Mit dem Kühlschrank durch Irland
leicht verrücktes Individuum aus, aber man kann auch nicht erwarten, dass psychisch stabile Mitglieder der Gesellschaft an einem Marsch mit Haushaltsgeräten durch Dublin teilnehmen. Wenigstens hatten wir einen weiteren Teilnehmer.
»Hallo, Tony, ich bin John«, rief er.
Halt, kein weiterer Teilnehmer! Das hier war John Farrell, der Starreporter.
»Freut mich, dich kennen zu lernen«, fuhr er fort. »Mein Gott, du siehst großartig aus. All die Farbe im Gesicht — du siehst aus, als wärst du in der Karibik gewesen statt in Irland.«
Plötzlich wirkte er überhaupt nicht mehr verrückt. Es ist erstaunlich, welchen Einfluss ein unbedeutendes Detail wie die Tatsache, dass die betreffende Person einen Mop in der Hand hält, darauf hat, wie man sie einschätzt.
»Komm schon, wir machen uns besser auf den Weg!«, rief er voll Eifer.
»Aber warte, John, es ist niemand hier. Bist du dir sicher, dass wir am richtigen Ort sind?«
»Natürlich sind wir am richtigen Ort. Solche Aktionen brauchen immer Zeit, um in Schwung zu kommen.«
Hatte er so was schon mal gemacht? Er fuhr fort: »Hat man erst mal begonnen, stoßen immer mehr dazu und machen mit. Hast du einen Radio-Walkman mit Kopfhörer?«
»Ja.«
»Dann setz ihn auf und hör zu! Gerry leitet die ganze Sache gerade ein, und wenn wir zu der Telefonzelle dort drüben kommen, werde ich ihm meinen ersten Bericht durchgeben. Du musst zuhören, denn es kann jederzeit sein, dass ich an dich übergebe.«
Als wir die enttäuschend leere Straße überquerten, setzte ich den Kopfhörer auf und wollte nicht glauben, was ich da hörte. Dramatische Musik — tatsächlich, es war der Soundtrack aus Ben Hur — näherte sich ihrem Höhepunkt. Dann wurde sie von Gerry Ryans Stimme übertönt, der theatralisch und aufgeregt rief: »Er stammt von der anderen Seite des Teichs, dieser junge Mann, der mit seinem Kühlschrank übers Land und übers Meer reist auf der Suche nach einem Sinn und einem Zweck in ihrer beider Leben. Wir sprechen von Tony Hawks, dem Fridge Man. Tony Hawks, der gekommen ist, um für kurze Zeit unter uns zu leben, eine Art Messias. Wir hielten uns nicht für würdig, auch nur den Saum seines Kühlschranks zu berühren, aber dann erkannten wir, dass er ein ganz gewöhnlicher Mensch ist und sein Kühlschrank nur ein kleiner Kühlschrank, der Sohn eines größeren Kühlschranks, des Großen Kühlschranks, des riesigen, gigantischen Kühlschranks im Himmel.«
Du meine Güte, er gab sich ohne Zweifel Mühe.
»Er hat unser Land in seiner ganzen Länge und Breite bereist, er ist Teil unserer Leben geworden. Wir haben Tony Hawks und seinen Kühlschrank in unsere Herzen geschlossen. Der heutige Tag ist das Ende seiner fruchtbaren Odyssee.«
Sein Tonfall änderte sich jetzt, und die Musik wurde leiser, da er zur ersten Direktübertragung überleitete.
»Brenda Donohue ist im ILAC Centre in Dublin und fragt sich, wo Tony und sein Kühlschrank bleiben. Wie sieht es bei dir aus, Brenda?«
»Guten Morgen, Gerry. Hier beim Brunnen vor dem ILAC Centre hat sich eine große Menge versammelt, und wir warten darauf, dass Tony Hawks eintrifft. Das hier ist sein endgültiges Ziel, der letzte Hafen, den er anläuft. Die Leute sind aus dem ganzen Land gekommen, und ich muss sagen, die Stimmung hier heute Morgen ist ausgesprochen erwartungsvoll. Du kennst dieses Gefühl der Ruhe vor dem Sturm: diese Spannung in der Luft, diese Sehnsucht, diese Hoffnung. Wir können es gar nicht mehr erwarten, ihn zu sehen, wir sind neugierig darauf, wie er und sein Kühlschrank aussehen. Wir haben hier Mrs. Burn, die den ganzen Weg von Drogheda bis hierher zurückgelegt hat, und ich bin von den Frauen der Porobella School of Childcare umringt, die alle mit irgendeinem Haushaltsgerät erschienen sind — und nicht nur das: Sie haben ein Lied für Tony! Also, falls er zuhört, falls er auf dem Weg zum ILAC Centre hier in Dublin ist: Tony, wir haben ein Lied für dich. Ich zähle bis drei, und ihr singt euer Lied für Tony, also 1... 2... 3 GO T ONY GO T ONY GO T ONY GO! G O T ONY GO T ONY GO T ONY GO!«
Das war alles unglaublich. Was am Zielpunkt der Prozession passierte, stand in deutlichem Gegensatz zum Geschehen an ihrem Anfang. Da, wo ich war, herrschte eigentlich kein Gefühl von »Ruhe vor dem Sturm«, sondern eher die Sorge, dass es nicht einmal ein laues Lüftchen geben würde.
Währenddessen reagierte im Radio Gerry Ryan auf den leidenschaftlichen Sprechgesang der Mädchen.
»Ist das
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