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Mit Blindheit Geschlagen

Mit Blindheit Geschlagen

Titel: Mit Blindheit Geschlagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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legen.«
    »Du magst die nicht?«
    »Zu meinem Freundeskreis zählten sie nicht. Die haben sich aufgeplustert, aber ich gebe zu, es waren mutige Leute. Und ein paar haben sie ja rausgeholt. Wolf hat damals mehr Zeit mit denen verbracht als mit mir. Ich war ein bisschen eifersüchtig, nimm mich also nicht zu ernst. Wann kommst du?«
    Stachelmann verwirrte die Frage. Sollte er zu ihr kommen, während sie ihren Mann vermisste?
    »Erst muss ich mit diesem Henry Wittstock sprechen. Dann hat dieser Trip vielleicht doch einen Sinn.« Er schaute auf die Uhr. »Kann sein, dass ich es heute nicht mehr schaffe.«
    »Du Armer.« Er hörte ihre Sorge.
    »Ist nicht schlimm.«
    »Ich bezahle das.«
    »Später.«
    Als sie aufgelegt hatte, rief er bei Wittstock an, wieder der Anrufbeantworter. Er bezahlte und fragte die alte Frau nach einem Hotel in der Nähe. Sie erklärte ihm den Weg zu einer Pension »Zur Post« wenige Straßen weiter. Er fand sie gleich. In dem schäbigen Hotelflur wartete hinter einem Tresen ein junger Mann auf Gäste. Er war freundlich und flink. Als Stachelmann in seinem Zimmer saß im zweiten Stock, hörte er den Lärm der Straße. Er schalt sich, er hätte besser zuerst in den Stadtplan geschaut, dann wäre ihm das nicht passiert. Aber er hatte keine Kraft mehr, ein neues Hotel zu suchen. Die Knie schmerzten, der Rücken sowieso. Er streckte sich auf dem Bett aus, es quietschte. So, wie er da lag, erinnerte es ihn an seine Nacht in einer Absteige irgendwo in Berlin-Mitte vor zwei Jahren, als er auf der Flucht war. Das nächste Mal im Adlon, murmelte er vor sich hin. Von draußen drang das Dröhnen eines schweren Lastwagens ins Zimmer. Wahrscheinlich lag in der Nähe eine Ampelkreuzung. Das Bett war eine Qual, er spürte es schon, die Luft war stickig und der Lärm höllisch, in dieser Nacht würde er kaum ein paar Minuten schlafen. Draußen flackerte das Licht einer kaputten Neonlaterne. Er erschrak, als das Handy klingelte. »Wittstock.«
    Stachelmann redete nicht lange drum herum.
    »Nein, ich weiß nicht, wo Wolle ist. Ich habe ihn seit Jahren nicht mehr gesehen.«
    »Ich würde trotzdem gerne mit Ihnen reden. Passt es vielleicht heute Abend noch?«
    »Unmöglich, tut mir Leid. Vielleicht morgen Vormittag, so gegen zehn?«
    Stachelmann ließ sich die Adresse geben und verabschiedete sich. Dann zog er sich aus, nahm seine Tabletten und legte sich ins Bett. Er starrte an die Decke, das Licht der Laterne flackerte durch den geschlossenen Vorhang. Der Verkehrslärm ließ nach, irgendwann schlief Stachelmann ein. Er träumte von Lastwagen, die auf ihn zurasten, und einem Mann in einem Haus voller Gerümpel, der so langsam redete, dass es einen wahnsinnig machte. Er wachte auf vom Rückenschmerz und drehte sich um. Es half nicht lang. Bevor die Sonne aufging, gab er auf und ging unter die Dusche. Das Wasser tröpfelte mal kalt, mal warm.
    Er schaute auf die Uhr, es war bald sechs. Stachelmann zog sich an und stieg die Treppe hinunter. Am Empfang war niemand, durch eine halb geöffnete Tür sah er den jungen Mann auf einem Sofa liegen, den Mund weit geöffnet. Stachelmann ging hinaus und lief die Straße entlang. Es war ruhig. Der kalte Wind vertrieb die Müdigkeit, die Gelenke waren noch steif, die Augen brannten. Er beugte die Knie ein paarmal, es wurde besser. Er kehrte zurück zur Pension, der Mann schlief immer noch. Stachelmann überlegte, ob er die Glocke benutzen sollte, die auf dem Tresen stand, aber dann überlegte er es sich anders. Vor der Haustür hatte er einen kleinen Stapel Zeitungen gesehen, er zog die Welt am Sonntag heraus und ging auf sein Zimmer. Er blätterte in der Zeitung und döste, bis es sieben Uhr war. Dann wählte er die Nummer der Rezeption. Es dauerte eine Weile, bis der junge Mann abhob. Ja, der Herr Dr. Stachelmann könne schon Frühstück haben.
    Beim Frühstück suchte Stachelmann auf der Karte die Strekke zu Wittstock. Der wohnte in der Rüdigerstraße 15 in Lichtenberg. Stachelmann musste also durch die Innenstadt fahren. Er bezahlte und verließ das Hotel. Er legte seine Reisetasche in den Kofferraum. Erstaunlich, so müde war er gar nicht.
    Berlin ist leer an einem Sonntagmorgen, er fand den Plattenbau schnell, in dem Wittstock wohnte. Stachelmann wartete im Auto, bis es zehn Uhr war. Pawelczyk hatte ihn umsonst nach Berlin fahren lassen, auch Wittstock redete nicht gern am Telefon. Warum sagten sie nicht einfach, wir wissen nichts oder wir wissen das und das, und dann

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