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Mit Blindheit Geschlagen

Mit Blindheit Geschlagen

Titel: Mit Blindheit Geschlagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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einen richtigen Gönner, ganz oben.«
    »Wie hieß der?«
    Zakowski überlegte. Wahrscheinlich war er unsicher, ob er den Namen nennen sollte. »Dreilich, Vorname Theo. Wurde unter Weizsäcker Ministerialdirigent im Amt des Regierenden Bürgermeisters, unter Diepgen war er dann so was wie ein persönlicher Referent oder Mädchen für alles.«
    »Wie kamen Sie an diesen Dreilich?«
    »Das hat Pawelczyk gedeichselt. Hat er mal was Vernünftiges hingekriegt.«
    »Und wie kam Pawelczyk auf diesen Dreilich?«
    »Keine Ahnung. Er tat jedenfalls so, als wäre das keine Sache, die Pässe oder Ausweise zu besorgen. Und es stimmte auch. Wenn wir Papiere brauchten, kriegten wir sie. Vor der Verbindung mit Dreilich war das oft eine Würgerei.«
    »Und dieser Dreilich, was macht der heute?«
    »Das Letzte, was ich hörte, das ist aber eine Weile her, war, dass der in die Wirtschaft gegangen ist. Kurz nach der Einheit.«
    »Haben Sie denn auch mit Dreilich zusammengearbeitet?«
    »Nie, ich habe den mal im Fernsehen gesehen, sonst nicht. Das war am Ende allein Wolles Sache.«
    »Sie waren Kurier?«
    »Kaffee?« Er zog die Glaskanne aus der Kaffeemaschine und schenkte nach, ohne eine Antwort abzuwarten. Stachelmann trank einen Schluck und verbrannte sich die Lippe.
    »Richtig. Ich war Kurier.«
    »Sie haben die Flüchtlinge aufgesucht und ihnen die falschen Papiere ausgehändigt, die Wolle besorgt hatte.«
    »Richtig. Zuerst aber habe ich geprüft, ob die Leute wirklich abhauen wollten.«
    »Wie wurden Sie denn auf die Leute aufmerksam, die haben Ihnen das ja kaum schreiben oder am Telefon sagen können.«
    »Richtig. Der Kontakt wurde nicht von drüben aufgenommen. Nee, da kam jemand aus Westberlin oder Westdeutschland und hat gesagt, also da ist meine Freundin oder mein Verlobter oder wer auch immer in Karl-Marx-Stadt oder Jena, der will abhauen. Was kostet das, wie lange dauert es? Und ich oder Willy …«
    »Schlösser?«
    »Ach, den kennen Sie auch schon?«
    Stachelmann schüttelte den Kopf. »Ich habe von ihm gehört.«
    »Also, ich bin dann rüber und habe die Leute besucht. Das war nicht einfach, aber man kriegte es hin, ohne dass es auffiel. Meistens jedenfalls. Den Willy hat es in Helmstedt erwischt.«
    »Wurde er verraten?«
    »Was denn sonst?«
    »Von wem?«
    Zakowski schlug mit der Hand auf den Tisch, Stachelmann erschrak. »Wenn ich den erwische, bringe ich ihn um. Wissen Sie, was das heißt, als Fluchthelfer in einem DDR-Knast zu sitzen? Nein, natürlich wissen Sie das nicht. Damit verglichen, ist so ein Westknast eine Luxusherberge. Da sind Sie eine Nummer, Schikane von morgens bis abends. Es wird geschuftet und geprügelt. Auf dem Papier gab es auch in der Zone Gefangenenrechte. Aber damit haben die sich den Hintern abgewischt, die Roten. Am Ende werden Sie verkauft wie ein Stück Vieh. Dann sind Sie in Freiheit, aber Sie sind fertig. Das bleibt an einem hängen bis zum Grab. Der Willy könnte was erzählen über Bautzen und Rummelsburg.«
    »Sie haben Schlössers Adresse?«
    »Natürlich, der wohnt in Ulm, ist wieder zurück nach Hause. Aber der Knast ist mitgereist, glauben Sie es mir.«
    »Ich müsste mit ihm reden.«
    »Vergessen Sie’s, der redet mit niemandem. Schon gar nicht über die Zeit im Knast. Und auf seine Fluchthelferkameraden hat er auch einen Rochus.«
    »Vielleicht geben Sie mir einfach mal Schlössers Telefonnummer. Ich rufe ihn an in Ihrem Beisein. Sie haben ja offenbar Kontakt zu ihm, Ihnen vertraut er vielleicht.«
    Zakowski grinste. »Wie Sie wollen.« Er verschwand durch die Tür und kehrte zurück mit einem Zettel. Auf dem standen Schlössers Adresse und Telefonnummer. Stachelmann wählte die Nummer auf dem Handy. Nach dem zweiten Klingeln hob jemand ab. »Ja?«
    »Guten Tag, Dr. Stachelmann. Ich bin gerade zu Besuch bei Herr Zakowski in Beeskow. Wir sprechen über Fluchthelfer. Ich hätte da …« Es klickte.
    »Sag ich doch.« Zakowski grinste.
    Stachelmann ärgerte sich. Dann fragte er: »Haben Sie keinen Verdacht, wer der Verräter sein könnte?«
    »Doch, doch, nur hat sich der im Lauf der Jahre immer wieder gegen andere gerichtet. Zuerst gegen Dreilich, der kriegte ja die Bilder der Leute, damit die Pässe hergestellt werden konnten. Jedenfalls am Anfang. Aber bald haben wir das bei dem Fritzen in Zehlendorf machen lassen, und der Dreilich besorgte nur noch Blankopässe. Also kann er es nicht gewesen sein. Dann hatte ich mal diesen und jenen auf dem Kieker, und den anderen ging

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