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Mit einem Bein im Knast: Mein Versuch, ein Jahr lang gesetzestreu zu leben (German Edition)

Mit einem Bein im Knast: Mein Versuch, ein Jahr lang gesetzestreu zu leben (German Edition)

Titel: Mit einem Bein im Knast: Mein Versuch, ein Jahr lang gesetzestreu zu leben (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jürgen Schmieder
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Directors Club; er galt als einer der erfolgreichsten Werbefachmänner. 2006 gründete er eine Agentur für Edel-Callgirls, im Gespräch mit der Süddeutschen Zeitung sagte er Ende 2011: »In der Werbebranche heißt es eh: Wir sind alle Huren.« Seine Angestellten seien allesamt finanziell unabhängige Akademikerinnen, die Umgangsformen seien freundlich, die herausragenden Damen würden pro Nacht 1800 Euro verdienen.
    »Es gibt zwei Seiten in diesem Gewerbe«, sagt die Frau, mit der ich mich treffe und die sich nicht Tiffany nennt oder Fantasy oder Destiny, sondern für ihre Kunden Namen wie Mercedes Derant oder Silvia Müller annimmt: »Den einen hat das Gesetz geholfen, weil es Regeln gibt, an die man sich halten kann und die für ein seriöses Klima sorgen. Den anderen geht es immer noch beschissen. Da hilft kein Gesetz auf der Welt.«
    Sie habe das Glück, zur ersten Kategorie zu gehören: »So ist das Leben. Vor allem aber ist das Leben keine Männerfantasie.«
    Dann verabschiedet sie sich. Sie muss nicht arbeiten. Sie will zu einem Konzert. Mit einer Freundin.
    Und ich bin erst einmal damit beschäftigt, die Trümmer in meinem Gehirn aufzuräumen.

Kapitel 29
Früher war alles besser
    Ernest Hemingway hat in seinem Leben viele geniale Sätze geschrieben, über die Liebe, das Leben und die Menschen. Ein besonders fantastischer Satz von ihm lautet: »Das Kuriose an unserer Zeit ist, dass sie in nicht allzu ferner Zukunft einmal die gute, alte Zeit genannt werden wird.«
    Früher war alles besser.
    Mein Vater spricht gerne davon, wie es in den 60er-Jahren zugegangen ist, mein Opa dagegen schwärmte beim Schachspielen immer wieder von den 20ern und davon, dass damals noch Recht und Ordnung herrschten und die Leute noch Anstand und Manieren hatten. Mein Urgroßvater erzählte seinem Sohn, wie toll die Jahrhundertwende gewesen sei – und mein Ururgroßvater fand bestimmt die Zeit vor der Erfindung des Autos ganz prima, weil das Leben damals noch nicht so hektisch gewesen sei.
    Ein Neandertaler erklärte sicherlich seinem Sohn, dass es früher noch viel einfacher gewesen sei, das Mammut zu erlegen, seitdem nicht alle diese neumodischen Keulen verwenden und die Leute nur noch durch Zeichnungen in Höhlen kommunizieren würden, anstatt sich am Lagerfeuer bei einem schönen Mammutfilet auszutauschen.
    Nach dieser Definition müsste unser Planet kurz nach dem Urknall am besten dran gewesen sein. Ich meine, wenn man mal so drüber nachdenkt.
    Wir leben in einem permanenten Zustand der Nostalgie. Warum? Mögen wir die Gegenwart nicht?
    In der Gegenwart will offensichtlich keiner leben. Gegenwart ist uncool.
    Wir kämpfen. Wir tun so, als würden wir für oder gegen etwas kämpfen – gegen den Hunger, gegen Diktaturen, für Gerechtigkeit. Wir kämpfen für Frieden und merken nicht, dass das ein riesiger Widerspruch ist. Vielleicht lieben wir einfach nur den Kampf. Wir kämpfen mit Waffen, wir kämpfen mit Worten, wir kämpfen mit Geld.
    Wir kämpfen und kämpfen und kämpfen – und nur selten ist unser Planet nach dem Kampf auch nur einen Deut besser als davor.
    Das britische Magazin Intelligent Life fragte vor einigen Jahren berühmte Philosophen, welche Zeit denn die beste gewesen sei, um als Mensch auf diesem Planeten zu leben. »Rom zur Kaiserzeit«, erklärte einer und begründete es mit der Kultur, der wohlfunktionierenden Staatsform und dem ruhigen, aber doch spannenden Leben. Ein anderer wollte ins Österreich des 18. und 19. Jahrhunderts versetzt werden, um das Genie von Menschen wie Beethoven und Mozart live miterleben zu dürfen. Ebenfalls beliebt: die 20er-Jahre in den Vereinigten Staaten, China während der Ming-Dynastie und Frankreich in der Zeit nach dem Sturm auf die Bastille.
    Wenn sich Menschen in andere Epochen beamen, dann glauben sie stets, zur Aristokratie oder zumindest zur gehobenen Oberschicht zu gehören. Wer im alten Rom lebt, der ist natürlich ein bürgerlicher Patriarch, der Häuser und Sklaven besitzt, jede Woche ins Kolosseum wackelt und seinen Lieblingsgladiator anfeuert und nebenher mit Cicero über Gesetze philosophiert. Der Wiener des 18. Jahrhunderts ist freilich ein Kumpel von Mozart, speist regelmäßig am Hof und spaziert danach in Gärten, ehe er eine der zahlreichen Musen beglückt, die da durch das Labyrinth wandeln. Und wer es in die »Roaring Twenties« in den USA geschafft hat, der sieht sich entweder als cooler Mafiaboss – oder als cooler Polizist, der den coolen Mafiaboss

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