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Mit 80 000 Fragen um die Welt

Mit 80 000 Fragen um die Welt

Titel: Mit 80 000 Fragen um die Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dennis Gastmann
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weichen. Zweitens: Den Anweisungen des Sergeants ist immer und unbedingt Folge zu leisten. Ansonsten sei er unser Ansprechpartner für alle Fragen, die wir im Laufe des Tages haben.
    An Meisenheimers Seite stoßen wir in Richtung Front vor. Zwei Soldaten öffnen einen Schlagbaum, dann durchbrechen wir die erste Welle aus schwarzgelben Panzersperren und Stacheldraht. Hinter einer weiteren Schranke beginnt Camp Bonifas, der letzte westliche Außenposten vor der Grenze. Er steht unter dem Kommando der UN. Captain Arthur G.   Bonifas wurde übrigens in den siebziger Jahren bei dem Versuch getötet, einen Baum im Grenzgebiet zu stutzen. Sein Auftrag: freie Sicht auf Nordkorea. Doch die Kommunisten überraschten den U S-Soldaten , entrissen ihm seine Axt und brachten ihn damit um. Danach rückte eine ganze U N-Einheit an und fällte den Baum.
    Bis heute scheinen die Vereinten Nationen viel Zeit für Landschaftspflege zu haben: Die Wiesen im Camp sind frisch gemäht, zwischen den Hütten stehen hübsch geschnittene Buchsbäume. Sergeant Meisenheimer deutet auf eine Grünfläche:
    «Hier sehen Sie unseren weltberühmten Golfplatz. Die Sports Illustrated hat ihn im Jahre 1988 zum gefährlichsten Golfplatz der Welt ernannt, weil er an drei Seiten von Minenfeldern umschlossen war.»
    Wir erreichen eine Baracke mit hellblauem Blechdach, darin ist ein Schulungsraum mit Kinosesseln und Leinwand. An der Seite stehen Glasvitrinen: Wandteller und Pokale. Darüber hängt eine gerahmte Zeichnung: Amerikanische GIs reichen südkoreanischen Soldaten die Hand. «We go together» steht darunter. Außerdem entdecke ich Fotos von prominenten Camptouristen: George Bush senior, George Bush junior, Condoleezza Rice. Der kleine Mister Kim aus dem Bus eröffnet das Buffet: Sprudelwasser, Kaffee und Kekse. Doch bevor es allzu gemütlich wird, tritt Sergeant Meisenheimer vor die Leinwand und knipst das Licht im Raum aus.
    «Im Namen des Kommandos der Vereinten Nationen und der Streitkräfte in der gemeinsamen Sicherheitszone möchte ich Sie hier in Camp Bonifas begrüßen!»
    Sein Vortrag beginnt wie ein militärisches Briefing. Ich kenne solche Szenen aus amerikanischen Filmen: Meisenheimer ist der General, wir die Fliegerstaffel. Sollen wir den Todesstern angreifen? Auf der Leinwand erscheint eine Karte von Nord- und Südkorea.
    «Der weiße Streifen zwischen den Ländern symbolisiert die militärische Demarkationslinie. Sie verläuft auf dem 38.   Breitengrad. Nach dem Waffenstillstand mussten alleBefehlshaber ihre Truppen 2000   Meter von dem Punkt des letzten Feindkontakts zurückziehen. So entstand die vier Kilometer breite und 240   Meter lange Demilitarisierte Zone, kurz DMZ. Ich werde jetzt in die Details gehen.»
    Nun rattert der Sergeant mit der Feuergeschwindigkeit eines Sturmgewehrs einen auswendig gelernten Text herunter. Verschachtelte Sätze und geschönte Formulierungen, die in irgendeinem Militärhauptquartier entstanden sind. Dabei starrt Meisenheimer ins Leere und wackelt nervös von einem Fuß auf den anderen.
    «Auf unserer Seite der Demilitarisierten Zone liegt Daeseong-dong, das Dorf der Freiheit. 800   Meter weiter nördlich liegt Kijong-dong, das Propagandadorf.»
    Eigentlich heißt Kijong-dong übersetzt «Friedensdorf». Den Namen «Propagandadorf» gaben ihm die Amerikaner, weil es Daeseong-dong jahrelang mit nordkoreanischen Liedern beschallte. Und Daeseong-dong heißt wörtlich «Dorf des großen Erfolgs». Die Amerikaner bevorzugen den Namen Dorf der Freiheit, weil ihre Einwohner gewisse Privilegien genießen – sie sind zum Beispiel vom Militärdienst befreit. Allerdings dürfen sie abends ihre Häuser nicht mehr verlassen.
    «Hier sehen Sie einen Fahnenmast mit nordkoreanischer Flagge. Der Mast stand in Kijong-dong und war einer der höchsten Fahnenmaste der Welt. 1991 schenkte Südkorea dem Dorf Daeseong-dong einen höheren Mast. Die Nordkoreaner reagierten schnell und bauten einen noch höheren Mast. Heute ist der Fahnenmast von Daeseong-dong 100   Meter und der von Kijong-dong 160   Meter hoch.»
    Fahnenmastwettrüsten, der Kalte Krieg hat überlebt. Angeblich hat die nordkoreanische Flagge momentan einen Durchmesser von 31   Metern und soll fast 300   Kilogrammschwer sein: die größte Flagge der Welt. Meisenheimer kommt zum Ende.
    «Die Armee der Vereinten Nationen und die Armee von Südkorea sind stolz auf das gemeinsame Motto: ‹Wir sind allen voraus!› So, wir fahren jetzt nach Nordkorea. Muss

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