Mit einem Bein im Modelbusiness
wäre Peter nicht im richtigen Moment aufgetaucht, um mir zur Seite zu stehen. Mittlerweile denke ich sogar, dass ich ihn nicht ohne Grund kennengelernt habe. Es sollte einfach so sein. Ich meine, man kann sein Glück auch erzwingen. Alles, was man dafür tun muss, ist, seinen Arsch vom Sofa zu bewegen und sich nicht vor den unendlich vielen Möglichkeiten, die das Leben zu bieten hat, zu drücken. Pras Michel von den Fugees twitterte den schönen Satz: » Wir haben immer das Gefühl, dass gute Dinge nur den anderen passieren, vergessen dabei aber, dass wir diese anderen für die anderen sind.«
Das mit den anderen ist ohnehin so eine Sache. Außer Peter waren sie nämlich einstimmig der Meinung, dass ich in Mailand keine Chance hätte, da in diesem Jahr der Latin-Lover-Style angesagt war. Niemand würde einen blonden Jungen buchen, hörte ich von allen Seiten – immer und überall. Von meinem zusätzlichen Handicap ganz zu schweigen. Ich bin trotzdem gefahren und war am Ende fast das einzige blonde Model in der Stadt, weswegen ich auch viele Jobs bekam, bei denen dieser Look gefragt war. Die Bookings waren zwar nicht immer erstklassig, aber im Gegensatz zu den vielen Latinos, die schon in der Stadt waren, hatte ich wenigstens welche. Es wurde auch immer ein Honorar für mich ausgehandelt. Selbst wenn es nur 200 Euro waren, so konnte ich damit wieder die nächsten zwei bis drei Tage finanzieren. Es ist wirklich so, wie Eminem einmal gesagt hat: » Du kannst die Welt erobern und alles erreichen, was du dir vorstellst. Es liegt an dir, Baby, weil du ein Star sein kannst.«
Die Erfahrungen in Mailand haben mir einen unheimlichen Schub nach vorne gegeben, weil ich zum ersten Mal am eigenen Leib spürte, dass sich wirklich etwas bewegen lässt, wenn man den Mut aufbringt, seinen eigenen Weg zu gehen. Darum kann ich jedem, der einen Traum hat, nur raten: Lass dich nicht davon abbringen, auch wenn alle um dich herum sagen, dass dein Wunsch aussichtslos ist. Gerade dann!
Paris: Jean Paul Gaultier und die Gummibärchen
Nach einem kurzen Aufenthalt bei Lea in Hamburg flog ich weiter nach Paris. Jetzt nur nicht die Nerven verlieren, sagte ich immer wieder zu mir selbst, denn schon in der Schalterhalle des Aéroport Charles de Gaulle erkannte ich Dutzende Models, die alle das gleiche Ziel verfolgten wie ich. Sofort fingen die Gedanken in meinem Kopf an, sich im Kreis zu drehen: Schaffst du das? Kannst du dich gegen die Besten der Welt behaupten? Sieh sie dir doch an – hundertmal hübscher als du! Und sie können auf dem Laufsteg performen, was du mit deiner Karbongräte niemals schaffen wirst.
Sosehr ich es auch versuchte, diese dämlichen Gedankenschleifen ließen sich einfach nicht abstellen. Und je mehr Models mir über den Weg liefen und meine Hirngespinste mit Input versorgten, desto schlechter gelaunt wurde ich. Scheiße, wieso gab es dafür keinen Ausschalter? Es lief doch alles gut für mich. Ich war in Paris, der Stadt von Coco Chanel und Christian Dior, hatte eine Agentur, die sich um mich kümmerte, ein Apartment, das bezahlt war, unzählige Castings – wozu also der Brainfuck?
Ich trottete den langen Korridor in Richtung Ausgang und zog meinen kaputten Koffer hinter mir her. Die Atzen von der Gepäckbeförderung hatten ihn anscheinend so hart durch die Gegend geschmissen, dass ein Rädchen aus der Halterung gebrochen war und nun nervig am Boden schleifte. Die Wände des Ganges waren an beiden Seiten leicht verspiegelt, und ich konnte mich beim Gehen beobachten. Oh Mann, ich zog eine Miene wie hundert Jahre Regenwetter. Nach ein paar Metern fiel es mir wie Schuppen von den Augen, und ich fing laut zu lachen an. Ich verlangsamte meinen Schritt, sah mich an der Spiegelwand an, grinste, ging wieder etwas schneller, nickte belustigt und blieb dann mit einem zufriedenen Lächeln stehen.
Eddie hatte mir bei einem unserer Mittagessen, als wir auf das Thema Zukunftsängste zu sprechen kamen, mal gesagt: » Mario, was dir Kopfschmerzen bereitet und dich unglücklich sein lässt, ist selten die Situation selbst – es sind deine wirren Gedanken darüber.« Damals, in dem kleinen Café in Mailand, wusste ich nicht so recht, was er damit meinte, aber jetzt schien plötzlich alles sonnenklar: Ändere deine Gedanken, und du änderst dein Schicksal!
Lachen musste ich allerdings über eine andere Erkenntnis. Während ich mich umständlich durch den Korridor schleppte, stellte ich nämlich fest, dass es Mutter Natur mit
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