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Mit 50 hat man noch Träume

Mit 50 hat man noch Träume

Titel: Mit 50 hat man noch Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bärbel Böcker
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mich.«
    »Fang jetzt
bitte nicht wieder damit an«, sagte Mei Ling. »Das haben wir schon tausendmal gehört.
Ich denke, du willst hier studieren? Für die ›Eintracht Neuenahr‹ zu spielen bedeutet
eine tolle Chance für dich, du weißt das …« Sie merkte, dass sie wütend auf Wang
Ai war. Da sie aber kein Magengeschwür bekommen wollte, beherrschte sie sich. Wer
seine Wut herausschrie, wurde krank. Oft hatte sie sich gefragt, wer richtig lag,
die Chinesen oder die Deutschen, die glaubten, dass man krank würde, wenn man den
Ärger in sich hineinfraß. Irgendwann hatte sie sich für die chinesische Sicht der
Dinge entschieden, zumal Unbeherrschtheit immer auch Gesichtsverlust bedeutete.
    »Wang Ai,
ich glaube nicht, dass du bei der ganzen Sache eine so große Rolle spielst«, sagte
Wang San sanft zu Wang Ai. »Du bist bestimmt nicht der Grund für die Vertragsauflösung,
dich trifft keine Schuld.« Insgeheim war er jedoch nicht so sicher. Er hielt es
durchaus für möglich, dass sie mit ihrer Vermutung richtig lag.
    »Ich könnte
morgen bei der Reisegesellschaft anrufen und nachfragen, ob sie nicht noch einmal
darüber nachdenken wollen. Schließlich habe ich auch dafür gesorgt, dass der Vertrag
zwischen uns und ihnen überhaupt zustande kam«, schlug Mei Ling vor.
    »Ich weiß
nicht, ob das eine gute Idee ist.« Wang San strich sich über die Stirn.
    »Ich könnte
ihnen versichern, dass hier alles beim Alten ist. Ich meine, unser Service stimmt
nach wie vor, unsere Gerichte sind ausgezeichnet, und im Zweifel gehen wir auch
mit dem Preis noch ein bisschen runter …«, insistierte Mei Ling.
    Lao Wang
nickte bedächtig.
    Er hält
die Teetasse in der Hand, als wäre sie sein Halt, dachte Wang San.
    Nach einer
Weile flüsterte sein Vater: »Wir machen uns vor niemandem klein.« Seine Worte kamen
leise, aber in aller Deutlichkeit über seine Lippen, und so weich sie auch klangen,
so waren sie doch unverkennbar ein Befehl. Die Familie starrte ihn an. Langsam schlürfte
er noch etwas von dem Tee, der nicht nur seinen Körper, sondern auch seine Seele
wärmte. Es war der zweite Aufguss, und er schmeckte ganz so, wie er ihn liebte,
mild, blumig und zart. Den ersten Aufguss fand er streng und unausgewogen, weswegen
er seit jeher darauf bestand, dass er weggeschüttet wurde.
    »Wir akzeptieren
die Vertragsauflösung, auch wenn wir noch nicht wissen, welche Konsequenzen sie
für uns hat«, entschied er und fügte mit erhobenem Kopf hinzu: » Bitte bedenkt:
Ein tiefer Fall führt oft zu höherem Glück.«

60
     
    Wer hatte ihr von der Ameisenschaukel erzählt? War es Bruni gewesen, oder hatte sie nur davon geträumt? Wer hatte ihr
das Wort, das sich in keinem Lexikon nachschlagen ließ, zugeflüstert? Sie wusste
es nicht, aber dennoch konnte sie sich gut an das Gefühl erinnern, das das Bild
in ihr hinterlassen hatte. Bis zur Hüfte sah sie sich im Wasser stehen und mit ineinander
verschränkten Händen Ameisen schaukeln. Sie schwenkte sie hin und her, und die kleinen,
umtriebigen Tiere schienen die Waschung in vollen Zügen zu genießen.
    »Was, meinst
du, hat das Bild von der Ameisenschaukel zu bedeuten?«, wollte Ulrike wissen und
deutete auf den Stapel Blätter, der vor Bruni auf dem Terrassentisch lag. Ohne ihre
Antwort abzuwarten, stellte sie bereits die nächste Frage. »Kommst du gut voran?«
    »Morgen
bringe ich die Seiten zur Post.«
    »Irgendwelche
wichtigen Erkenntnisse?«
    »Ja und
nein. Es gibt natürlich viele Dinge, die Frauen glücklich machen, und die sich von
denen, die Männer glücklich machen, unterscheiden.«
    »Das hätte
ich euch auch gleich sagen können«, lachte Caro, die aus dem Restaurant kam und
sich zu ihnen gesellte. »Autowaschen? Bier trinken? Am Lagerfeuer hocken?«
    Bruni nickte.
»Und noch viel mehr. Aber es gibt auch Auslöser, die beide Geschlechter in
denselben Glückszustand versetzen.«
    »Kann ich
mir nicht vorstellen«, erklärte Ulrike.
    »Fußball?«,
fragte Caro.
    Bruni grinste.
»Lest selbst, einige überraschende Informationen sind drin. Ich hoffe, an der Uni
wollen sie das Thema für ein paar Vorlesungen haben.« Sie griff nach der Sonnencreme
mit Lichtfaktor 30, verteilte einen Klecks im Gesicht und auf ihrem Handrücken,
die Arme waren ja bereits durch Stoff geschützt, lächelte Ulrike zu und sagte: »Das
Bild von der Ameisenschaukel könnte auch bedeuten, dass du jetzt völlig verrückt
wirst.«
    »Ich habe
es schon befürchtet«, gab Ulrike seufzend

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