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Mit dem Teufel im Bunde

Mit dem Teufel im Bunde

Titel: Mit dem Teufel im Bunde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Oelker
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genug, um zu wissen, dass er in ihm keinen Verfechter von Struensees radikalen Reformen, aber einen Mann von einiger Vernunft vor sich hatte.
    «Habt Ihr eins von diesen Pamphleten?», fragte Claes Herrmanns.
    «Nein, sie waren schon alle verkauft. Der Budenkerl sagt, morgen früh habe er neue, bis dahin sei frisch gedruckt.»
    Herrmanns pfiff leise durch die Zähne. «Das bedeutet, die Fetzen werden hier bei uns gedruckt.»
    «Hier oder in Altona. Neuerdings soll es auch in Wandsbek eine kleine Druckerei geben. Einerlei, so ein Geschäft lässt sich kein Drucker entgehen, selbst wenn er dafür Schmutz drucken muss.»
    «Umso weniger, wenn er es nicht als Schmutz ansieht. Vergesst es einfach», schlug Herrmanns vor. «Der Teufel hat immer Konjunktur. Der ist der beste Kompagnon, wenn man Aufregung schüren und den Leuten das Geld aus der Tasche ziehen will. Wie der Klabautermann. Der muss auch herhalten, wenn ein Schiff auf unerklärliche Weise verschwindet. Dabei verschwinden Schiffe nun mal, so ist die Seefahrt. Struensee als Teufel – eigentlich kann Euch das nicht überraschen. Ich erinnere mich, dass man selbst Euch wegen Eurer Methoden der Kumpanei mit dem altenLuzifer bezichtigt hat. Ihr wärt mit dem Satan im Bunde gewesen, hieß so nicht der Titel einer Flugschrift? Wartet nur ab, wenn Ihr nun den Turm der Katharinenkirche   …»
    «Sapperlot! Die Katharinenkirche. Ich komme zu spät.» Der Baumeister neigte, schon im Davoneilen, den Kopf zum Gruß und hastete über die Zollenbrücke davon.
    Claes Herrmanns’ Begleiter, ein eleganter Mann von vielleicht dreißig Jahren, sah ihm verblüfft nach; die Klarheit seines Gesichts unter dem sanft lockigen aschblonden Haar, das über den Ohren zu den erforderlichen akkuraten Röllchen gedreht und im Nacken über dem Haarbeutel von einem schwarzen Seidenband gefasst war, wurde nur von einem
pince-nez
gestört.
    «Das war Baumeister Sonnin?», fragte er.
    «Ja. Ich hätte Euch gerne miteinander bekannt gemacht. Er ist meistens in Eile, sicher findet sich bald eine andere Gelegenheit. Lasst Euch nicht täuschen, Meinert, er ist ein äußerst kluger Kopf. Eigensinnig, das gewiss, manchmal bis zur Sturheit, aber klug. Und mutig. So einer», fügte er wie zu sich selbst hinzu, «so einer hat nicht nur Freunde. Nun gut», er rieb sich den krümeligen Puder aus Sonnins altmodischer Perücke von den Händen, «was haltet Ihr von einem kleinen Besuch im Kaffeehaus? Ich brauche nach dieser teuflischen Geschichte unbedingt Kaffee. Ihr solltet ihn mit Kardamom versuchen. Oder müsst Ihr gleich zurück ins Kontor?»
    Zacharias Meinert zögerte. Tatsächlich wurde er im Kontor erwartet. Von seinem Schwiegervater, was die Sache einerseits leichter, anderseits schwieriger machte. Aber einen Kaffeehausbesuch mit Claes Herrmanns konnte er nicht ablehnen. Im Gegenteil, der Vater seiner Frau würde beeindruckt sein. Im Übrigen war der ein wohlwollender Mensch, als Oberhaupt seines Handelshauses wie seinerFamilie vielleicht ein wenig pedantisch, doch er hatte ihn oft genug aufgefordert, in dieser Stadt, in der er den meisten noch als Fremder galt, wichtige Bekanntschaften zu suchen und zu pflegen. Das sei unabdingbar für erfolgreiche Geschäfte, hatte sein Schwiegervater erklärt (als ob er das nicht selbst wüsste), besonders für den zukünftigen Teilhaber einer Großhandlung.
    «Wart Ihr schon von Java zurück, als der Struensee-Skandal die Wogen hochgehen ließ?», fragte Claes Herrmanns, als sie
Jensens Kaffeehaus
bei der Börse erreichten.
    «Ja, natürlich.» Der junge Kaufmann beugte sich vor und öffnete dem Älteren höflich die Tür. «Ich habe schon bei meiner Ankunft in Amsterdam vor mehr als einem Jahr von den Vorgängen in Kopenhagen   …»
    Weiter kam er nicht. In dem Kaffeehaus, Treffpunkt der wohlhabenderen Kaufleute und Privatiers, der Gesandten und Mitglieder des Rats, kurz jener Männer, deren Stimme in der Stadt von Bedeutung war, herrschte Trubel wie zuvor bei der Bücherbude.
    «Mit dem Teufel!», rief gerade Senator van Witten und blähte seinen mächtigen Brustkorb, dass beinahe die Silberknöpfe auf seiner Weste aus bestickter sandfarbener Seide abplatzten. «Das ist stark. Die blanke Unvernunft. Reine Spintisiererei. So was überlassen wir in dieser Stadt alten Weibern und Dichtern. Wenn wir den Drucker, der den Unsinn in Umlauf gebracht hat, bei uns erwischen, kann er seine Werkstatt schließen, ein für alle Mal. Und glauben Sie mir, Monsieur, wir

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