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Mit Blindheit Geschlagen

Mit Blindheit Geschlagen

Titel: Mit Blindheit Geschlagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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bitte.«
    »Wen darf ich verbinden?«, fragte die Frau mit einem leichten Berliner Akzent.
    »Dr. Eberhard Kotzan von der BStU.«
    »Von wem bitte?«
    »Von der Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR, das, was Sie vielleicht noch als Gauck-Behörde kennen, obwohl meine Chefin mittlerweile Birthler heißt.«
    Jetzt sang Tina Turner. Ein Klicken unterbrach die Wartemusik. »Sekretariat Dreilich?« Eine angenehme Stimme.
    Stachelmann stellte sich noch einmal vor und bat um einen Termin.
    »Da muss ich den Chef fragen, bitte warten Sie.«
    Tina Turner setzte wieder ein.
    »Dreilich, Sie sind Herr Dr. Kotzan von der Stasiaktenbehörde?« Diese Stimme wollte beeindrucken.
    »Ja.«
    »Und was wollen Sie von mir?«
    »Das muss ich Ihnen persönlich sagen.«
    Dreilich zögerte, dann fragte er: »Wann passt es Ihnen?« Er klang nicht mehr forsch.
    »Heute Nachmittag vielleicht?«
    »Gut, halb drei Uhr, passt Ihnen das?«
    Stachelmann wartete einige Augenblicke. »Ja, doch, das geht. Ich komme zu Ihnen.« Er legte auf.
    Der Mann war verwirrt. Er wird bis zum Treffen nachdenken, was ich wissen könnte. Er wird sich Antworten zurechtlegen. Und er wird Angst bekommen. Dreilich wird sich überlegen, ob er Pleite gehen wird. Hatte er öffentliche Auftraggeber, dürfte er sie verlieren, wenn herauskam, dass er ein Spitzel gewesen war. Noch heute taugte die Sache als Schlagzeile. Diepgen-Referent war Stasi-Spitzel! Das in roten Großbuchstaben, darunter das Porträt des Inoffiziellen Mitarbeiters Theo Dreilich. Dann ein Diepgen-Zitat: Er hat mein Vertrauen missbraucht. Keine Frage, Theo Dreilich war erpressbar.
    Er legte sich aufs Bett und dachte an sein Handy auf dem Schrank im Hotelzimmer. Er stellte sich vor, wie Polizisten das Hotel durchsuchten, das Handy anwählten, aber kein Klingeln hörten, weil Stachelmann den Ton abgeschaltet hatte. Nicht schlecht, Herr Stachelmann. Aber kein Grund zum Übermut.
    Und wenn Dreilich der Mörder war? Stachelmann versuchte die Angst zu verdrängen. Aber der Gedanke ließ sich nicht abweisen. Wenn Dreilich Griesbach umgebracht hatte, kam es ihm auf einen zweiten Mord nicht an. Aber Dreilich musste glauben, dass die Stasiaktenbehörde wusste, wo Stachelmann alias Kotzan sich aufhielt. Oder glaubte er jetzt schon, ein Behördenmitarbeiter arbeite auf eigene Rechnung? Vielleicht spekulierte er darauf. Wenn man einen Menschen in die Enge treibt, mag man die Wahrheit aus ihm herauskriegen. Oder man treibt ihn zur Verzweiflungstat. Das wäre gefährlich. Wie konnte er sich absichern?
    Er griff zum Telefon und wählte Annes Nummer. Der Anrufbeantworter meldete sich. Er sprach darauf: »Hier Josef. Ich besuche nachher einen Theo Dreilich, das ist der Chef einer Firma namens Dreilich Securitas. Die sitzt in der Liebigstraße 27, das ist in Lichtenberg. Falls ich mich heute Abend nicht melde, informiere die Polizei. Bitte sag vorher niemandem, dass ich dort bin. Danke.« Jetzt fühlte er sich besser, glaubte, er habe Dreilich ein Schnippchen geschlagen, bevor der ins Spiel kam.
    Er packte seine Sachen in den Koffer und ging hinunter zum Empfang. Dahinter stand eine junge Frau, er hatte sie noch nicht gesehen. Sie lächelte ihn an. »Ich hoffe, Sie hatten eine geruhsame Nacht.«
    Stachelmann dankte und bat um die Rechnung. Er nannte die Zimmernummer, die Frau tippte sie ein auf ihrem Computer. Nach wenigen Augenblicken nahm sie die Rechnung aus der Druckerablage. Stachelmann gab ihr seine Kreditkarte. Die Frau schob die Karte in ein Lesegerät und wartete. »Das dauert manchmal etwas mit der Datenübertragung nach Frankfurt.« Endlich tickerte das Gerät und warf einen Zettel aus. Die Frau schaute darauf, dann auf Stachelmann und wieder auf den Zettel. Sie legte den Zettel auf den Tresen. »Tut mir Leid, die Karte ist ungültig.«
    Stachelmann nahm den Zettel. Ungültig stand darauf.
    »Versuchen Sie es noch mal«, sagte er. »Vielleicht der Magnetstreifen … die gehen ja manchmal kaputt.«
    »Ja, das habe ich auch schon erlebt.« Sie steckte die Karte wieder ins Gerät und wartete. Das Lesegerät tickerte und warf einen Zettel aus. Die Frau nahm ihn und schüttelte den Kopf. »Hier, sehen Sie selbst.« Ungültig stand auf dem Zettel.
    »Dann nehmen Sie die.« Stachelmann gab ihr die Scheckkarte.
    Die Frau führte die Scheckkarte ein. Das Lesegerät tickerte. Sie schaute auf den Zettel. »Das ist doch nicht wahr«, sagte sie. Auf dem Zettel stand Gesperrt.

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