Mit Chic Charme und Chanel
dass ich womöglich heute Morgen in der Dusche ausgerutscht bin und mir den Kopf angeschlagen habe. Das würde erklären, warum Mary mir vorschlug, diesen absolut angesagten englischen Schauspieler zu interviewen.
»Das ist richtig«, fuhr sie fort. »Sie fahren nach L.A., sind sich sympathisch, weil Sie beide Engländer sind, unterhalten sich, ich weiß auch nicht, über Tee und Teegebäck, und Sie landen einen Inside-Knüller. Er hat sich noch nicht oft in der Presse geäußert, aber offenbar will er das unbedingt tun. Möchte seinen weiblichen Fans offenbar näherkommen und sein ›wahres Ich‹ präsentieren oder sonst irgendwelchen Mist.«
»Nach allem, was ich gehört habe, ist er vielen weiblichen Fans bereits sehr nah gekommen.« Ich zog meinen letzten Pullover aus, und plötzlich wurde mir vor Aufregung ganz heiß. »Ist er nicht ziemlich hemmungslos?«
»Wenn Sie damit meinen, dass ›er mit mehreren Hollywoodsternchen liiert war‹, dann ja.« Mary sprach das Zitat in Gänsefüßchen. Sie tippte in Lichtgeschwindigkeit etwas in ihren Mac und drehte dann den Monitor so, dass ich etwas sehen konnte. »Aber genau das wollen wir hinter uns lassen. Sein Team sorgt sich, dass diese Art von ›Aufmerksamkeit‹ bei seinem weiblichen Publikum schlechte Stimmung machen könnte.«
Auf dem Bild war eine Google-Bildersuche zu sehen. James Jacobs war groß, breit und athletisch gebaut, und man konnte nicht leugnen, dass er in einer Badehose gut aussah. Seine dunkelblauen Augen und die feuchten braunen Locken verstärkten den Eindruck, hier einen Dressman für Freizeitkleidung vor sich zu haben.
»Wirkt auf mich nicht besonders britisch«, bemerkte ich, als ich die Maus nahm und mich durch ein paar weitere Bilder klickte. »Woher kommt er gleich noch mal?«
»Oh, sein Wikipedia-Eintrag sagt London.« Mary nahm die Maus wieder an sich und blätterte weiter, bis sie auf ein Foto stieß, das offenbar ihre Lieblingsaufnahme war: James, der mich direkt anstarrte, sein dunkelbraunes Haar umspielte seine Wangenknochen, die Fliege saß lose, und die obersten zwei Kragenknöpfe seines Hemds standen offen. »Sie fliegen also am Samstag.«
»Entschuldigung, wie bitte?« Ich riss mich von den hübschen Fotos los und sah Mary an. Sie trug ihr »Ich mache wirklich keine Scherze«-Gesicht, was ich nicht gut leiden konnte. »Aber heute ist Montag!«
»Was Ihnen fast eine Woche Vorbereitungszeit erlaubt.«
Mary begann, andere Seiten auf ihrem Bildschirm anzuklicken. Ein todsicheres Zeichen, dass unser Treffen zu Ende war. »Cici wird also Ihre Flüge, Ihr Auto und Ihr Hotel buchen und all die anderen Dinge organisieren. Bargeld, Kreditkarte, BlackBerry und so weiter.«
»Aber mal im Ernst, ist es wirklich eine gute Idee? Vielleicht fehlt es mir dafür einfach an Erfahrung. Ich bin keine professionelle Interviewerin. Bestenfalls eine Unterhalterin – und, wenn ich Glück habe, antworten mir die Leute auch. Aber das qualifiziert mich nicht.« Ich beugte mich über den Schreibtisch. War Mary noch bei Sinnen? »Und ich war auch noch nie in L.A. Was ich damit sagen will, irgendwie ergibt das alles keinen rechten Sinn für mich.«
»Sehen Sie, Angela«, Marys Augen huschten über ihren Bildschirm, »es verhält sich folgendermaßen. Ich darf Ihnen das zwar eigentlich nicht erzählen, aber Sie wurden angefordert.«
»Wie?«
»Ja, ich bin genauso überrascht wie alle anderen auch.« Mary zog eine Grimasse. »Was nicht heißen soll, dass ich Sie nicht großartig finde, aber Sie sind keine Profi-Interviewerin, wie wir beide wissen. Aber James’ Leute wollten keine andere. Das war die einzige Bedingung für dieses Interview.«
Ich war sprachlos. Was hatte ich bloß getan, um mir die Aufmerksamkeit von James’ »Leuten« zu sichern? Ich konnte mir nicht vorstellen, dass ich sie mit meinen von der Kritik gefeierten Serien über Kaufhäuser in Manhattan, wo man vor dem Ausgehen die beste kostenlose Verschönerung bekam (Bloomingdale’s, Soho), derart beeindruckt hatte.
»Wenn Sie es nicht machen wollen, dann sagen Sie es«, sprach Mary weiter. »Das Unterhaltungsteam der Zeitschrift ist ohnehin schon mächtig sauer. Sie können auch jemand anderen schicken …«
»Nein!«, fiel ich ihr ins Wort. »Das ist es nicht. Ich will es wirklich machen. Ich finde es toll. Ich – ich kapier’s nur einfach nicht.«
»Ich auch nicht.« Mary hielt wirklich nichts von Süßholzraspeln. Auch nicht, wenn es mir, wie in diesem Fall, lieber
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