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Mit Blut signiert - Ein Caravaggio-Roman

Mit Blut signiert - Ein Caravaggio-Roman

Titel: Mit Blut signiert - Ein Caravaggio-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Beynon Rees
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kannst, dass du noch deine Nase im Gesicht hast.»
    «Da sie mir niemand abgeschnitten hat, kann ich sie jetzt ja langsam an die Syphilis verlieren.»
    Sie küsste ihn auf den Kopf. «Mach dir keine Sorgen, dass du dir von mir die Franzosenkrankheit holst. Du wirst nicht lange genug leben, um derart langsam zu sterben,
O’ntufato

    ∗
    Nachdem er die Taverne verlassen hatte, ging Caravaggio über den breiten Boulevard, den ein Vizekönig aus Toledo angelegt hatte. Als er ihn kommen sah, verstummte ein Trupp spanischer Musketiere. Der Größte von ihnen leckte sich die Lippen und schlug sich die Handschuhe in die Hand. Caravaggio rechnete damit, dass sie über ihn herfallen würden, ohne ihm Zeit zu lassen, darüber nachzudenken, warum sie ihn überhaupt angriffen. Sie grinsten in Vorfreude und brannten auf eine Prügelei. Doch dann flackerten ihre Blicke zwischen ihm und etwas hinter seiner Schulter hin und her. Sogleich begriff er, dass sie sich nicht mit ihm schlagen wollten. Vielmehr erwarteten sie das Spektakel eines anderen Zweikampfs.
    Er sprang zur Seite. Hinter ihm flatterte sein Umhang. Der Degen seines Angreifers verfing sich in den Falten. Er löste den Halsverschluss des Umhangs und zog seinen Degen.
    Giovan Francesco Tomassoni befreite sein Rapier aus dem Umhangstoff. «Dein Glück, du Hurensohn, dass du immer Schwarz trägst. Man muss dir nicht einmal neue Kleidung kaufen, wenn man dich für deine Beerdigung herausputzt.» Er hob die Degenspitze und stieß vor.
    Caravaggio parierte mit seinem Degen und schnappte angesichts der langen Klinge, die an seiner Schulter vorbeizischte, nach Luft. Ein schneller Ausfallschritt, und schon war er auf kurzer Distanz. Er traf Tomassoni unterhalb des Brustkorbs.
    Das Degenheft krachte gegen seinen Kopf und hätte ihm den Schädel zerschmettert, wäre er nicht ausgewichen. Er spürte, dass sein Ohr brannte und taub wurde, und wusste, dass die Klinge ihn dort getroffen hatte. Caravaggio torkelte davon.
    In seinem Eifer, noch einmal zuzuschlagen, rutschte Tomassoni auf dem Unrat auf der Straße aus und fiel auf den Rücken. Die Spanier lachten und machten sich über ihn lustig. Einer von ihnen warf mit einem halb gegessenen Rumkuchen nach ihm und traf Tomassonis Mund. Wutentbrannt sprang er auf,spuckte Kuchen und wischte sich Krümel aus dem Schnurrbart.
    Caravaggio drängte sich an den Spaniern vorbei und rannte in eine Seitengasse. Er duckte sich hinter die Kinder, die nackt im Dreck spielten, und die Warensäcke vor den Läden. Er bog nach links in die Sicherheit des Palazzo Stigliano ab. Hinter sich hörte er das Gebrüll Tomassonis, der sich einen Weg bahnte, und die Stimmen der Kinder und Frauen, die den Mann ihrerseits beschimpften.
    Er taumelte durch eine dunkle Gewölbegasse, stieß gegen Gegenstände, die er nicht erkennen konnte, streunende Katzen und Ratten. In den wohlhabenden Stadtvierteln Neapels und unten am Hafen würde die Sonne hell scheinen, die Bucht mit schimmerndem Opal erfüllen und die Sandsteinvillen erstrahlen lassen wie die Haut eines jungen Mädchens. Aber hier im Spanischen Viertel waren die Gassen so dunkel wie eine Spielhölle. Vom Licht verschmäht, eilte Caravaggio schneller durch die Gassen. Am Ende der Straße torkelte er in einen Hof. Unter einem gedrungenen Glockenturm führten drei hohe Gewölbe in eine Kirche. Er hastete in die Dunkelheit und versteckte sich in einer Seitenkapelle hinter dem Altar.
    Als er Schritte am Eingang hörte, atmete er langsamer, um sich zu beruhigen, und umklammerte das Heft seines Degens.
    «Denkst du, ich will dich umbringen, Maler?» Es war, als spräche Ranuccios Geist in der Kirche. Der gleiche Dialekt und der unter Brüdern übliche gleiche Tonfall. «Wenn ich dir das Leben nehmen wollte, wärst du heute schon ein Dutzend Mal tot gewesen.»
    Tomassoni ging durch das Kirchenschiff. «In der nächsten Woche hält man die Prozession zur Kathedrale ab. Die Sünder werden auf den Knien hinter dem Blut des heiligen Gennaro herrutschen und dafür beten, dass es sich wieder verflüssigt. Ah, aber das ist nicht die Vergebung, die du ersehnst, du gottloserHurensohn. Tja, mach dir keine Sorgen, für meine Teilnahme an dem Duell bin ich eben erst vom Heiligen Vater begnadigt worden. Auch dein
Cumpá
Onorio ist von seiner Schuld freigesprochen. Du bist der Einzige, der noch auf der Flucht ist.»
    Caravaggio hörte, wie schwerer Stoff plötzlich mit einem dumpfen Laut umgeschlagen wurde.
Er sucht mich hinter

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