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Mit Blindheit Geschlagen

Mit Blindheit Geschlagen

Titel: Mit Blindheit Geschlagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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steckte sich eine Zigarette an. Er kurvte schnell durch die Straßen, bis er in eine große Straße kam, die Stachelmann kannte. Es war der Ku’damm. Der Fahrer querte ihn und hielt vor einem Hotel. »Die haben immer was frei«, sagte er.
    Stachelmann zahlte und ging ins Hotel. Es war das dritte in dieser Nacht. An der Rezeption saß ein alter Mann, wohl ein Rentner, der sich etwas dazuverdiente. Stachelmann fragte, ob er ein Zimmer frei habe für eine Nacht.
    Der Rentner betrachtete Stachelmann eine Weile, dann sagte er: »Na gut.«
    Stachelmann trug einen anderen falschen Namen ein in das Anmeldeformular. Der Portier schaute ihm zu, sein Gesicht verriet keine Regung. Dem ist es gleichgültig, wer ich bin und was ich in das Formular schreibe, dachte Stachelmann.
    Das Zimmer lag im ersten Stock auf der Rückseite des Hotels. Es war klein, aber es hatte ein gut eingerichtetes Bad. Und als Stachelmann sich aufs Bett setzte, glaubte er, es sei nicht zu schlecht. Er notierte sich auf einem Zettel, dass er seine Handynummer sperren lassen musste. Aber vor allem würde er sich um Dreilich kümmern. Kurz bevor er in einen unruhigen, immer wieder unterbrochenen Schlaf fiel, dachte er an Anne. Das musst du klären, wenn alles andere vorbei ist. Wenn es jemals vorbei ist.
    ***
    »Dreilich ist ein Schwein«, sagte Griesbach.
    »Kein größeres als wir«, sagte Margarete.
    »Er hat mich verraten.«
    »Nein, er hat eine Operation des Ministeriums für Staatssicherheit durchgeführt.«
    Griesbach antwortete nicht. Er erinnerte sich, wie er Dreilich im Schöneberger Rathaus aufgesucht hatte, um ihn zu stellen. Also doch, du Drecksack, dachte er. Und dann sagte er sich, dieser Dreilich hat einen Auftrag erledigt, so, wie ich Aufträge erledige. Und doch hat er dich in den Knast gebracht. Er hat dich provoziert, auf den Gedanken gebracht abzuhauen. Gut, gut, daran habe ich vorher auch schon gedacht, aber die Idee blieb doch weit entfernt. Bis dieser Dreilich kam und den todsicheren Tipp hatte. Eiskalt hatte er Griesbach abgefertigt, als der ihn im Rathaus besuchte. Bewundernswert eiskalt.
    »Heinz sagt, dieser Dreilich habe Daten der Flüchtlinge bekommen, damit er die in die Pässe eintragen lassen konnte. Aber dann hat einer in der Gruppe gesagt, Dreilich solle nur noch Blankopapiere liefern, den Rest würden sie selbst erledigen. Dreilich hat sich nur schwach dagegen gewehrt, weil die anderen sonst misstrauisch geworden wären.« Margarete stand hinter ihm in der Küche und streichelte ihm den Kopf. »Deswegen brauchen wir so einen wie dich, dem es gelingen kann, die Fäden in dieser Gruppe in die Hand zu bekommen. Das schaffst du doch? Und den Dreilich wirst du nur selten sehen.«
    »Scheißauftrag«, sagte er.
    »Wichtiger Auftrag«, erwiderte sie.
    »Kann das nicht ein anderer machen?«
    »Heinz sagt, die Genossen hätten eine Art Profil erstellt. Es passt genau auf dich.«
    Griesbach schwieg eine Weile. »Was passiert mit uns, wenn es die DDR nicht mehr gibt?«
    »Du spinnst.« Sie lachte. »Du kommst immer wieder damit an. Dir fehlt der historische Optimismus, Genosse.«
    »Und du bist blauäugig. Die DDR kann nicht überleben ohne Sowjetunion. Aber Honecker geht auf Distanz zu Gorbatschow. Stattdessen lässt er sich immer mehr mit Kohl ein. Machen wir uns nichts vor, am 17. Juni haben die Sowjetpanzer die SED gerettet. Die rollen jetzt nicht mehr.«
    »Wie kann man nur so ein Schwarzmaler sein? Nichts wird passieren. Heute brauchen wir keine Panzer mehr, schon gar keine sowjetischen.«
    »Da haben sich ja die Richtigen gefunden, einer malt schwarz, eine verfällt ihren Illusionen. Wie komme ich an diese Fluchthelfergruppe ran?«
    »Nun reg dich aber nicht gleich wieder auf. Da muss Dreilich helfen. Er wird dich einführen.«
    Er regte sich aber auf, doch dann machte er mit. Er war jung, intelligent, abenteuerlustig und begierig, Margarete von seinen Erfolgen zu erzählen. Es fiel ihm nicht schwer, die Fäden in der Gruppe in die Hand zu nehmen. Fast schien es, als hätten sie auf einen gewartet, der das tat. Er unterrichtete Margarete, welche Aktionen anstanden, Margarete berichtete es Heinz. Es war einfach. Aber eines Tages im Herbst 1989 war es zu Ende.

19
    Ein Scheppern riss ihn aus dem Schlaf. Es war dunkel, von draußen schien Licht ins Zimmer, fahl und schwach. Stachelmann stand auf und trat ans Fenster. Es war nichts zu sehen. Vielleicht hatte eine Katze etwas hinuntergeworfen, den Dekkel eines Eimers oder ein

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