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Mit den Augen der Fremden

Mit den Augen der Fremden

Titel: Mit den Augen der Fremden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gordon R. Dickson
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zu glauben, nachdem er gesehen hat, wie Kator starb und die Ruml kamen. Sag ihm, das Problem betrifft beide Rassen, die unsere und die Ruml. Beide Rassen haben den Instinkt, die Rasse zu bewahren und sie durch das Überleben der Tüchtigsten zu verbessern, aber wegen grundlegender Unterschiede in der Entwicklung sind zwei absolut verschiedene Kulturen daraus geworden. Kulturen, deren Instinkte mit Sicherheit einen Zusammenstoß herbeiführen werden, wenn sie einander nicht verstehen lernen. Kannst du das begreifen?“
    „Ich … glaube schon …“ Sie führte ihn immer noch im Zimmer auf und ab.
    „Ich hab’ ohnehin keine Zeit, es zu wiederholen“, sagte er. „Ich will also fortfahren. Unter den Menschen war die erste Schutzeinheit die Familie. Dann der Clan, der Stamm, und das dehnte sich aus bis zur Nation und der Gruppe von Nationen. Und dadurch kamen immer mehr Leute in die Kategorie ‚nicht fremd’. Bis wir schließlich begannen, die ganze Bevölkerung der Welt in eine sich selbst schützende Gruppe einzubeziehen. Schön …“
    Plötzlich hielt er inne; seine Beine zitterten. „Ich setze mich besser eine Weile“, sagte er.
    Sie führte ihn zum Bett zurück, und er setzte sich auf die Kante, wobei er sich in dem lächerlichen Krankenhausnachthemd mit seinen Bändern am Rücken recht komisch vorkam. „Jedenfalls – das Auftauchen einer intelligenten fremden Rasse hat sowohl in uns als auch in den Ruml die alten, gegen Fremde gerichteten Schutzgefühle wachgerüttelt, jene Gefühle, die ihren Ursprung bei den Menschen in der primitiven Zusammenrottung der Familie haben – und bei den Ruml in etwas anderem.“
    „Etwas anderem?“ wiederholte Mele.
    „Ja. Das ist es, was ich dir erklären möchte. Der Instinkt, der Menschen dazu veranlaßt, sich im Angesicht der Gefahr vor einem fremden Feind zusammenzurotten, basiert auf den primitiven Banden der Zuneigung, und zwar nicht nur in der menschlichen Familie, sondern bei allen höheren Säugetieren. Das ist es, was Elefanten dazu veranlaßt, einen der ihren zu stützen, wenn ein Jäger ihn angeschossen hat. Diese Reaktion erwächst aus der Zuneigung zwischen Mutter und Kind, zwischen dem männlichen Elternteil – und so weiter. Aber die Ruml kennen diese Art von Zuneigung nicht.“
    „Aber sie haben doch Familien. Du redest doch immer von ihren Familien.“
    „Nicht im gleichen Sinne wie wir“, sagte Jason. „Ein junger Ruml verbringt die Jahre, in denen seine Persönlichkeit geprägt wird, nur halb bewußt im Tragebeutel seiner Mutter. Kurz nachdem er ihren Beutel verläßt – das wäre bei einem männlichen Kind etwa im Alter von zehn Jahren, aber die Ruml reifen schneller als wir –, hat er bereits vergessen, wie sie aussah. Die Jahre der Zuneigung eines menschlichen Kindes sind bei einem Ruml verloren. Die einzige Zuneigung, zu der sie auf individueller Basis fähig sind, ist eine Art warmer Bewunderung zwischen männlichen Wesen und eine momentane, vorübergehende Liebe zwischen Mann und Frau, die aber in keinerlei Beziehung mit dem Auftauchen ihres Kindes in der Rumlgesellschaft, zehn Jahre später, steht.“
    Mele runzelte die Brauen.
    „Aber … die haben doch eine Gesellschaft?“ sagte sie.
    „Aber eine völlig andere Gesellschaft. Ich habe dir doch gesagt“, erklärte Jason, „daß bei ihnen die Familie nicht die Grundlage ihrer sozialen Reaktion ist. Aber sie haben den gleichen Rasseninstinkt für das Überleben. In ihrem Fall drückt er sich in ihrem Ehrbegriff aus.“ Er sah sie ernst an. „Begreifst du?“
    Sie schüttelte den Kopf.
    „Ich verstehe nicht, wie man Ehre …“
    „Das ist es ja gerade. Ein Mensch kann sich das nicht vorstellen. Es sei denn“, sagte Jason mit einem schiefen Lächeln, „er hätte so wie ich eine Weile in einem Rumlgehirn gelebt. Du mußt es mir einfach glauben. Jeder wird es mir glauben müssen. Es stimmt. Glaub mir, ein Ruml reagiert ebenso stark und emotionell auf eine mögliche Bedrohung seiner Ehre oder seines Ehrsystems, wie ein Mensch auf eine Bedrohung seines Kindes reagiert.“ Jason stemmte sich vom Bettrand hoch. „Ich will wieder gehen. – Er reagiert ebenso stark und ebenso primitiv.“
    „Aber warum?“ sagte Mele und half ihm. „Wie kann er denn auf etwas so … so Kaltes und Abstraktes reagieren? Ich meine, warum sollte er das?“
    „Weil“, keuchte Jason und biß die Zähne zusammen, „weil das die Art und Weise ist, wie das Rumlsystem des rassischen Überlebens und der

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