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Mit dem Teufel im Bunde

Mit dem Teufel im Bunde

Titel: Mit dem Teufel im Bunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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gezwungen war, sich in dieses Schwarz zu hüllen. Wenn sie später auch ihr gewohntes Grau ablegte, stattdessen ein tiefes Burgunderrot oder sanftes Grün   …
    «Worüber denkt Ihr nach?», unterbrach sie seine Gedanken.
    «Über die Post.» Er zauberte Wärme und Ergebenheit in seine Augen. «Nur über die Post. Wenn Ihr es wünscht, werde ich an der Börse fragen, ob jemand heute oder morgen einen eigenen Eilboten nach Sankt Petersburg schickt, der Eure Post mitnehmen kann.»
    «Das ist nicht nötig, er würde kaum schneller sein. Ihr habt Euren Tee nicht getrunken, Monsieur Bergstedt. Mögt Ihr keinen Tee?»
    «Im Gegenteil, Mademoiselle, ich finde ihn höchst delikat. Unser Gespräch hat mich vergessen lassen zu trinken.»
    Die Art ihres Lächelns verriet, dass sie seine kleine Lüge erkannt hatte. Es störte ihn nicht, dieser Art Lügen galten als galant. Doch er musste achtgeben. Er hatte Juliane van Keupen für ein scheues Geschöpf von müdem Verstand gehalten; wenn er sich nicht sehr täuschte, war sie tatsächlich wachsam und lebendig wie ein Luchs. Er würde schnell herausfinden, ob das nur ein kurzes Aufflackern oder der Anfang von etwas Neuem war.
    Auch sein Anerbieten, bei dem Gespräch mit dem Weddemeister, das sicher bevorstehe, an ihrer Seite zu sein, lehnte sie mit diesem Lächeln ab. Damit war er entlassen.
    Juliane widmete sich wieder der Korrespondenz. Verwandte und Freunde mussten benachrichtigt werden, die Handelspartner in anderen Städten und Ländern bekamen die betrübliche Post aus dem Kontor.
    «Mademoiselle?» Das jüngste Dienstmädchen stand im tadellos gebügelten blassblauen Kleid mit feinen dunkleren Streifen und großer weißer Schürze knicksend in der Tür. «Verzeiht die Störung, Mademoiselle, es ist Besuch da. Ich wusste nicht, ob Ihr schon empfangt. Soll ich ihn wegschicken?»
    Juliane streifte die Tinte von der Feder und steckte sie in das Schreibgeschirr. Die Unterbrechung kam ihr recht, ihr fielen sowieso nicht die passenden Worte für die Verwandten in Amsterdam ein. Umso weniger, als ihr Holländisch eingerostet war. «Falls es Hauptpastor Goeze ist – aber nein, den würdest du nicht wagen, fortzuschicken. Wer ist es?»
    «Der Stuckator, Madam. Monsieur Taubner.»
    «Schick ihn weg!» Abrupt beugte sie sich wieder über den Briefbogen und tauchte die Feder so hastig in die Tinte, dass das Behältnis beinahe umfiel. «Er soll später wiederkommen. Morgen. Oder übermorgen. Nein, sag ihm, er solle sich an Monsieur Bergstedt wenden, im Kontor. Warte», rief sie, als Margret knickste und sich zum Gehen wandte. «Warte. Ich empfange ihn doch besser selbst. Bitte ihn, einen Augenblick zu warten, ich muss diesen Brief beenden. Nur fünf Minuten. Du kannst ihn in fünf Minuten heraufbringen.»
    Als sich die Tür hinter dem Mädchen schloss, sprang sie auf und blickte in den Spiegel. Ihre Hände tasteten nach dem Sitz ihres Haares, zupften aus der strengen Frisur eine Strähne, die sich weich in ihre Halsbeuge legte, sie schlug leicht auf ihre Wangen, biss sich auf die Lippen – es half wenig. Sie war blass und würde es heute bleiben. Aber der unkleidsame Schleier! Hastig löste sie die schwarze Spitze aus ihrem Haar und stopfte sie in eine der Schubladen des Schreibschranks. Sie hörte auf das Ticken der Standuhr und atmete tief. Wie lang fünf Minuten sein konnten. Warum benahm sie sich wie ein dummes Kind? Es war so lange her und längst vergessen. Er wusste, dass sie eine alte Jungfer war, warum sollte sie ihn mit rosigen Lippen überraschen. Und wozu? Er hatte von Sibyllas Tod gehört und wollte wissen, ob ihr Auftrag weiterhin gelte. Und höflich sein Beileid bekunden. Mehr nicht.
    Sie hörte seine Schritte auf der Treppe und schloss für einen Moment die Augen. Als sie sie wieder öffnete, blickte ihr im Spiegel die gewöhnliche Juliane van Keupen entgegen, unberührbar bis in ihr Herz.
    ***
    Obwohl Bergstedt zu dieser Stunde im Hafen erwartet wurde, war er gleich in das Kontor zurückgekehrt. Er hatte dem Versuch widerstanden, die Männer aufzuheitern, die sich in bedrückter Stimmung über ihre Tische beugten. Besonders der alte Tonning hockte in trostloser Trauer untätig auf seinem Stuhl. Er arbeitete seit Jahrzehnten für das Haus van Keupen, er hatte Sibylla schon als junge Braut erlebt und sie hoch verehrt. Bergstedt verstand ihn und ließ ihn trauern.
    Er setzte sich an seinen Tisch, der dem Sibyllas gegenüberstand, und fühlte selbst einen Anflug bleierner

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