Mit dem Segen der Queen
wurden eine Reihe möglicher Bewerber nach England geholt, damit sie sie kennenlernte, darunter ihr Cousin ersten Grades, Franz August Carl Albert Emanuel von Sachsen-Coburg-Gotha, schlicht unter dem Namen Albert bekannt. Ihn hatte sie bei einem zweiten Besuch erwählt. Am Sonntag, dem 10. Februar, würden sie heiraten.
Was den Bräutigam anging, so war das Volk nicht ganz überzeugt. Zunächst einmal war er kein Engländer, und was man von ihm bei seinen Besuchen gesehen hatte, wirkte er steif und ernst. Die Königin von England verdiente doch wohl einen Gemahl, der mehr war als nur der Sohn eines Dukes? Doch immer mehr Gäste kamen in die Stadt, um dem großen Ereignis beizuwohnen, der königlichen Hochzeit. Flaggen und Bilder des königlichen Paares gab es überall, und in allen Läden lagen Souvenirs aus.
Eine Reihe leerer Kutschen fuhr den Park Lane hinunter, umgeben von Kavalleristen, die die Prozession für den Hochzeitstag einübten, und das hatte eine ganze Reihe von Zuschauern angelockt, die den Fußweg versperrten. Mit einigem Drängeln erreichten Emily und Margaret Hyde Park und warteten, bis die Prozession vorüber war, ehe sie die Straße überquerten und zum Tor gingen.
„Da ist er!“, rief Emily, die Richard unter einem Baum entdeckte, hochgewachsen und gut aussehend in seiner Uniform. Er hatte den Truppen zugesehen, doch dann spürte er wohl ihre Nähe und drehte sich zu ihr um. Sie lief voraus, blieb dann aber plötzlich stehen. War sie zu kühn, zu eifrig? Sollte sie sich zurückhaltender benehmen? Aber wie sollte sie das, wenn er sie so anlächelte, dass sie innerlich zu schmelzen meinte?
Er nahm den Hut ab und verneigte sich. „Mylady, Sie sind also gekommen.“
„Dachten Sie, ich würde Sie versetzen?“
„Ich dachte, dass Ihre Mama es vielleicht nicht erlauben würde, wegen des Gedränges.“
„Mama ist immer noch nicht zu Hause und wird auch bis nach der Hochzeit fortbleiben, aber sie hätte mich ohnehin nicht aufhalten können. Ich sagte, ich würde kommen, und hier bin ich.“
Die Menschenmenge umringte sie, aber das bedeutete nur, dass sie eng zusammenstehen konnten, ohne dass sich jemand etwas dabei dachte. Es war aufregend, einfach hier mit ihm zu sein, scheinbar zu beobachten, doch ohne etwas zu sehen, denn ihre Gedanken waren ausschließlich auf den Mann gerichtet, der neben ihr stand.
Sie hatte Richard auf Constance Andertons Debüt-Ball getroffen. Constance war zwei Jahre jünger als Emily, die ihr Debüt zwei Jahre zuvor gehabt hatte, im Jahr der Krönung der Königin, aber sie hatten einander ein Leben lang gekannt. Die Landhäuser ihrer Väter lagen nahe genug beieinander, um Besuche zu ermöglichen, und die Mädchen hatten viele gemeinsame Ausflüge unternommen. Jetzt waren beide Familien anlässlich der Hochzeit in London.
Constances Bruder Frederick hatte sie einander vorgestellt, und Richard hatte sich verbeugt und sie zum Tanzen aufgefordert, ihr die Hand entgegengestreckt, um ihr vom Stuhl aufzuhelfen, und sein Lächeln hatte sie mit einer Wolke von Wärme und Freude umgeben. Ihre Mutter behauptete, man könne sich nicht auf den ersten Blick verlieben, aber ihr war es so ergangen. Ihr war ganz heiß geworden, und ihre Knie hatten angefangen zu zittern, als sie sich erhoben hatte, um mit ihm zu tanzen. Es war der schönste, der strahlendste Augenblick ihres ganzen Lebens gewesen. Sie konnte nicht glauben, dass sie einander nie wieder sehen sollten, sie mussten sich immer und immer wieder treffen, und wenn nötig, würde sie dem Schicksal ein wenig nachhelfen.
Aber das Schicksal meinte es gut mit ihr. Bei Lady Framlinghams Soirée waren sie einander wiederbegegnet, und er war durch den ganzen Raum zu ihr gekommen, um mit ihr zu sprechen, hatte sich verbeugt und sie nach ihrem Befinden gefragt. „Lieutenant“, hatte sie erwidert, erfreut, dass er sich an sie erinnerte, „ich habe nicht erwartet, Sie hier zu sehen. Haben Sie Landgang?“
„Ja, während mein Schiff, die Ariel , bereitgemacht wird, um Prinz Albert in Calais abzuholen.“
„Die Ariel . Was ist das für ein Schiff?“
„Ein Dampfschiff.“
„Ein Dampfschiff! Wie aufregend! Das muss ganz anders sein als ein Segelschiff.“
„Ja. Es ist nicht von Wind und Tide abhängig, aber nichts ist schöner, als unter vollen Segeln zu fahren.“
„Mir scheint, Sie sind ein Romantiker, Lieutenant.“
Er lächelte. „Das muss ich wohl sein.“
„Und gefällt Ihnen das Leben bei der
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