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Mit dem Teufel im Bunde

Mit dem Teufel im Bunde

Titel: Mit dem Teufel im Bunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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wir tun unser Bestes, aber wo so viele sind, gibt es auch mal ein schwarzes Schaf.»
    Er kratzte sich mit dem knochigen Zeigefinger im spärlichen grauen Haarbüschel über dem rechten Ohr und sah sein Gegenüber ratlos an – da fiel ihm ein, woher er diesen Namen kannte.
    «Ja, Jungen können mutwillig sein», erklärte Rosina brav. «Das schreckt mich nicht, ich bin ihren Umgang gewöhnt, und wie ich gerade sagte, ich kenne Tobias schon. Mamsell Elsbeth aus dem Hause Herrmanns hat ihn mir gebracht, ich bin sicher, Ihr kennt Mamsell Elsbeth. Sie sprach sehr schmeichelhaft von Euch.»
    «Gewiss, eine gute Seele. Sie hat selbst ihre Kinderjahre hier verbracht, sie war ein braves Mädchen.»
    «Sie kennt mich seit vielen Jahren», fuhr Rosina rasch fort, bevor der alte Schreiber sich wieder in seinen Gedanken verlor. «Sie ist wie ich der Ansicht, Tobias passe gut in unseren Haushalt. Nun möchte ich den Antrag stellen oder die nötigen Papiere unterzeichnen. Ihr werdet sicher so freundlich sein, mir zu sagen, was getan werden muss. Es wäre mir recht, wenn Ihr den Jungen bald schicktet. Am besten schon morgen.»
    «Nein, Madam.» Zacher schob das Kinn vor und streckte seinen runden Rücken. Er wusste nun, wer sie war und wie er sie loswurde, ohne ihr eines der Kinder anzuvertrauen. Solche Frauen waren als wankelmütig bekannt, sie würde ihren Wunsch bald vergessen. «Das ist unmöglich. Wir haben viele, die Tobias heißen, egal welcher, das Kind muss erst vorbereitet werden, die Provisoren müssen zustimmen, der Waisenvater, am besten auch der Pastor. Und der Lehrer. Alle müssen zustimmen. Und erst die Papiere! Ich bin sehr beschäftigt, Madam, am besten kommt Ihr nach Weihnachten noch einmal her, und am allerbesten schickt Ihr Euren Gatten. Ja, das ist unbedingt nötig. Ich weiß nicht, was Ihr gewöhnt seid. Dort, wo Ihr zu Hause seid, mag das anders sein, bei uns, in dieser Stadt, hat alles seine Ordnung. Es ist Frauen nicht so einfach gestattet, Geschäfte abzuschließen. Zudem geht es auch um das Kostgeld. Das darf ich nicht verschwenden. Das darf ich nur gewähren, wenn das Kind in ein gutes christliches Haus kommt. Das muss geprüft sein, das muss   …»
    «Ich möchte kein ‹Geschäft› abschließen.» Nun saß auch Rosina sehr aufrecht, über ihrer Nasenwurzel zeigte sich die steile Falte, die alle, die sie gut kannten, als Warnsignal verstanden. «Ich will einen elternlosen Jungen in unseren Haushalt aufnehmen und für ihn sorgen. Dafür geht er mir und meiner Köchin bei unserer Arbeit zur Hand, wiees üblich ist. Es sind leichte Arbeiten, wir betreiben kein Handwerk oder Gewerbe, ich habe nicht einmal einen Garten. Der Haushalt ist auch in dieser Stadt Frauensache, wie Ihr zweifellos wisst, und auf Euer Kostgeld verzichte ich gerne. Ich brauche es nicht.»
    «So, braucht Ihr nicht! Das ist ungewöhnlich, Madam. Auch, nun ja, reputierliche Familien verzichten nie auf das Kostgeld, so ein Kind isst viel, es wächst, es hat Hunger, es braucht Kleidung, es braucht Unterrichtung. Und wenn Ihr kein Gewerbe habt, was soll der Junge bei Euch lernen? Frauenarbeit?»
    Rosina bemühte sich um Ruhe. Der alte Mann hatte mit Kosteltern sicher viel Unerfreuliches erlebt, es war nur verdienstvoll, wenn er sich um die Kinder sorgte. Um jedes Kind. Aber da war ein Wort gewesen, das sie, ob sie wollte oder nicht, zornig machte. Reputierlich. War sie etwa nicht reputierlich? Würde das nie aufhören?
    «Eure Sorge ist lobenswert», sagte sie und klang leider nicht so ruhig und freundlich, wie sie beabsichtigte, «gleichwohl überflüssig. Tobias wird es an nichts fehlen. Im Übrigen ist er zehn Jahre alt, er braucht noch keinen Lehrherrn. Wenn es so weit ist, wird sich einer finden.»
    «So, erst zehn Jahre. Umso gründlicher muss ich alles prüfen. Wie es üblich ist, Madam. Wenn Ihr also nach dem heiligen Christfest   …»
    «Aber wir haben erst Oktober! Es wird doch nicht drei Monate dauern, bis Ihr ein Kind in Kost geben könnt. Ich weiß von anderen, bei denen es nur wenige Stunden gedauert hat, bis sie dieses Haus verlassen haben. Manche leben bei ihren Kosteltern in wahrhaft elenden Umständen, wo weder für das Heil ihrer Seele noch ihres Körpers gesorgt ist, von ihrer Bildung gar nicht erst zu reden. Prüft, soviel Ihr wollt, Monsieur Zacher, es kann aber keine drei Monatedauern. Tobias hat mehr Läuse als Haare auf dem Kopf, er ist dünn wie ein Brett, und wenn ich mich nicht sehr irre, sind seine Hände

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