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Mit den Augen der Fremden

Mit den Augen der Fremden

Titel: Mit den Augen der Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon R. Dickson
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worden war. Daß auf einer Reise dieser Dauer und bei einer Mannschaft von achtundfünfzig Männern einige Kämpfe stattfinden würden, war unvermeidbar. Aber es war alles andere als unvermeidbar, daß der Zufallsfaktor gerade beim ersten Kampf dazu geführt hatte, daß Jasons Zweitvetter in ihn verwickelt war. Jason blickte auf.
    „Der Antoniti“, verkündete er, „gibt selbst zu, daß er den Streit begonnen hat. Normalerweise würde nur er allein verurteilt werden. Ich halte es jedoch für notwendig, euch jetzt daran zu erinnern, daß ich bei Beginn dieser Reise verkündet habe, daß ich von euch allen perfekte Arbeit erwarte. Nur den Antoniti hinzurichten, würde dazu führen, daß einer von denen, die die Expedition durch einen Kampf besudelt haben, unter uns bleibt. Demzufolge spreche ich Bela Zweitvetter Brutogas zwar hiermit von jeglicher Schuld an diesem Zwischenfall frei und trage auch mein Urteil, daß er sich ehrenhaft verhalten hat, in mein Logbuch ein – aber ich verurteile ihn hiermit ebenfalls.“
    Er sah Bela und den Antoniti an. Belas Augen wichen ihm nicht aus.
    „Mein Urteil als Schlüsselträger ist hiermit gesprochen“, sagte er.
    Er trat vom Tisch zurück und wandte sich um. Hinter sich hörte er das Brüllen der Mannschaft, die sich über die zwei Verurteilten warfen und ihnen die Kehlen herausrissen. Langsam ging er allein durch die Korridore zu seiner eigenen Kajüte zurück. Erst als er sich wieder hinter seiner verschlossenen Tür befand, gab er sich dem Leid hin, das ihn zu überwältigen drohte.
    Er kauerte vor dem Tisch nieder, auf dem stumm und reglos der Wurm in seinem durchsichtigen Würfel stand. Seine Trauer ließ ihn am ganzen Körper zittern. Erst Aton Mutteronkel. Und jetzt Bela. Wen würde der Zufallsfaktor als nächsten von ihm fordern – sein Familienoberhaupt, den Brutogas selbst?
    Die Tür hinter ihm verkündete, daß der Kapitän draußen war und ihn zu sprechen wünschte. Jason riß sich zusammen und stand auf.
    Er ließ den Kapitän ein und versperrte die Tür hinter dem Älteren. Der Kapitän salutierte.
    „Ja?“ sagte Jason.
    „Ehrenwerter“, sagte der Kapitän, und aus seiner Stimme klang tiefer Respekt. „Ich möchte Euch wegen des notwendigen Todes Eures Verwandten mein Mitgefühl aussprechen. “
    „Ich danke Euch“, sagte Jason.
    „Und, Ehrenwerter …“ Der Kapitän zögerte. „Die Mannschaft hat mich beauftragt, Euch ebenfalls in ihrem Namen ihr Beileid auszusprechen.“
    „Danke.“
    Der Kapitän zögerte immer noch.
    „Noch etwas?“ fragte Jason.
    „Ja, Ehrenwerter.“ Das Gesicht des Kapitäns war von seinen aufgewühlten Gefühlen starr. „Ich wollte noch etwas sagen, Schlüsselträger. Ich glaube, daß die Mannschaft dieses Schiffes Euch jetzt überallhin folgen wird, Schlüsselträger. Als wir starteten, sagte ich, daß es zwei Arten von Führern gibt, denen Männer folgen. Männer und Gründer. Ehrenwerter“, sagte der Kapitän, „es ist eine große Ehre für mich und uns alle an Bord, daß ein Gründer Schlüsselträger dieser Expedition ist.“
    Er salutierte und ging hinaus.
    Jason versperrte die Tür hinter ihm und kauerte sich erneut vor dem Tisch mit dem Würfel und dem Modell des Artefakts nieder. Zwei mächtige, miteinander in Widerstreit stehende Emotionen – Sorge und Triumph – kämpften in ihm. Es war etwas Wunderbares und zugleich Einsames, dachte er, sich mit dem Zufallsfaktor zu bewegen. Er verbarg seine Augen in den Händen und gab sich seinen Gefühlen hin.
    Klagend und frohlockend, sicher hinter seinen versperrten Türen in der erhabenen Einsamkeit eines Schlüsselträgers, schlief er zuletzt ein.
     

 
14
     
    „… ich sage Ihnen“, erklärte Swenson, „wir wissen, daß sie gelandet sind. Auf der der Erde abgewandten Seite des Mondes. Warum haben Sie uns das nicht gesagt?“
    Jason schwankte etwas vor Müdigkeit und beschloß dann, sich zu setzen. Er ließ sich in einen der schweren geschnitzten Armsessel sinken, die normalerweise in Reih und Glied um den Besprechungstisch standen, jetzt aber im ganzen Raum verstreut waren. Coth saß jetzt an diesem Tisch und ebenso der Mann von den Vereinten Nationen. Swenson stand vor dem Tisch und redete auf Jason ein. Weder Mele noch irgendwelche sonstigen Ausschußmitglieder waren anwesend. Irgendwie schienen sie nicht mehr zu den Diskussionen – oder besser den Streitgesprächen zwischen Jason und Swensons Leuten zu gehören.
    „Habe ich Ihnen das nicht gesagt?“

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