Mit den Augen der Fremden
konnten.
Unterdessen – seit dem Duell – blieb die schleichende Furcht, Kators Persönlichkeit habe ihn infiziert, stets im Hintergrund seines Bewußtseins. Es war nicht möglich, sie in konkrete Begriffe aufzulösen, ebensowenig wie es eine Möglichkeit zu geben schien, sie loszuwerden. Früher einmal hätte er Mele sozusagen als Prüfstein benutzen können. Aber jetzt hatte sich eine Mauer zwischen ihnen aufgebaut. Seit jenem Tag in der Bibliothek zusammen mit Swenson und den anderen hatte sie etwas in sich getragen, das beinahe Furcht vor ihm darstellte, eine Art Überzeugtsein von seiner Unvernunft. Sie schien zu fühlen, dachte Jason verbittert, daß er aus schierer Machtliebe nicht mehr logisch, sondern einseitig entschied.
Dem Himmel sei Dank, daß sie wenigstens nicht die Ansicht teilte, Kator könne ihn infizieren. Aber trotzdem plagte Jason die Angst. Eine Angst, die zugleich auch sein Geheimnis war. In dem Duell hatte er zum erstenmal erlebt, wie er Kators Perspektive geteilt hatte, obwohl diese Perspektive der seinen völlig widersprach.
Kator hatte Hurrag Adoptivsohn nicht gehaßt. Und dennoch hatte er ihn freudig, stolz, beinahe mit Vergnügen getötet, obwohl es auch möglich gewesen wäre, ihn zu besiegen, ohne seinen Tod herbeizuführen. Und bei dieser Tat war sich Kator in seinen eigenen Augen edel vorgekommen, edel, erfolgreich und bewundernswert. Und einen Augenblick hatte Jason das gleiche empfunden.
Und eine Spur jener fremden Haltung hatte ihn bewegt, als er in diesem Bibliotheksraum Swenson und die anderen in ihre Schranken gewiesen hatte, nachdem er seine Tür aufgebrochen hatte. Das war nicht die Art und Weise, in der Jason Barchar normalerweise reagierte – aber das erkannte er erst jetzt, nachträglich.
Aber es war ganz ähnlich dem Verhalten von Kator Zweitvetter gewesen, so wie jener gehandelt haben würde, hätte er sich gegen seinen Willen in einem Raum eingeschlossen gefunden. Wurde Jason in seiner Art zu denken zu einem Fremden?
Als er später nachts die Bibliotheksregale des Stiftungsgebäudes durchsuchte, im Schein der pendelnden, nackten Sechzig-Watt-Birnen, unter ihren an Heiligenscheine erinnernden Reflektoren, stellte sich Jason diese Frage selbst, als er das Spiegelbild seines Gesichts in den nachtschwarzen Fenstern zwischen den Regalen erblickte.
Und sein Bild hatte keine Antwort für ihn.
13
Das Expeditionsschiff beförderte achtundfünfzig Expeditionsmitglieder. Hierin waren der Kapitän und der Schlüsselträger mit inbegriffen.
Kurze Zeit nachdem sie von der Heimatwelt der Ruml gestartet waren, wandte sich Jason über das Interkomsystem des Schiffs an alle Expeditionsmitglieder. Er stand in der Steuerzentrale in der vorderen Schiffshälfte, dem Raum, in den die Quartiere des Kapitäns und des Schlüsselträgers mündeten. Der Kapitän stand neben ihm.
„Mitglieder der Expedition“, sprach er zu der Aufnahme-Kamera vor ihm. „Ihr alle wißt, daß wir den Auftrag haben, diese Expedition zur Welt der Verhüllten Leute erfolgreich durchzuführen und dann wieder mit Informationen nach Hause zurückzukehren, die es uns erlauben, jene Welt zu besiedeln. Für uns alle ist dies eine große Chance. Sobald die Welt für die Besiedlung freigegeben wird, werden wir alle als Mitglieder der Expedition in der Lage sein, uns niederzulassen und unsere eigenen Familien zu gründen. Ebenso wurden die sechs Welten, die die Rumlrasse außerhalb der Heimatwelt besitzt, kolonisiert, und ebenso wurden ihre führenden Familien gegründet.“
Er hielt inne. Er konnte sie sich bildhaft vorstellen, wie sie jetzt überall im Schiff standen, ehrenhaft, aufrecht und gespannt zuhörend.
„Der Erfolg dieser Expedition“, fuhr er fort, „muß uns deshalb in Ehren sehr viel mehr bedeuten als irgend etwas anderes in unserem Leben. Ich, euer Schlüsselträger, gebe mich ganz dieser Bedeutung hin. Ich verspreche euch allen die gleiche unparteiische Haltung, die ihr von den Oberhäuptern eurer eigenen Familien erwarten würdet. Und ich verpflichte mich selbst, mit einem Forschungsbericht über den Planeten der Verhüllten Leute zur Heimatwelt zurückzukehren, der diese Expedition rechtfertigen wird. Ich verpflichte mich, eine perfekte Expedition durchzuführen …“
Wieder hielt er inne.
Er spürte ein Singen in seinen Adern, ein Aufwallen jener Kraft und jenes Vertrauens, das er zum erstenmal verspürt hatte, als er auf das Artefakt gestoßen war, und das ihn dann das Duell
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