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Mit Blindheit Geschlagen

Mit Blindheit Geschlagen

Titel: Mit Blindheit Geschlagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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Dachblech. Er schaute auf seine Armbanduhr, es war fast vier Uhr am Morgen. Er legte sich wieder hin, konnte aber nicht mehr einschlafen. Die Müdigkeit brannte in seinen Augen. Er schloss sie, die Gedanken fingen an zu kreisen. Er dachte an Dreilich, den er finden musste. Stachelmann konnte ihm nichts beweisen, aber vielleicht sollte er so tun, als wüsste er etwas. Was konnte Dreilich zu tun haben mit dem Mord? Wenn Griesbach genauso wie Dreilich für die Stasi gearbeitet hatte, was für ein Motiv konnte daraus erwachsen? Hatte Griesbach Dreilich erpresst? Das schien eine sinnlose Hypothese zu sein. Wenn Stachelmanns Vermutung stimmte, wusste Dreilich genug über Griesbach, um ihm die Karriere zu vermasseln. Sie hätten sich gegenseitig erpressen und gemeinsam untergehen können. Wusste Ines, was Griesbach getrieben hatte? Wenn ja, war sie darin verwickelt? Er war sich nicht sicher. Wenn er es genau betrachtete, hatte er einen wesentlichen Teil von Griesbachs Biografie aufgedeckt, aber vielleicht hatte die Stasi-Verbindung nichts zu tun mit dem Mord. Gab es da noch etwas anderes?
    Da fiel ihm wieder Wilhelm von Ockham ein. Die Stasi-Biografie gibt genug Mordmotive her, du brauchst keine anderen Erklärungen. Beiß dich darin fest, du hast ohnehin keine Zeit mehr, Eingebungen zu folgen. Du musst die Sache jetzt abschließen. Entweder du erwischst den Mörder, oder die Polizei erwischt dich. Und was macht der Eindringling? Hatte Stachelmann ihn abgeschüttelt, oder folgte der ihm, um zu beobachten, was er tat? Rückenschmerzen zwangen ihn aus dem Bett. Er renkte sein Kreuz in allen Richtungen, es half nicht viel. Dann setzte er sich auf die Bettkante, stützte die Ellbogen auf die Knie und legte den Kopf in die Hände. Er versuchte sich zu konzentrieren. Wie sollte er Dreilich stellen?
    Draußen klapperte es. Er stand auf, öffnete das Fenster und schaute hinaus. Ein Garagentor stand offen, Autoscheinwerfer beleuchteten den Hof. Dann wurde ein Diesel gestartet. Im Licht sah Stachelmann Regentropfen, wie aufgeschnürt an Bindfäden. Der Wagen rollte aus der Garage, dann stieg ein Mann aus und schloss das Tor. Das Auto entfernte sich. Kalte Luft drang ein ins Zimmer. Er legte sich aufs Bett und zog die Decke bis ans Kinn. Sobald er die Augen schloss, begannen die Gedanken zu kreisen. Dreilich, Griesbach, Ines, Anne. Zakowski, hatte er wirklich nichts zu tun mit der Sache? Wenn es doch Rache war für eine gescheiterte Flucht? Wenn der Rächer den Falschen getroffen hatte? Vielleicht hatte der Rächer vor einem ähnlichen Rätsel gestanden wie Stachelmann?
    Wieder fuhr ein Wagen über den Hof. Stachelmann stand auf und schaute aus dem Fenster. Er hatte Angst vor der Polizei wie vor dem Eindringling. Aber es war nur ein anderer Garagenbesitzer, der wohl zur Arbeit fuhr. Der Regen wurde stärker, die Tropfen schwerer. Der Wipfel einer Buche, die auf dem Hof wuchs, bewegte sich, es kam Wind auf. Seit vier Wochen hatte Stachelmann kaum die Sonne gesehen. Auch an diesem Morgen verbarg sie sich hinter mächtigen grauen Wolken, aus denen es immer stärker regnete.
    Stachelmann schaltete das Radio auf dem Nachttisch ein. Der Moderator eines Privatsenders gab sich fröhlich, es nervte. Er drehte am Frequenzwähler und fand einen Sender, der klassische Musik spielte. Eine Klaviersonate, er kannte sie nicht. Das Stück war ein wenig monoton, aber es beruhigte. Stachelmann konzentrierte sich auf Dreilich. Er versuchte sich vorzustellen, wie der war. Dann schalt er sich einen Idioten. Kehr den Historiker heraus, du kämest von der Birthler-Behörde und seiest befasst mit Stasi-Akten. In einigen Akten sind auch Sie erwähnt, nicht zu selten. Sie waren keine kleine Nummer, auchnicht die größte. Aber es reicht, um Ihnen eine Menge Ärger zu machen. Was ich von Ihnen will? Sagen wir mal, Ihnen diesen Ärger ersparen. Wie? Ganz einfach, Sie sagen mir, wer Griesbach ermordet hat. Stachelmann unterbrach den Monolog. Und wenn Dreilich der Mörder war? Dann klappte die Erpressung nicht. Oder wenn er bei der Behörde anrief und fragte, ob es mich gab. Ich werde mir eine Legende zulegen, dachte Stachelmann. Agent in eigener Sache. Er grinste über das Pathos.
    Er wälzte sich im Bett, döste etwas, dann kreisten wieder die Gedanken. Draußen kläffte ein Hund, ein anderer fiel ein. Das Rauschen des Verkehrs hob an, die Stadt erwachte. Es war immer noch dunkel, und der Regen ließ nicht nach. Als es fast sieben Uhr war, stellte sich

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