Mit 80 000 Fragen um die Welt
gäbe es vielleicht eine Möglichkeit, Frau Hilton mal zu treffen? Wir sind vom Fernsehen und suchen den amerikanischen Traum.»
«Na ja, ich sehe Paris unregelmäßig», säuselt der angebliche Friseur, und bald stellt sich heraus, dass er nur jemanden kennt, der jemanden kennt, der mal mit Paris Hilton in einem Friseursalon gesessen haben soll.
Wir verlassen die Bar und laufen ein paar hundert Meter bis zum berühmten Sunset Boulevard. Auch der ist eine Enttäuschung. Klubs und Restaurants an einer vierspurigen Straße, auf der Edelsportwagen in grellen Farben auf und ab fahren. Ich muss an die Whiskey-Meile in Kampen auf Sylt mit den reetgedeckten Edelrestaurants und Boutiquen denken. Das Publikum hier ist dasselbe. Wir entscheiden uns für ein kleines Sushirestaurant mit Plastiktischen. Die hübsche Kellnerin im kurzen schwarzen Cocktailkleid mustert uns von oben bis unten, dann setzt sie uns neben einen glatzköpfigen Muskelprotz im Ed-Hardy- T-Shirt , der seine goldbehängte Blondine zum Essen ausführt. Er interessiert sich nicht für uns, aber immer wenn eine lokale Größe den Laden betritt – Typ Porschefahrer mit gegelten langen Haaren–, springt er auf und umarmt den Neuankömmling ausgiebig. Ein paar Sätze und Schluss. Man kennt sich. Aber schätzt man sich?
Los Angeles ist eine wuselige Partystadt, und wer auf Champagner und Smalltalk steht, der wird hier glücklich. Ansonsten entdecke ich wenig Glamour und viel Gewöhnliches: Büroklötze, Donut-Läden, Hotels. Klar, die zwanzig Meter hohen Petticoat-Palmen an jeder Ecke sind toll, doch sie versinken immer wieder in einer riesigen Wolke aus Smog.
Wer es geschafft hat, wohnt in einer Villa in den Hollywood Hills – je höher, desto besser. Wer es geschafft hat, der reist auch nicht mehr mit dem Auto, sondern mit dem Helikopter. Tag und Nacht schwirren sie über die Dächer von Los Angeles, während das einfache Hollywood-Volk fluchend auf einer der vielspurigen Straßen im Stau stecken bleibt. Aber ob sie es nun geschafft haben oder nicht, eines verbindet die Leute: Alle fühlen sich wie Stars. Und verhalten sich auch so. Eine Blondine mit großer Sonnenbrille und Kleidchen sieht unsere Kamera und hält sich panisch ihre Handtasche vor das Gesicht. Als sei sie Cameron Diaz und wir ein Haufen Paparazzi. Und überall sprechen uns Leute an, die irgendwo, irgendwie, irgendetwas mit Film zu tun haben wollen. Wildfremde Menschen drücken uns ihre Demo-DVDs in die Hand. Dazu kursiert in Los Angeles ein Witz. Ein junger Mann trifft auf einen berühmten Filmproduzenten. «Ich bin Schauspieler!», sagt er. «Wie interessant!», antwortet der Produzent. «In welchem Restaurant?»
Ich laufe gedankenverloren über die goldenen Sterne des Walk of Fame. Marlon Brando, Alfred Hitchcock, Walt Disney, Winnie the Pooh, Godzilla. Godzilla? Plötzlich verdunkelt sich die Sonne. Etwas Großes kommt auf mich zu:lange Beine, High Heels, wallendes rotes Haar. Die klassische Männerfresserin: Penny «The Redhead» Drake, eine angeblich sehr talentierte Nachwuchsschauspielerin. Wow, Penny muss mindestens zwei Köpfe größer sein als ich.
«Sie müssen der amerikanische Traum sein!»
Penny bekommt einen Lachkrampf. Sie kneift die Augen zusammen, reißt ihren Mund weit auf, wirft den Kopf nach hinten und stößt ein Gackern aus, das selbst Godzilla in die Flucht geschlagen hätte.
«Das ist so witzig!», juchzt Penny. «Aber du hast recht: Jeder Amerikaner hat einen Traum. Und ich jage meinen Traum!» Jetzt lacht sie schon wieder so komisch.
Penny möchte berühmt werden. Sie kommt aus einer kleinen Baptistengemeinde in Texas, ihr Vater war Pastor. Aber für ihren Traum ist sie als junges Mädchen nach Hollywood aufgebrochen, hat ein paar Wochen auf dem Sofa einer Freundin übernachtet und tagsüber Castings besucht.
«Und dann habe ich endlich meine erste Rolle bekommen! Das war so aufregend!»
«In welchem Film?»
«Zombie Strippers!»
Fall Sie diesen richtungsweisenden Streifen noch nicht kennen: Es handelt sich um einen klassischen Horrorfilm mit Softporno-Elementen. Eine Animierdame wird von einem Zombievirus befallen und liefert als Untote plötzlich Nacht für Nacht die Show ihres Lebens. Ihre Stripper-Kolleginnen sind neidisch, lassen sich ebenfalls infizieren, und plötzlich ist der abgelegene Nachtklub eine Attraktion. Doch das alles hat einen Preis: Die halbnackten Zombies bekommen Lust auf rohes Fleisch und fressen sich durch ihre aufgegeilte
Weitere Kostenlose Bücher