Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mit Blut signiert - Ein Caravaggio-Roman

Mit Blut signiert - Ein Caravaggio-Roman

Titel: Mit Blut signiert - Ein Caravaggio-Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Matt Beynon Rees
Vom Netzwerk:
murmelte: «Schieb ihn dir in den Arsch.»
    «Was war das?»
    Caravaggio schnalzte mit der Zunge.
Nichts
.
    Der Korporal tippte an seine Hutkrempe. «Einen guten Abend also, Signore.»
    Er sah zu, wie sie abzogen. Hinter den Fensterläden von Lenas Haus brannte kein Licht mehr. Sie wollte nichts von ihm wissen. Er hatte die Chance verpasst, die Sache mit ihr ins Lot zu bringen. Sein Kiefer zitterte vor Anspannung. Wieder murmelte er: «Du und alle mit dir, ihr könnt euch das in den Arsch schieben.»
    Diesmal verstanden ihn die Ordnungshüter genau. Die Streife blieb stehen. Malanno grinste im Fackelschein.
    ∗
    Scipione Borghese kritzelte eine Notiz ans Ende eines Briefs und schob ihn beiseite. Sein Sekretär streute aus einer silbernen Dose Sand darüber, um die Tinte zu trocknen. Der Kardinal spürte ein paar Körner auf seinen Fingern, schnippte sie indigniert weg und stieß dabei gegen den Brief, sodass er zu Boden flatterte. Der Sekretär kniete nieder, um ihn aufzufangen.
    Sein Kammerdiener legte dem Kardinalnepoten einen Pelz über die Schultern. Scipione griff zu einem anderen Papier auf seinem Schreibtisch und las darin, während er zum Kaminfeuer ging. Er setzte sich auf einen verschnörkelten Holzstuhl. Ohne aufzublicken deutete er aufs Feuer. Der Kammerdiener pumpte mit einem eisernen Blasebalg Luft, um die Flammen zu schüren.
    «Führ ihn herein», sagte Scipione.
    Am Ende des Raums wurde die Tür geöffnet. Er blickte ins Feuer und lauschte den näher kommenden Schritten in seinem Arbeitszimmer. Er streckte die Hand aus. Caravaggio kniete nieder, um sie zu küssen.
    Scipione erhob sich und legte das Papier auf dem Stuhl ab. Er betrachtete Caravaggio, als sei er ein antikes Fundstück, das man auf dem Forum aus der Erde gegraben hatte. Der Künstler sah abgerissen aus. Seine Kleidung war schmutzig und musste geflickt werden.
Nein
, dachte Scipione,
sie müsste vollständig ausgewechselt werden. Er sieht niedergeschlagen und hungrig aus. Ist das etwa Stroh, das aus seinem Haarschopf ragt? Ich bezweifele, dass ich ihn meiner Sammlung einverleiben würde, wenn er eine Antiquität wäre.
Er wärmte seinen Rücken am Feuer.
    «Ich weiß es zu schätzen, dass Ihr zumindest bei dieser Gelegenheitkeinen Streit mit der Familie Tomassoni gesucht habt», sagte Scipione. «Ich erteile Euch die Erlebnis, wann immer Ihr wollt, gegenüber der Nachtwache rüde Bemerkungen zu machen.»
    Caravaggio zögerte und verneigte sich dann. «Meinen untertänigsten Dank, Eure Durchlauchtigste Hoheit.»
    Scipione rührte sich nicht. In der Stimme des Malers schwang etwas durchaus nicht Untertäniges mit. Sie klang eher grollend, wenn nicht gar überheblich. Er strich sich über den Bart und atmete das von seinen Fingern aufsteigende Jasminöl ein. «Man sagt mir, Ihr seid ein Mörder. Oder wenn Ihr noch keiner seid, werdet Ihr bald einer werden. Man sagt auch, dass Ihr Knaben fickt.» Er zog die Mundwinkel nach unten und hob das Kinn, als wollte er andeuten, dass er Mord mit Sodomie gleichsetzte. «Man sagt mir, dass sich der Beweis in Eurer Kunst findet.»
    «Auf allen Gemälden wimmelt es von Tod und nackten Knaben», sagte Caravaggio. «Das hat nur so lange niemand bemerkt, bis
ich
tote Männer und nackte Jünglinge gemalt habe.»
    «Anscheinend hegt nicht jedermann den Wunsch, sich das ansehen zu müssen.»
    «Ich male den
Tod Mariens
noch einmal, wenn Eure Durchlaucht es wünschen.»
    «Ich wünsche es nicht.»
    «Die Unbeschuhten Pater –»
    «Sollen so geschmacklos wie unbeschuht bleiben.» Scipione neigte den Kopf zu dem Papier auf dem Stuhl. «Im Gegensatz zu ihnen bin ich ein Mann mit Urteilsvermögen.»
    Caravaggio griff nach dem Papier und las. Er fiel vor Scipione auf die Knie und küsste ihm die Hand, diesmal nachdrücklich.
    Der Kardinal zupfte Caravaggio das Stroh aus den Haaren und rieb es zwischen seinen Fingern. «Wie Ihr seht, würde die Bruderschaft der heiligen Anna der
Palafrenieri
, der Reitknechte, gern ein Gemälde von Euch erwerben.»
    «Für ihre Kirche in der Nähe des Vatikans?»
    Scipione liebte es zu schockieren.
Wenn mir meine Stellung es doch nur öfter erlauben würde, diese Macht der Überraschung zu nutzen
, dachte er.
Für angenehme Überraschungen.
Er schürzte die Lippen, sodass sein Schnurrbart zuckte. «Für die Basilika des Heiligen Vaters persönlich.»
    «Für den Petersdom?»
    Scipione sah, dass Caravaggios Augen vor Ehrgeiz und Jubel strahlten. Für einen Auftrag war der Petersdom

Weitere Kostenlose Bücher