Mit Chic Charme und Chanel
mal ihren Strumpfansatz bedeckte, und sie schien unter der transparenten Schluppenbluse keine Thermounterwäsche zu tragen. Es sah sogar ganz danach aus, als trüge sie überhaupt nichts drunter. O mein Gott.
»Jetzt ist es drei Minuten nach neun. Sie sind spät dran.«
Durfte eine persönliche Assistentin mir das Gefühl geben, ein ungezogenes Schulmädchen zu sein?
»Angela Clark ist endlich da«, schnurrte Cici, als wir durch Marys große Glastüren schritten.
»Kann ich was für Sie tun, Chefin?«
»Noch einen Kaffee, und möchten Sie auch etwas?« Mary trug ihre Standarduniform aus Röhrenjeans und Kaschmirpullover zu ihrem stahlgrauen Bob, aber heute war irgendetwas anders an ihr. Tatsächlich – sie lächelte. Wenn das kein guter Einstieg war.
»Ich hätte gern einen Kaffee.« Ich versuchte es mit einem kleinen Lächeln in Richtung Assistentin, die ein wenig schnaubte und dann davonstolzierte.
»Wie geht es Ihnen, Mary?«
»Gut, und Ihnen?« Sie lehnte sich über ihren Schreibtisch und wartete die Antwort gar nicht ab. »Ich habe eine Überraschung für Sie. Sie werden mich dafür lieben.«
»Klingt gut.« Ich begann mich auszuwickeln. Handschuhe, Schal, Mantel. »Ich liebe Überraschungen.«
»Nun, wie Sie wissen, lieben wir hier alle Ihren Blog.« Mary stützte ihr Kinn auf ihre Fingerpyramide und lächelte mich an. Dank Jennys Freundin Erin, die über erstaunlich gute Beziehungen verfügt, und der totalen Ermangelung von Schamgefühl meinerseits, mein Privatleben im Internet auszubreiten, schreibe ich seit meiner Ankunft in New York ein Online-Tagebuch für TheLook.com . Und um meinen journalistischen Ehrgeiz zu befriedigen, bekomme ich, wenn Not am Mann ist, von meiner Redakteurin gelegentlich auch ein
Buch oder eine CD für eine Besprechung in die Hand gedrückt. Aber das für mich Aufregendste an der ganzen Sache war meine Kolumne in der englischen Ausgabe, sehr zum Missfallen meiner Mutter. Es gefiel ihr nämlich gar nicht, dass Susan vom Postladen schon vor ihr darüber informiert war, was ich gerade machte.
»Wir haben ein neues Projekt für Sie. Was halten Sie davon, sich einem anderen Aufgabengebiet zuzuwenden?«
»Einem anderen Aufgabengebiet?« Ich unterbrach mein Entkleidungsritual. Das hörte sich ziemlich nach Rauswurf an. »Ein Aufgabengebiet außerhalb von The Look ?«
»Nein, nicht doch«, Mary nickte ihren Dank, als Cici mit ihrem Kaffee kam. Ich blickte hoffnungsvoll auf. Kein Kaffee für Angela. Ich war definitiv gefeuert.
»Das ist er, Angela, das wird Ihr großer Durchbruch. Uns wurde ein Interview angeboten, und wir möchten, dass Sie das machen.«
»Ich habe bisher noch niemanden interviewt«, sagte ich langsam, weil ich nichts verderben wollte.
»Sicher haben Sie das, Sie interviewen doch ständig Leute.«
Die Tatsache, dass Mary mir nicht in die Augen schauen konnte, bewies mir, dass sie selbst nicht daran glaubte. Was wurde da gespielt?
»Ich habe die Viertplatzierten im achten Zyklus von America’s Next Top Model befragt und zusammen mit den Olsen-Zwillingen in der Toilettenschlange gestanden. Das sind keine Interviews, Mary«, entgegnete ich. »Haben Sie nicht jede Menge Autoren, die sich auf Interviews spezialisiert haben?«
»Haben wir«, sagte Mary, blickte auf und fixierte mich, »aber das hier gehört Ihnen. Wollen Sie mir etwa sagen, Sie möchten es nicht machen?«
Wunderbarerweise tauchte vor mir eine Tasse dampfender Kaffee auf, aber Cici hatte bereits auf dem Absatz kehrtgemacht, ehe ich mich bedanken konnte. Kleine Fortschritte, sagte ich mir.
Ich holte tief Luft. Natürlich wollte ich ein Interview machen. Wie schwer konnte es schon sein, jemandem ein paar Fragen zu stellen? »Natürlich möchte ich es machen. Ich finde es großartig. Ich werde großartig sein. Ich werde es schaffen. Ich werde es versuchen.«
»Versuchen reicht hier nicht, Angela.« Mary schob ihre randlose Brille auf den Nasensattel. »Hier geht’s um was Großes. Eine Woche in L.A. mit James Jacobs.«
»James Jacobs? Der Schauspieler?«, fragte ich und trank das heiße Gebräu in kleinen Schlucken. »Ich?«
»Ja, Sie.« Mary lehnte sich ein wenig in ihren Sessel zurück, »und ja, es ist der Schauspieler. Der absolut angesagte englische Schauspieler.«
»Sie möchten, dass ich ihn für die Website interviewe?«
»Nicht ganz«, erwiderte sie, »es ist für die Zeitschrift.«
»Sie möchten, dass ich James Jacobs für die Zeitschrift interviewe?« Mir kam der Gedanke,
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