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Mit Blindheit Geschlagen

Mit Blindheit Geschlagen

Titel: Mit Blindheit Geschlagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christian Ditfurth
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wiederholte die Frage.
    »Haste Alzheimer?«, fragte Hertha gelassen. »Det weeß doch jeda.« Sie ging.
    »Mensch, wie heißt das noch mal? Haben Sie einen Stadtplan?«
    Stachelmann nickte und wusste, was geschehen würde.
    »Holen Sie den mal«, sagte Wittstock. »Dann fällt es mir wieder ein.«
    »Sie haben nicht zufällig …«
    »Ick wohn in Berlin, da brauch ich keinen Plan«, sagte Wittstock ungeduldig.
    Während er die Treppe hinunterging, überlegte Stachelmann, ob es sich lohnte, sie wieder hochzusteigen. Wahrscheinlich war Wittstock genauso ein Schwätzer wie Pawelczyk. Aber nun war Stachelmann hier, und vielleicht wusste Wittstock doch etwas, das dieser idiotischen Reise den Anschein eines Sinns geben könnte.
    Er keuchte, als er mit dem Stadtplan zurückkehrte. In den Knien wechselten sich Schmerz und Taubheit ab. Mit dem Taschentuch wischte er sich den Schweiß von der Stirn, nachdem er sich an den Küchentisch gesetzt hatte. Wittstock blätterte im Stadtplan. Dann schlug er sich mit der Hand an den Kopf. »Sonntagsfrieden, die Laubenpieperkolonie! Da hatte er ein Häuschen. Ist in Charlottenburg, Spandauer Damm. Lassen Sie mich nachdenken. Wenn Sie durch den Haupteingang der Kolonie, also zum Spandauer Damm hin, hineingehen, ist es das dritte, nein, das vierte Haus auf der rechten Seite. Sie erkennen es an einem Gartenzwerg, der eine Knarre auf der Schulter trägt.«
    »Ein bewaffneter Gartenzwerg?«
    »So hat Wolle die DDR-Grenzer gesehen, Spießer mit Kalaschnikow. Wüsste gern, wo er das Ding herhatte.«
    Stachelmann versuchte sich Griesbach als Kleingartenpächter vorzustellen. »Sie sind sicher?«
    »Na klar. Das gehörte nicht ihm, sondern irgendeiner Tante.
    Wir haben da oft gesessen und unsere Aktionen geplant.«
    »Fluchthelferaktionen?«
    »Genau. Das war weit ab vom Schuss und eine gute Tarnung. Die Spitzel gab’s ja auch im Westen. Hätte ich geahnt, wie viele für diese Firma arbeiteten, ich hätte mich nicht getraut, mich mit den Mielkes anzulegen.«
    »Und Sie meinen, ich könne Wolf dort finden?«
    »Na klar. Wenn er untertaucht, dann dort. Wolle ist nicht der Typ für den Süden.«
    Warum fragte der Mann nicht, welchen Grund es für Griesbach geben könne zu verschwinden?
    »Herr Pawelczyk glaubt, Griesbach sei tot.«
    »Das ist ein Spinner. Wenn einer unsterblich ist, dann Wolle.
    Das ist so einer, dem nie was Schlimmes passiert. Kennen Sie so Typen?«
    »Nein.«
    »Ich kenne auch nur einen, das ist Wolle. Ich hab auf den Tag gewartet, an dem Wolle so einen Abhauer an die Hand nimmt, zum Bahnhof Friedrichstraße läuft, den Grenzern auf die Schulter klopft und einfach durchmarschiert unter Gesang des gesamten Personals. Leider ist die DDR zu früh zusammengekracht, sonst hätten wir das erlebt. So einer ist Wolle, verstehen Sie? So einer verreckt nicht. Der hat bestimmt was vor. Oder ’ne neue Freundin. Seine Alte ist ja etwas zickig. War sie jedenfalls damals.« Er tätschelte seinen Bauch, der über der Hose hing. »Also, wenn ich Sie wär, ich würde nach Charlottenburg fahren und mal in das Gartenhäuschen hineinschauen. Seit wann, sagten Sie, ist er weg?«
    »Seit Dienstagabend.«
    »Die paar Tage«, sagte Wittstock. »Und da macht Ines so einen Aufstand?«
    »Sie waren Fluchthelfer, wie Pawelczyk und Griesbach?«
    »Genau. Davon hab ich aber nichts mehr. Bin arbeitslos, wohne bei meiner Bekannten. Bin aus dem Westen hergezogen, ist billiger hier, wenn man noch einen alten Mietvertrag hat. Aber die KWV lässt einen dafür hängen, inzwischen heißt die zwar anders, WOGELI, Wohnungsgesellschaft Lichtenberg, klingt netter als KWV, aber das ändert auch nix. Klingeln gehen nicht, Aufzug im Eimer. Ich weiß gar nicht, wie das der Opa von gegenüber macht.«
    »Pawelczyk sagte, Sie seien befreundet gewesen mit Griesbach.«
    »Ach, der Pawelczyk. Wolle und ich haben gut zusammengearbeitet. Ich war der Mann für die praktischen Dinge, Technik und so, Wolle hatte die Schliche drauf. Also saßen wir oft zusammen und haben was ausbaldowert. Aber Freunde, das eher nicht. Ich habe mich auf ihn verlassen können und er sich auf mich. Bei Pawelczyk war ich mir da nicht so sicher.«
    »Das verstehe ich nicht.«
    »Dem hätte leichter was rausrutschen können. Erzählt ganz gerne was, um den Macker zu spielen.«
    »Und wenn ich Griesbach nicht finde im Gartenhaus, wen kann ich da noch fragen?«
    »Weiß ich nicht. Zu unserer Gruppe gehörten noch Horst und Zacki, Werner Zakowski. Ach ja, der

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