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Mit 80 000 Fragen um die Welt

Mit 80 000 Fragen um die Welt

Titel: Mit 80 000 Fragen um die Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Gastmann
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und er hat einen auffallend breiten Mund, dafür aber offene, treuherzig blickende Augen. Er ist gut gebräunt und seine Haut so glatt wie ein persischer Babypopo. «Aber bald brauche ich wieder etwas Botox», lacht der Doktor. Seine Patientin Julie kann nicht darüber lachen, auch wenn sie diesen Spruch vielleicht witzig findet. Dr.   Nassif hat Julies Gesicht komplett umgestaltet, und es ist noch nicht verheilt.
    «Wir haben die Haut am Unterlid, an den Wangen und am Hals ein wenig gestrafft und am Oberlid eine Kleinigkeit entfernt. Jetzt ist alles enger, und die letzten Falten behandele ich mit Botox. Unter den Augen fehlte ihr etwas Fett, da war Julie viel zu schmal. Außerdem habe ich ihr die Nasegerichtet – sie hatte da so einen unschönen Höcker. Und wo wir gerade dabei waren, hat Julie auch noch ein neues Kinn bekommen. Sie trägt nun ein Implantat.»
    «Und wie lange hat das alles gedauert?»
    «Etwa einen Tag. Das war eine große Operation. Aber ist unsere Julie nicht wunderschön?»
    Julie blickt mich etwas gequält an. Sie tut mir leid. Während der Doktor Julies Operation erläutert, hält er ihr Wattestäbchen ins Gesicht, dreht ihren Kopf hin und her und wackelt an ihrem Plastikkinn.
    «Julie, waren Sie denn vorher nicht schön?»
    «Doch, doch, aber ich bin jetzt fünfzig und war doch stark gealtert. Ich brauchte einfach eine Auffrischung, ein Refreshing.»
    Julie arbeitet als Fitnesstrainerin in Beverly Hills. Ein Beruf, in dem Altern geschäftsschädigend ist. Die üblichenHollywood-Operationen (Brust, Oberschenkel, Bauch) hat sie schon lange hinter sich, deshalb wollte sie ihre Familie in diesem Jahr zum Valentine’s Day überraschen. Mit einem neuen Gesicht.

    «Julie, gehört das zum amerikanischen Traum?»
    «Ja», antwortet sie, und mit einem lauten Knall öffnet sich die Tür des Behandlungszimmers. Meine zehn Minuten sind um, und P R-Cathy führt mich zurück in das verwaiste Büro des Doktors. «Du hast gleich die Möglichkeit, Dr.   Nassif drei persönliche Fragen zu stellen. Frag ihn doch, wie er zu dem Job gekommen ist.»
    «Gute Idee, danke.»
    Cathy wirft die Tür hinter sich zu, und ich sehe mich ein wenig um. In einem Regal entdecke ich gerahmte Fotos: Dr.   Nassif mit Britney Spears, Dr.   Nassif mit Matt Damon, Dr.   Nassif beim Golfen mit Jack Nicholson. Auf dem Dr.- Nassif-Schreibtisch steht ein Bild von einer Blondine mit falschen Wimpern, falschen Augenbrauen, aufgepumpten Brüsten und Lippen, so breit wie Feuerwehrschläuche. Die Dame ist ganz aus Plastik. «Das ist meine Frau», sagt Dr.   Nassif, der jetzt gemeinsam mit Cathy den Raum betritt. Er lässt sich hinter seinem Schreibtisch nieder, Cathy bleibt stehen.
    «Drei Fragen, nicht mehr! Ich warte hinter der Tür.»
    Dr.   Nassif faltet die Hände, und in seinem Pferdegesicht blitzt eine Reihe auffällig weißer Zähne auf. Er thront im Bürostuhl wie ein Buddha, der mir gleich die drei großen Fragen der Menschheit beantworten wird: «Wo komme ich her? Wo gehe ich hin? Holt mich jemand ab?» Ich muss meine drei Fragen mit Bedacht wählen.
    «Welche Stars haben Sie operiert?»
    «Dennis, wenn ich Ihnen das verrate, dann bin ich in verdammtgroßen Schwierigkeiten. Aber ich sage Ihnen eins: Meine Patienten sind sehr, sehr berühmt.»
    «Was würden Sie an mir operieren?»
    «In ein paar Jahren sollten wir uns mal über Ihre Augenränder unterhalten. Aber ich operiere grundsätzlich nur dann, wenn es auch medizinisch notwendig ist. Zum Beispiel, wenn Sie unter Ihrer dicken Nase leiden.»
    Nun bleibt mir nur noch eine einzige Frage, und Cathy steht schon in der Tür.
    «Deine letzte Frage, Dennis. Dr.   Nassif ist ein sehr beschäftigter Mann.»
    «Dann habe ich mal eine Frage an Sie beide: Wo finde ich den amerikanischen Traum?»
    «Da muss ich nachdenken», zögert Dr.   Nassif, «tja, wo finde ich den amerikanischen Traum   …?»
    Der Starchirurg bleibt eine Weile stumm, dann wendet er sich an seinen P R-Drachen . «Was meinst du, Cathy? Wo findet dieser Mann den amerikanischen Traum?» Jetzt sollte Cathy eine Antwort parat haben, dafür wird sie bezahlt, das könnte ihr großer Moment werden. Doch Cathy schweigt.
    «Tja, keine Antwort von Cathy. Sorry, Dennis, darüber muss ich erst mal nachdenken.»
    Frage drei bleibt an diesem Nachmittag unbeantwortet. Haben Cathy und der Superdoktor das Träumen verlernt?

KAPITEL 7
«WIE STIRBT ES SICH IN TEXAS?»
    OLD SPARKY
    Die Gabel ist aus Plastik. Das Messer ist

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