein«, antwortete er.
    »Zigtausende?«
    Er lehnte
sich in seinem Stuhl zurück, und Bea spürte, dass sie ihm mit ihren Fragen zu nahe
trat, aber darauf konnte sie keine Rücksicht nehmen.
    Resigniert
zuckte er mit den Schultern. Nichts war klarer, als dass die Gemeinde erhebliche
Verluste hatte, und er sich mehr denn je Gedanken darüber machen musste, wie

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