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Mit dem Teufel im Bunde

Mit dem Teufel im Bunde

Titel: Mit dem Teufel im Bunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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deutlicher, lauter zu sein und narrte doch, ließ ein Klappern auf dem Kirchhof wie Hufschlag klingen, das Jaulen des Windes wie Sirenengesang.
    «Bald findet es der Nächste heraus, und Juliane weiß alles. Alles! Was immer mir geschieht, man wird Euch als den Schuldigen erkennen.
Ihr
habt mich hierher bestellt, Pauline weiß das. Ihr seid dumm, Meinert. Warum flüchtet Ihr nicht? Ich weiß einen geheimen Weg durch die Wälle», log sie, ihre Worte sprudelten, «ich weiß jemand, der Euch draußen ein Pferd gibt, ohne zu fragen. Nennt nur meinen Namen, er gibt Euch, was Ihr braucht – bis England. Dort seid Ihr sicher.»
    Da löste er eine Hand und schlug ihr ins Gesicht. «Ihr lügt. Es gibt keinen Ausweg mehr, keinen anderen. Es ist zu spät. Ihr würdet auch alles tun   …»
    Er riss sie mit einem Ruck hoch und drängte sie mit seinem ganzen Körper gegen die Brüstung, kämpfte gegen die Kraft ihrer Arme, trat nach ihren Füßen, damit sie den Halt verlor, aber er unterschätzte die Kraft ihrer geübten Muskeln. Die Brüstung war hoch, nur ihr Kopf und ihre Schultern lehnten über dem Abgrund. Sie zwang sich, nicht hinunterzusehen, in den Sog dieses schwarzen, zweihundertfünfzig Fuß tiefen tödlichen Abgrunds. Er starrte hinunter, ein gepresster Laut drang aus seiner Kehle, ein keuchendes Schluchzen. Der Druck seiner Hände erlahmte, aber immer noch entkam sie nicht. Aber wenn er sie hinunterstoßen wollte, musste er sie anheben, ihren Körper fassen, dann musste er auch ihre Arme freigeben, auf diesen Moment, diesen winzigen Moment zwischen Leben und Tod, musste sie warten.
    «Wie könnt Ihr Barbara dieser Schande aussetzen?», schrie sie in wütender Verzweiflung, «Ihr könnt sie nicht lieben, sonst würdet Ihr fliehen. Es gibt keinen anderen Ausweg. Soll sie Euch auf dem Schafott sehen?»
    Jählings stolperte er zurück und stieß sie heftig zu Boden.
    «Ausweg», formten seine Lippen, da begann die große Stundenglocke im Oktogon unter ihnen zu schlagen. Rosina hatte die knappen Viertel-, Halb- und Dreiviertelstundenschläge der Hämmer auf die kleineren Glocken nicht gehört. Nun füllte der weit hallende Klang der größeren dröhnend den Kopf, unausweichlich, Schlag um Schlag. Meinert presste die Hände gegen die Ohren, in seinen Augen nichts mehr als Verzweiflung. Die Glocke tat den letzten Schlag – und er sprang.
     
    Später erinnerte sie sich nicht, den über die Brüstung stürzenden Mann gesehen zu haben, nicht an das Geräusch des Aufpralls, als er tief unten aufschlug. Sie erinnerte sich nur an ihren eigenen Schrei, an das Aufbäumen ihres Körpers, als könne sie den Mann auf der Brüstung noch halten. An ein entferntes, von einer Bö heraufgewehtes Klirren und Splittern, endlich an Magnus, der sich keuchend durch die Luke heraufschwang, sie in die Arme riss und wiegte wie ein Kind.
     
    Er hatte beim Dammtor Einlass in die Stadt gefunden, seinen Fuchs in den Stall gebracht und versorgt. Pauline empfing ihn nicht freudig wie gewöhnlich, sondern in großer Unruhe. Es sei nicht recht, erklärte sie streng, Madam so spät, zudem bei einem solchem Höllenwetter, in die Katharinenkirche zu bestellen. Monsieur Meinert sei sicher auch der Ansicht, jedenfalls habe er so ausgesehen, als er die Botschaft ausrichtete. Ob er Madam Vinstedt denn nicht mitgebracht habe?
    Da lief er schon die Treppe wieder hinunter, immer zwei Stufen auf einmal nehmend.
    Er fand die Kirche versperrt, durch den schmalen Spalt, die sie sich öffnete, erkannte er den von innen vorgelegtenBalken. Alle umstehenden Häuser waren dunkel, er verlor keine Zeit mit dem Versuch, jemand zu wecken. Er rannte um die Kirche, stolperte über herabgefallene Äste, rannte weiter zur Sakristei. Von der gab es einen direkten Zugang zum Kirchenschiff, durch eine Tür, die sich leicht öffnen ließ.
    Er fand einen Stein, das Glas splitterte, den Mantel um die Fäuste drückte er ein Loch in die bleigefassten Scheiben und schwang sich hindurch. Die Tür leistete geringen Widerstand, und endlich stand er im Kirchenschiff. Wo war sie? War sie einen anderen Weg gegangen, längst zu Hause in der Mattentwiete und wartete, dass er zurückkam? Seine Blicke hetzten durch die Düsternis, blieben an einem dunklen Fleck auf dem Steinboden nahe dem Durchgang zum Portal hängen. Die Tür zur Treppe stand weit offen. Er griff nach dem, was zu seinen Füßen lag, erkannte ihren Umhang und rannte weiter, Rundung um Rundung die Stufen hinauf, beim

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