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Mit dem Teufel im Bunde

Mit dem Teufel im Bunde

Titel: Mit dem Teufel im Bunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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wohltätigsten Damen in der Stadt!
    «Ein Irrtum, Madam, ein bedauerlicher Irrtum», erklärte er mit zittriger Stimme. «Sehr bedauerlich. Die vielen Namen, ich habe Madam Vinstedt verwechselt. Ja, verwechselt. Diese vielen Namen. Wenn Ihr die Güte haben würdet, Freitag wiederzukommen, Madam. Früher ist unmöglich, leider, der Herr Verwalter ist bis dahin verreist. Sein Oheim ist verschieden, im gesegneten Alter, ja, und das Begräbnis   … Doch dann», kam er auf Madam Augustas vernehmliches Räuspern hastig zum Thema zurück, «ist der Kontrakt gewiss bereit, mittags, wenn es beliebt. Wenn Ihr jetzt die Güte haben würdet, mir den Vaternamen des Jungen zu nennen. Sofern Ihr ihn wisst, sonst lasse ich zu Mamsell Elsbeth schicken. Wenn sie den Jungen für Euch ausgesucht hat, wird sie den Namen wissen.»
    «Rapp», sagte Rosina, der flehende, unterwürfige Blick des greisen Mannes ließ den letzten Rest ihres Zorns verrauchen. «Tobias Rapp. Er ist zehn Jahre alt, obwohl er um zwei Jahre jünger aussieht, und hat dunkelrote geschorene Haare. Er schielt auf einem Auge, Ihr könnt ihn nicht verwechseln.»
    Zacher stutzte. Rapp? Der Name sagte ihm etwas, trotz der vielen Kinder, über die er Buch zu führen hatte. Rapp? Ja, das war der Tunichtgut, der bei Madam van Keupen Essen gestohlen hatte und umgehend zurückgeschickt worden war. Ein nettes Früchtchen. Einen Augenblick überlegte er, warum diese Madam Vinstedt, bei aller Freundschaft mit einer hochstehenden Familie eine zweifelhafte Person, sich gerade diesen Jungen ausgesucht hatte. Einen, der stahl. Nun gut, wenn sie ihn zum Taschendieb ausbilden und zum Stehlen schicken wollte, war das nicht mehr seine, sondern Madam Kjellerups Verantwortung.
    «Sehr schön.» Madam Augusta erhob sich und rückte ihre graue Witwenhaube zurecht, die wie gewöhnlich mit ganz unpassend zweifarbig glänzenden Seidenbändern gefasst war. «Madam Vinstedt wird Samstag wiederkommen. Freitag hat sie andere Pläne. Möchtet Ihr den Jungen dann gleich mitnehmen, Rosina? Das mögt Ihr dann entscheiden», sagte sie, obwohl Rosina nickte. «Seht in mir eine Bürgin, lieber Zacher, ich denke, ich und das Haus Herrmanns bedürfen keiner vorherigen Prüfung, nicht wahr? Meinen Neffen werdet Ihr nicht verwechseln. Der Provisor kann sich also mit der Prüfung des neuen Zuhauses dieses Kindes Zeit lassen, Hauptsache, es wird rasch und gut untergebracht. Und nun, Rosina, bitte Euren Arm für eine alte schwache Frau.»
    Der Klang der beiden schweren Münzen, die sie in die für Spenden bei der Tür bereitstehende Kupferdose fallenließ, machte Zacher völlig vergessen, dass er nicht erfahren hatte, welcher Anlass die wohlhabende Witwe und Tante des Großkaufmanns Claes Herrmanns in seine Schreibstube geführt hatte. Während er noch verwirrt den Schritten der beiden Damen nachlauschte, glaubte er leises Lachen zu hören. Es war ein Kreuz mit dem Altsein, nach den Augen versagten nun auch die Ohren den verlässlichen Dienst.
    ***
    Augusta Kjellerup lehnte sich zufrieden in das Polster der offenen Kutsche, ihr Gesicht zeigte das Vergnügen über ihren Schachzug.
    «Ihr nehmt meine Einmischung hoffentlich nicht übel, Rosina? Als ich von Elsbeth hörte, Ihr wolltet heute in aller Frühe zu dem guten alten Zacher gehen, dachte ich, es sei von Vorteil, zur gleichen Zeit dort einen Besuch zu machen.»
    «Ich bin Euch dankbar», sagte Rosina. Allerdings sah sie Madam Augusta nicht an, sondern ließ ihren Blick über die festgemachten Segler und das Gewusel der Ewer, Schuten und Ruderboote gleiten, die geschickt zwischen den großen Schiffen manövrierten, um Fracht zu holen oder zu bringen oder sich einfach einen Weg in die Fleete oder hinaus in die offene Elbe zu bahnen. Sie gestand sich schnell ein, wie töricht ihr Unmut war. «Ihr kamt im rechten Augenblick», fügte sie endlich mit einem tatsächlich dankbaren Blick hinzu.
    «Nicht wahr? Wie aufs Stichwort in der Komödie. Ich will Euch verraten, dass das kein Zufall war. Ich hörte in der Halle Eure und seine Stimme und habe mir erlaubt zu lauschen. Ach», sie faltete wohlig seufzend die Hände imSchoß, «ab und zu ist eine kleine Ungezogenheit sehr anregend.»
    Die leichte offene Kutsche rollte über die Hohe Brücke, sie kam nur langsam vorwärts, wie zu fast allen Stunden zwischen Sonnenaufgang und -untergang herrschte auf den Straßen entlang des Hafens Gedränge von Menschen, Karren und hochbeladenen Fuhrwerken. Erst als sie das

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