Mit den scharfen Waffen einer Frau
finden? Nikki wäre niemals so weit hinausgelaufen. Oder war sie in eine andere Richtung gerannt? Vielleicht wäre es das Beste, zum Haus zurückzukehren und eine Suchmannschaft zusammenzustellen. Mit Taschenlampen, irgendetwas.
Aber sie konnte doch nicht ohne Nikki hier weggehen. Jericho musste allein los, um Hilfe zu holen. In der Zwischenzeit würde sie weiter Ausschau halten. Sie musste den kleinen Hund einfach wiederfinden.
Nikki war ihre einzige Verbindung zu Brant, die ihr noch blieb. Die Vorstellung, dass Nikki etwas Schlimmes zugestoßen sein könnte, brachte Daisy fast um den Verstand. Sie war so aufgelöst, dass sie laut aufschrie, als ihr Handgelenk gepackt und sie grob umgedreht wurde.
„Stopp“, ermahnte Jericho sie und umfasste ihre Unterarme. „Du wirst diesen verfluchten Hund nicht finden, wenn du weiter wie eine Verrückte durch den Wald rennst. Verdammt noch mal, du weißt ja nicht einmal, wo du bist! Wie willst du sie finden, wenn du dich selbst verirrst?“
Erschrocken, aber überzeugt flüsterte sie: „Ich werde sie finden. Ich halte einfach weiter Ausschau nach ihr. Ich darf sie nicht verlieren. Sie ist alles, was ich habe. Meine Familie. Sie ist …“
Er schüttelte sie unsanft, damit sie wieder zur Vernunft kam. Dann ließ er sie los und trat einen Schritt zurück. „Wenn du noch tiefer in den Wald läufst, wirst du noch in irgendeiner Schlucht enden. Du kennst diese Wälder nicht.“
„Nein, ich nicht. Aber du“, entgegnete Daisy und griff in sein Hemd. „Finde sie, Jericho. Bitte finde sie!“
Widerstrebend erwiderte er: „Also gut. Aber du gehst sofort zurück zum Lager.“ Er drehte sie in Richtung Lagerfeuer um und stieß sie leicht an. „Na los, geh zum Feuer und warte dort. Sonst muss ich am Ende noch dich und diesen idiotischen Köter suchen.“
Sie wollte widersprechen, ihm sagen, dass sie keine Lust hatte, auf ihren Retter zu warten … Doch dann begriff Daisy, dass er recht hatte. Das hier war sein Terrain, er kannte sich in den Wäldern aus. Ging sie mit ihm, würde sie alles nur noch komplizierter machen.
Nikki zuliebe wollte sie tun, was er sagte. „Okay, okay. Ich bleibe hier. Aber bitte finde sie, Jericho. Sie hat bestimmt furchtbare Angst …“
Während er verärgert vor sich hin murmelte, bedeutete er ihr mit einem Nicken erneut, zum Lager zurückzugehen. Wenig später war er nahezu lautlos im Wald verschwunden.
Zitternd ging Daisy zum Lagerfeuer zurück. Lange still sitzen konnte sie allerdings nicht. Wie auch? Sie war allein, Jericho strich durch die Dunkelheit, und Nikki … Wenn ihrem Hund etwas passiert war …
Ruhelos marschierte sie ums Lagerfeuer, ihre Gedanken rasten, ihr Herz klopfte wie wild. Als sie das Heulen der Kojoten hörte, lief es ihr eiskalt den Rücken hinunter. Was, wenn die Bestien hungrig waren und den kleinen Pudelsnack entdeckten? Vielleicht würde Jericho ihren kleinen Liebling niemals finden, weil …
„Ihr geht’s gut“, riss Jericho sie aus den Gedanken.
Sie wirbelte herum.
Eine zitternde Nikki auf den Armen, trat er in den Schein des Feuers.
„Du hast sie gefunden!“ Mit einem Satz war Daisy bei ihm, nahm ihm den Hund ab und sprach tröstend auf Nikki ein. Jericho beobachtete sie dabei amüsiert.
„Wo war sie?“
„Kauerte unter einem Felsstein“, sagte er kopfschüttelnd. „Sie hat dermaßen gezittert, dass der Baum neben dem Felsen fast seine Blätter verloren hätte. Einen wirklich scharfen Wachhund hast du da.“
Nikki schleckte mit ihrer rosa Zunge über Daisys Gesicht und warf Jericho einen unterwürfigen Blick zu.
„Jetzt machst du dich wieder über sie lustig. Trotzdem hast du sie gerettet. Armer Liebling, ganz allein in dem dunklen Wald.“ Als sie den Blick hob und Jericho ansah, begann ihr Herz stark zu klopfen. „Danke, dass du sie gefunden hast. Ich hatte solche Angst.“
„Schon in Ordnung. Ist ja alles gutgegangen.“
„Ich weiß nicht, was ich getan hätte, wenn ihr etwas zugestoßen wäre.“
„Ist es ja nicht.“
„Weil du da warst. Mein Held.“
Er runzelte die Stirn. „Ich bin kein Held.“
Doch, das ist er, dachte Daisy, als sie ihm nachblickte, während er zum Fluss ging. Wahrscheinlich musste er einen Moment allein sein. Und Jericho King mochte sich weigern, ein Held zu sein. Doch das änderte nichts an der Tatsache, dass er ein Mann war, auf den man zählen konnte. Ein bewundernswerter Mann.
Der perfekte Mann für ihr Kind.
Als er aufwachte, hatte sich nicht nur
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