Mit 80 000 Fragen um die Welt

Kundschaft. Penny spielt in diesem Filmübrigens an der Seite der berühmten Pornodarstellerin Jenna Jameson.
    «Sie ist eine phantastische Schauspielerin! Jenna war so unglaublich professionell. Und halt dich fest: Wir arbeiten schon an Zombie Strippers 2 – Angriff der Klonkrieger!»
    Penny hat in Hollywood übrigens noch ein zweites Mal von sich reden gemacht. Sie bekam eine Nebenrolle in «The Cook   – Es ist hingerichtet»: Sechs frivole Freundinnen laden sich einen ungarischen Koch in ihr Haus ein. Eine nach der anderen versucht, den sympathischen Küchenmeister zu verführen, doch zum Dank nimmt der Chef de Cuisine sein Hackebeil, bringt eine nach der anderen um die Ecke und serviert sie ihren nichtsahnenden Freundinnen zum Abendbrot. Auch Penny landet auf dem Teller.
    «The Redhead» ist mit ihren bisherigen Rollen weder berühmt noch reich geworden. Vermutlich wird sie das auch nicht mehr. «Ich bin eine hungernde, arbeitende Schauspielerin», stöhnt sie und behält dabei stets ihr zahnweißes Lächeln. Immer schön Haltung bewahren. Penny lässt sich zwar auf ihren nackten Körper, aber niemals in die Seele blicken. Nur so viel verrät sie mir: Ihre Gagen reichen nicht annähernd aus, um sich ein anständiges Leben in Los Angeles zu finanzieren. Deshalb sucht Penny in Restaurants und Fitnessstudios nach einem Nebenjob, findet aber nichts – in Hollywood gibt es schließlich genug hungernde Schauspieler. Das ist die Realität hinter dem amerikanischen Traum, aber trotzdem hat Penny noch nicht ausgeträumt.
    «Mein Antrieb und meine ganze Kraft ist meine Mutter! Ich liebe meine Mutter», quietscht Penny und sagt, sie müsse nun weiter zu einem Bikinicasting.
    «Ich hab das Höschen schon drunter. Das kneift wie die Hölle.»
    «Du machst also Bikinifotos für deine Mutter?»
    «Hey, meine Mutter hat mir diesen Body geschenkt. Ich schulde ihr was!»
    «Hast du eigentlich etwas an deinem Körper machen lassen?»
    «Nur meine Brüste. Die waren mir einfach zu klein. Aber das tun hier alle Mädchen.»
    Auch Cathy hat sich etwas pimpen lassen. Sie ist dreißig, und ihr Gesicht ist erstarrt. Ihre Augen sind weit aufgerissen, ihre Wangenknochen stechen hervor, ihr kleiner Körper ist ausgezehrt. Früher muss Cathy eine Schönheit gewesen sein, doch jetzt wirkt sie wie ihre eigene Karikatur. Sie beherrscht genau zwei Gesichtsausdrücke: Entweder es gelingt ihr, die Mundwinkel nach oben zu reißen und ein falsches, übertriebenes Lächeln zu zeigen. Oder sie fällt wieder in die Ausgangsstellung zurück. Jetzt wirkt sie zickig und verstohlen.
    Es passt zu ihrem Job. Cathy soll möglichst alles schönreden und darauf achten, dass Termine mit Journalisten professionell ablaufen. Letzteres nimmt Cathy sehr ernst. Manchmal etwas zu ernst. Ich treffe sie in einem modernen, komplett verspiegelten Kasten in Beverly Hills 90210, dem edelsten Edelviertel von Los Angeles, und bin etwa drei Minuten zu spät. Cathy ist schon in heller Aufregung: «Den nis , wo bleibst du denn? Ich habe schon bei deinem Produzenten in Deutschland angerufen und nach dir gefragt. Weißt du, wir Amerikaner sind sehr pünktliche Menschen! Come on, let’s move.»
    Ich folge Cathy durch ein vollbesetztes Wartezimmer und entschuldige mich bei den Patienten für die Störung. Cathy hat andere Sorgen: «Hier bitte keine Aufnahmen!», ruft sie. Die Leute zucken zusammen, das fällt Cathy gar nicht auf. Sie setzt mich in ein verlassenes Büro.
    «Bereite schon mal deine Fragen vor, ich hole Dr.   Nassif!»
    Die Bürotür knallt zu, und weg ist sie. Aber nicht lang: «Okay, der Doktor möchte, dass du zu ihm kommst. Auf geht’s!»
    Ohne anzuklopfen, poltert Cathy mit mir in ein Behandlungszimmer.
    «Das sind Dr.   Nassif und seine Patientin Julie. Du hast zehn Minuten! By the way: Julie, du siehst wundervoll aus!» Dann rennt Cathy aus dem Raum. «Hallo, ich bin Dennis», sage ich und möchte zunächst Julie begrüßen. Aber Dr.   Nassif unterbricht mich: «Hi, ich bin Dr.   Nassif. Wie sollen wir’s machen? Vielleicht erst mal ein Patientengespräch für die Kamera, und dann zeige ich, was ich an Julie so alles verbessert habe?»
    Dr.   Nassif ist Schönheitschirurg. Aber nicht irgendeiner: Der Doktor ist ein Star. Er tritt laufend in Fernsehshows auf, und halb Hollywood soll sich bei ihm schon unters Messer gelegt haben. Dr.   Nassif hat ein freundliches Pferdegesicht: Für einen Schönheitschirurgen ist die Nase vielleicht etwas zu groß,