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Mit dem Teufel im Bunde

Mit dem Teufel im Bunde

Titel: Mit dem Teufel im Bunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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beiden Männer zu verstehen.
    «Das habt Ihr mir gestern schon erzählt, Monsieur Weller», hörte sie Wagner sagen. «Seid Ihr
sicher
, dass die Tote seit dem frühen Nachmittag dort war? Wie kann es sein, dass sie den ganzen Tag von niemandem bemerkt wurde? Es sind doch ständig Leute in der Kirche.»
    «Nicht ständig, Weddemeister. Früher, ja, da waren immer Menschen hier, zum Gebet oder zur Besinnung auf das, was wahrhaftig zählt. Gottesfürchtige Menschen im Vertrauen auf die himmlische Macht. Die Zeiten sind nicht mehr so. Natürlich sind immer wieder Menschen in der Kirche, dazu ist sie da. Aber selbst am Sonntag beim Hauptgottesdienst bleiben Bänke leer.»
    «Das ist sehr bedauerlich. In der Tat.» Wagners Stimme verriet erste Ungeduld.
    «Und den ganzen Tag?», fuhr der Kirchendiener fort. «Das weiß ich nicht. Ich sagte früher Nachmittag. Da habe ich sie zuerst gesehen, um zwei oder halb drei, ich habe nicht genau darauf geachtet, und später noch einmal. Da schlug die Glocke gerade vier, das weiß ich genau. Ich bin ständig beschäftigt, mein Amt lässt mir wenig Muße herumzuschauen, aber ich habe sie wiedererkannt, obwohl es nicht meine Gewohnheit ist, Betende zu beobachten und mit Neugier zu belästigen. Nein, es kann nur der halbe Tag gewesen sein. Andererseits, vielleicht auch der ganze Tag. Und der Abend, ja. Am Vormittag war ich nicht in der Kirche, ich hatte Botengänge für Ihro Hochehrwürden, den Herrn Hauptpastor, zu machen.»
    «Also der halbe oder der ganze Tag. Und Ihr meint, sie hat noch gelebt.»
    «Was stellt Ihr mir für Fragen?» Der Kirchendienerschüttelte die gefalteten Hände vor der Brust. «Das habe ich gestern Abend nicht gesagt. Natürlich habe ich
gedacht
, sie lebt. Wie konnte ich denken, sie ist tot? Hier pflegen keine Toten zu sitzen. Wenn ich das gedacht hätte, hätte ich doch sofort, ich hätte sofort   …» Wieder rang er die Hände, und sein Atem ging schwerer.
    «Dann hättet Ihr sofort Hilfe geholt, natürlich hättet Ihr das. Niemand macht Euch einen Vorwurf, Weller. Ich möchte nur wissen, wie lange die Tote in der Kirchenbank hockte. Seit wann. Erschien es Euch nicht seltsam, dass sie nach zwei Stunden immer noch dort saß? Das ist sehr lange für ein Gebet oder – wie sagtet Ihr? – für einen Moment der Besinnung?»
    «Besinnung, ja.» Weller zögerte, dann sah er sich rasch um, er entdeckte die junge Frau in der Kirchenbank und beugte sich näher zu Wagners Ohr. Rosina verstand trotzdem, was er sagte.
    «Ein Gebet ist nie zu lang, Weddemeister. Genaugenommen jedoch», er warf Rosina einen unsicheren Blick zu und fuhr leiser fort: «Genaugenommen dachte ich nicht an ein Gebet und derlei. Die Herrn Pastoren sehen das nicht gerne, wir sind gehalten, für Ordnung in der Kirche zu sorgen, es gibt ja Gesindel, das sich nicht scheut, die Hand in den Opferstock zu stecken. Aber dies ist ein Haus Gottes, wenn jemand verweilen möchte – versteht doch, Weddemeister, sie sah so ärmlich aus, bettelarm. Ihre Kleider waren kaum mehr als Lumpen, und sie schien zu schlafen. Ich konnte ihr Gesicht nicht erkennen, der Kopf war gebeugt, die Haube über ihre Augen gerutscht, aber sie wirkte jung, wie ein Mädchen. Ich hielt sie für eines dieser zahllosen armen Dinger, die kein Zuhause haben, keines, das Ruhe und Schutz gibt. Warum sollte sie hier nicht ein wenig schlafen? In dieser dunklen Ecke unter der südlichen Emporestörte sie niemanden. Sie saß da und suchte ein wenig Ruhe. So habe ich gedacht. Wenn sie hätte stehlen wollen, hätte sie das längst getan und wäre auf und davon.»
    Wagner entließ den Kirchendiener und blieb, die Hände auf dem Rücken verschränkt, mit gebeugtem Kopf stehen und starrte auf die Säule, einen der zwölf mächtigen Rundpfeiler, die das Gewölbe trugen, als suche er in den Resten der alten Malerei nach einer Lösung.
    «Ich hoffe, ich störe Euch nicht», hörte er Rosinas leise Stimme hinter sich und wandte sich um. Sie blickte in ein betrübtes Gesicht. Wagner neigte nicht unbedingt zu Grämlichkeit, vielmehr entsprach sein Naturell dem Ernst seiner Arbeit. Obwohl er schon viele Leichname gesehen hatte, etliche in äußerst unerfreulichem Zustand, berührte ihn die Begegnung mit einem gewaltsamen Tod. Zudem kränkte ihn die Missachtung, die er von der ‹guten Gesellschaft› als ein Mann erfuhr, der stets mit Verbrechen und üblen Elementen beschäftigt war. Ein bisschen weniger, seit er ein glücklicher Ehemann war. Auch ein

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