Mit einem Bein im Modelbusiness
Gebäudekomplex des riesigen Modeimperiums kaum zu erkennen, denn wenn man nicht genau hinsah, dachte man, einfach nur vor mehreren Häusern zu stehen. Ich lief dreimal daran vorbei, bis ich über einem Torbogen endlich den goldenen Schriftzug entdeckte – ARMANI . Ich wünschte mir Glück, atmete tief durch und ging hindurch.
Willkommen im Wunderland. Selbst der Pförtner, ein Gentleman der alten Schule, trug hier einen Anzug von Armani, was mir sehr imponierte. Das hatte Stil.
» Wo möchten Sie hin, junger Mann?«, fragte er höflich.
» Ja, äh, mein Name ist Mario Galla. Ich habe um 17 Uhr einen Termin.«
» Einen Moment bitte.«
Der Pförtner sah auf einer Liste nach und fuhr mit seinem edlen Füller, der wahrscheinlich mehr kostete, als ich in der vergangenen Woche verdient hatte, die Namen entlang, bis er stoppte, nickte und einen Haken machte.
» Signore Galla«, blickte er freundlich zu mir auf. » Gehen Sie bitte weiter bis in das Atrium und halten Sie sich dann immer rechts. Man erwartet Sie bereits.«
Seine Worte klangen wie aus dem Drehbuch eines alten Schwarzweißklassikers mit Humphrey Bogart.
Als ich den bombastischen Innenhof erreichte, blieb ich abrupt stehen, um diese neuen Eindrücke erst einmal zu verarbeiten. Wow! Um eine penibel gepflegte Grünfläche, auf der wunderschöne Blumen und Pflanzen blühten, rankte sich ein Anwesen, das wie ein alter majestätischer Gutshof aussah – eine paradiesische Oase mitten in der Stadt. Als hätte Hollywood hier seine eigene Fantasieversion vom Casa Armani erschaffen.
Der Pförtner beobachtete mich von seinem Platz und gab mir winkend Handzeichen, in welche Richtung ich jetzt zu gehen hatte. Ich nickte und machte einen Schlenker nach rechts, doch ich war vom Anblick dieses Märchenpalastes derart fasziniert, dass ich mich direkt verlief. Nach wenigen Metern stand ich vor einem Eingang, dessen Treppen sowohl nach unten, als auch nach oben führten. Hätte ich doch besser zugehört! Ich konnte mir allerdings nicht vorstellen, dass Armani im Keller arbeiten würde, also nahm ich den Weg nach oben und stand wenige Augenblicke später am Durchgang einer traumhaften Schneiderei. Da entdeckte ich ihn: Giorgio Armani hielt gerade ein paar Stoffe in den Händen und sprach mit seinen Mitarbeitern. Mein Herz schlug schneller und schneller. Ich hatte mir noch immer nicht überlegt, was ich zu ihm sagen sollte.
Er wollte mich ja sehen, beruhigte ich mich schnell, also tue ich einfach ganz cool und versuche, mir nichts anmerken zu lassen.
Armani drehte sich um und schaute zu mir herüber. Hatte ich in seinem Gesicht etwa ein Lächeln erkannt? Was dann geschah, war völlig verrückt!
Die Zeit blieb stehen. Armani unterbrach sein Gespräch, ließ die Stoffe fallen und stürmte auf mich zu.
» Der Junge hier«, rief er seinen Leuten zu und schnipste mit seinen Fingern wild durch die Luft. » Der Junge ist es! Mamma mia! Kampagne, Kampagne!«
Ich stand wie angewurzelt da und brachte kein Wort heraus.
» Mein Junge«, strahlte mich Giorgio an, während er mir zur Begrüßung beide Wangen küsste. » Wer bist du? Wo kommst du her? Wieso bist du erst jetzt hier? Und wieso siehst du überhaupt so verdammt gut aus? All die Jahre habe ich auf jemanden wie dich gewartet. Oh, Mario …«
Illusion und Wirklichkeit
Georgio packte mich von hinten ohne Vorwarnung an der Schulter und stieß mich weg. Moment mal, dachte ich noch. Er steht doch vor mir. Wie kann er gleichzeitig hinter mir sein?
» Raus hier! Sofort!«, hörte ich eine Stimme rufen.
Wie? Was?
Dann erwachte ich aus meinem Tagtraum. Zwei Angestellte standen plötzlich neben mir und schoben mich aus der Schneiderei. Nichts von alldem war wirklich passiert.
» Aber ich …«
» Du hast hier nichts zu suchen. Raus!«
» … habe doch einen Termin.«
Armani stand noch immer am selben Fleck und begutachtete die Stoffmuster. Er hatte sich keinen Zentimeter in meine Richtung bewegt. Nicht mal Notiz nahm er von mir. Ich wollte noch rufen: » Giorgio, hier bin ich. Ich bin’s. Der Mario.« Doch dann kam auch schon der Pförtner hektisch auf mich zugestürmt.
» Runter, du musst runter!«, fauchte er mit grimmiger Miene.
Was soll ich denn unten?, wunderte ich mich. Giorgio war doch hier! Etwas hilflos versuchte ich den Blickkontakt wieder herzustellen. Er könnte immer noch » Stopp!« rufen, doch der Maestro war längst wieder in seine Arbeit vertieft. Ich verstand die Welt nicht mehr.
Der Pförtner ging
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