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Mit Blut signiert - Ein Caravaggio-Roman

Mit Blut signiert - Ein Caravaggio-Roman

Titel: Mit Blut signiert - Ein Caravaggio-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Beynon Rees
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sein. Flanierende Kavaliere schienen sich über ihn lustig zu machen, und die Kutschen schwenkten in Richtung Straßenrand, um ihn zu überfahren.
Ich mach es wieder gut, Amore.
    Als er die Ecke zu Lenas Straße erreichte, nahm der Verkehr ab. Er bemerkte, dass sich hinter einer Gruppe spanischer Seeleute ein extravaganter Hut auf ihn zubewegte. Der Mann mit dem Hut blieb neben einer Laterne stehen. Es war Baglione, und er erblickte Caravaggio erst jetzt. Die Pfauenfedern an seinem Hutband flatterten, als er sich hektisch nach einem Fluchtweg umschaute.
    Caravaggio ging weiter und hob mit beiden Händen orangengroße Steine auf. Plötzlich überkam ihn in Kopf und Hals ein Druck, als wäre er ein Soldat, den die Trommel zur Schlacht ruft. Sein erster Wurf traf Bagliones Hutkrempe, und der Stein polterte über die Stufen der Chiesa Greco. Baglione verdrückte sich in die Via dei Greci. Der Steinwurf hatte etwas von der Spannung gelöst, und Caravaggio hastete mit einem befreiten, hasserfüllten Lächeln zur Straßenecke. «Komm zurück, Baglione, du Scheißkerl!»
    Der nächste Stein knallte Baglione nur noch vor die Füße. Er ist schnell, dachte Caravaggio, oder ich bin wegen des Weins langsamer geworden. Er hob noch einen Stein auf und jonglierte damit.
    Lena sah ihn kommen. Sie stand mit einem Eimer Spülwasser in der Hand blass und verdrießlich im Eingang. Kopfschüttelnd goss sie das Wasser in den Rinnstein.
    Am Ende der Gasse fiel Fackelschein auf den lächerlichen Hut. Baglione gestikulierte wütend in Caravaggios Richtung und entfernte sich immer weiter von ihm, während er auf die Streife einredete, seinen Rivalen zu verhaften. Caravaggio ließ den Stein fallen und stieß ihn mit dem Fuß weg.
    «Lena, ich möchte alles wiedergutmachen», lallte er.
    Die Frau legte sich die Hand an die Stirn. Aus dem Zimmer hinter ihr rief Domenico ihren Namen. «Geh schlafen, Kleiner», sagte sie. «Es ist spät.»
    «Ist das Michele da draußen auf der Straße?», sagte der Junge.
    «Ich hab doch gesagt, dass du schlafen sollst.»
    «Ich habe ihn reden gehört.»
    «Nein, er ist es nicht. Es ist jemand anderes.» Caravaggio flüsterte sie zu: «Was fällt dir ein?»
    «Ich bin gekommen, um dir zu sagen, dass ich etwas falsch gemacht habe.»
    Sie ließ den Kopf auf die Schulter sinken. Die Straße war dunkel. Er konnte ihr Gesicht nicht erkennen, aber in ihrer Stimme hörte er Kränkung und Abwehr. «Und dann wirfst du mit Steinen nach einem Mann? Um mir zu zeigen, was du falsch gemacht hast?»
    «Nicht nach irgendeinem Mann. Das ist Baglione. Er –»
    «Als ich krank war, hast du dich nicht um mich gekümmert, und jetzt machst du es genauso.»
    «So ist es gar nicht.»
    Ihre Stimme wurde weicher. «Ich bin noch nicht so weit, Michele, bin einfach noch nicht so weit.»
    Er blickte zur Streife. Die Ordnungshüter umringten ihn. «Geh ins Haus, Lena.»
    «Michele –»
    «Tut mir leid. Misch dich hier nicht ein.»
    «Kann ich mal die Genehmigung sehen, dass Ihr einen Degen tragen dürft, Signore?» Der Korporal, der die Streife anführte, warf seinen langen schwarzen Umhang zurück und stemmte die Hände in die Hüften.
    Lena schloss leise die Tür.
    Caravaggio erkannte den Korporal. Er hatte ihn schon oft festgenommen. «Ach, Ihr seid das, Malanno.»
    «Signore Merisi, Guten Abend. Keine große Überraschung, in Euer charmantes Gesicht zu schauen.»
    Unverschämtes Arschloch
. Caravaggio griff in sein Wams und reichte dem Mann ein zusammengefaltetes Papier. «Ihr werdet sehen, dass ich als Mitglied des Haushalts Kardinal del Montes berechtigt bin, eine Waffe zu tragen.»
    Um Licht zum Lesen zu haben, ließ Malanno einen Wächter mit einer Fackel vortreten. Er sog enttäuscht an seinen Zähnen. «Das ist in Ordnung.» Als er das Papier wieder zusammenfaltete, schaute er zu Lenas Tür. «Dürfen wir Euch auf Eurem Weg begleiten, Signor Merisi?»
    «Ich gehe nirgendwohin.»
    «Irgendwohin müsst Ihr doch gehen.»
    «Na schön, ich gehe zum Palazzo Colonna.»
    Er sah den Korporal an. Die Fackel über Malannos Schulter warf Schatten über sein Gesicht. Er hielt ihm den Waffenschein hin. «Hier, bitte.»
    Caravaggio griff nach dem Papier. Malanno zog neckisch die Hand zurück, sodass Caravaggio erst ins Leere griff. Dann schnappte er sich das Papier und roch im Atem des Korporals dessen Abendessen. Malanno grinste seinen Streifengängern zu. Bevor er den Schein in sein Wams schob, hielt Caravaggio ihn sich vor die Lippen und

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