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Mit dem Blick aufs weite Meer

Mit dem Blick aufs weite Meer

Titel: Mit dem Blick aufs weite Meer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Vanessa Grant
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lud sie zum Essen in ein Lokal ein.
    “Es geht nicht, Charlotte. Ich muss die Teile hier zuschneiden und einige Hemden heute noch nähen, denn ich habe zugesagt, die Lieferung am nächsten Donnerstag loszuschicken.”
    Nervös trat Charlotte zu ihr. “Kann ich dir helfen?”
    Angela stellte sich Charlotte an der Nähmaschine vor und fand es ratsam, das Angebot abzulehnen. Kents Mutter neigte dazu, die meisten Arbeiten mit mehr Elan als Sorgfalt auszuführen.
    “Vielen Dank, aber ich schaffe es schon. Vielleicht könnten wir am Montag gemeinsam zu Mittag essen?” schlug Angela vor.
    Charlotte nahm einen Stoffrest in die Hand und faltete ihn ein paarmal zusammen. “Angie, die Sache mit Kent…”
    Falls mir noch jemand erklären will, dass ich einen Fehler mache, dachte Angela, fange ich zu schreien an. Sie blickte zu Charlotte hoch und wusste im nächsten Moment, dass sie sie nicht anschreien würde.
    Charlotte sprach zögernd: “Bitte versprich mir, kein Spiel mit ihm zu treiben.”
    “Wie meinst du das?”
    “Ich meine, Charles oder Simon bedeuten dir nichts. Wenn sie dir zu nahe kommen, ziehst du dich eben zurück.” Charlotte redete hastig und wich dabei Angelas Blick aus. “Das kannst du bei Kent nicht machen. Er ist nicht der Mensch, der die Dinge leicht nimmt.”
    Charlotte befürchtete, sie könnte Kent verletzen. Ausgerechnet Charlotte, die noch vor einer Woche behauptet hatte, Kent sei hartherzig. Wenn Angela nicht nach weinen zumute gewesen wäre, hätte sie darüber lachen können.
    Fünf Minuten vor sechs Uhr parkte Kent seinen Chrysler vor dem Geschäft. Alle waren da: Barney, Harvey, Scott und sogar Sally, die auf dem Heimweg vom Supermarkt mit Wendy auf dem Arm kurz im Laden hereinschaute.
    Kent begrüßte sie, küsste seine Mutter auf die Wange und strich dem Baby vorsichtig über den Kopf. Zuletzt kam er zu Angela und stellte sich neben die Nähmaschine.
    “Bist du fertig?” Kein hallo oder eine Bemerkung, wie hübsch sie aussähe, nur diese barsche Frage.
    Sie nickte zustimmend, schaltete die Maschine aus und faltete die halbfertige Hose zusammen. Daraufhin zog sie unter einem Regal ihre Reisetasche hervor. Kent nahm sie ihr aus der Hand. Die anderen standen um sie herum und beobachteten sie gespannt. Angela wusste nicht, was sie zu ihnen sagen sollte. Abgesehen von Scott, hatten ihr alle auf irgendeine Art zu verstehen gegeben, dass sie ihren Entschluss missbilligten.
    Sie ging zu ihrem Neffen und versprach, ihm eine Ansichtskarte von einem hohen Berg mitzubringen.
    Kent stand hinter ihr. Sie wünschte, er würde sie am Arm oder an der Hand festhalten oder wenigstens lächeln. Das würde ihr den Mut geben, sich von den anderen zu verabschieden.
    Angela und Kent mussten eine halbe Stunde auf die nächste Fähre warten. Sie blieben im Auto sitzen. Angela fühlte sich in Kents Nähe leicht unbehaglich.
    Als er sich zu ihr wandte, wirkten seine Augen sehr dunkel, und er hatte einen bitteren Zug um den Mund. “Ich vermute, sie waren alle nicht einverstanden, dass du dieses Wochenende mit mir verbringst?”
    Sie glättete sorgfältig die Bügelfalte ihrer langen Hose zwischen Daumen und Zeigefinger, ehe sie antwortete: “Barney meint, du hättest mit mir nichts Gutes vor, und auch Harvey macht sich Sorgen um mich. Doch Charlotte denkt, ich würde ein Spiel mit dir treiben.”
    Angela klang verlegen.
    “Und was ist mit dir?” Er versuchte, die Antwort in ihrem Gesicht zu lesen. “Möchtest du kneifen?”
    Angela schluckte. “Du vielleicht?”
    “Wäre ich sonst hier?”
    “Dasselbe gilt für mich”, erklärte sie hastig und drehte den Kopf zur Seite.

    “Trotz des Widerstands?” Als sie nickte, fügte er leise hinzu: “Ich bin froh.” Angela fand, dass er weniger kühl klang als am Anfang.
    “Ist es für dich vorhin im Laden nicht unangenehm gewesen?”
    “Doch. Sie standen wie eine Schutztruppe um dich herum.” Kent strich mit dem Finger behutsam über Angelas Nasenrücken. “Ich dachte, ich müsste mich wegen dir prügeln.”
    “Barney wäre vielleicht dazu bereit ge wesen. Er ist immer gleich zur Stelle, um mich zu verteidigen.”
    “Ich dachte an sein gebrochenes Nasenbein”, meinte Kent. “Wenn er sich wegen dir von seinem Bruder die Nase hatte einschlagen lassen, kann ich mir leicht ausrechnen, wie es mir ergehen würde.”
    Obwohl Angela wusste, dass Kent sich nicht um sie prügeln würde, wenn es darauf ankäme, musste sie bei dem Gedanken daran

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