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Mit einem Bein im Modelbusiness

Mit einem Bein im Modelbusiness

Titel: Mit einem Bein im Modelbusiness Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lars Mario und Amend Galla
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eine Ansage, nicht so ein jämmerliches Weichei zu sein. Ich wusste, wie er es meinte, und er hatte ja auch Recht damit. Er zog den Stuhl ans Bett, erzählte vom Prada -Casting und welche Mädchen er unterwegs getroffen hatte.
    » Wie viele heute?«, lachte ich.
    » Telefonnummern?«, grinste er zurück.
    » Was sonst!«
    » Zwei.«
    » Alter Pimp, du!«
    Jonathan war ein richtiger Gangster. Früher war er Mitglied einer richtigen Gang und ziemlich hart drauf. Jedenfalls erzählte er das immer. Ich glaubte ihm jedes Wort, denn im Gegensatz zu den anderen Models, die sorgsam auf ihre Schönheit achteten, lieferte er sich in regelmäßigen Abständen amtliche Diskoprügeleien, kam aber nie mit einem blauen Auge nach Hause. Er kannte sich aus im Straßenkampf – ein echter G eben. Natürlich war er total verrückt, wie solche Jungs eben sind, aber wenn er cool mit einem war, dann hattest du mit ihm einen Schutzengel, der immer auf dich aufpasste. Ich war froh, dass er da war.
    » Zeig mal her!«, sagte Jonathan bestimmend und deutete mit einer Kopfbewegung auf mein Bein.
    Ich schlug, ohne zu zögern, die Decke zur Seite, und er beugte sich begutachtend darüber. » Hm, hm«, nuschelte er und verließ das Zimmer.
    Eine halbe Minute später kam er mit einem professionellen Medizin-Kit zurück und setzte sich neben mich aufs Bett.
    » Hör mir jetzt gut zu, Homie. Solche Wunden habe ich schon bei Leuten aus meiner Community gesehen. Wenn du das nicht schnellstens versorgst, kann sich das fies entzünden. Es gibt nur zwei Möglichkeiten, entweder du gehst morgen früh sofort zum Arzt, oder du schneidest das Ding selbst auf und desinfizierst es.«
    » Aufschneiden?«, stammelte ich irritiert.
    » Mann, guck mich nicht so wehleidig an. Das Ding an deinem Bein, was deine Schmerzen verursacht, ist voller Eiter und sonstigem ekligen Scheiß. Das muss alles raus. Also, was ist jetzt?«
    » Auf Krankenhaus hab ich, ehrlich gesagt, keinen Bock.«
    » Jawohl, das ist mein Mann, John J. Rambo«, klatschte Jonathan zufrieden in die Hände und öffnete das Medizin-Kit. » Wir haben hier alles, was du brauchst: Skalpell, Bandagen, Pflaster, Desinfektionsmittel …«
    » Und wann soll ich das machen?«, unterbrach ich ihn.
    » Na, jetzt sofort!«
    Mir wurde ganz anders.
    » Und wenn ich es nicht kann?«
    » Pfff, dann mach ich es eben!«, grinste er. » Aber Homie, glaub mir, das willst du nicht.«
    » Also schön«, sagte ich kurz entschlossen und schnappte mir seinen Medizinkoffer. » Mal sehen, ob die vielen Folgen von Dr. House irgendwas gebracht haben.«
    » That’s my boy!«
    Ich hüpfte ins Bad und schloss hinter mir die Tür. Umständlich wurschtelte ich mich aus der Trainingshose und setzte mich auf den Rand der Badewanne. Ohne lange darüber nachzudenken, nahm ich das Skalpell in die Hand, hielt die Luft an und schnitt die Beule auf. Rambo war ich nicht gerade, denn ich schrie mir die Lunge aus dem Leib.
    » Mario, alles klar?«, hörte ich eine Stimme aus dem Flur rufen.
    » Jaja«, fauchte ich zurück und schob mir sofort ein Handtuch in den Mund, um nicht das ganze Haus zusammenzuschreien.
    Ich quietschte wie ein Schwein, das gerade abgestochen wurde. Die Tränen liefen mir übers Gesicht. Ich presste auf die Eiterbeule, und eine zähflüssige braune Soße lief heraus, die so widerlich nach Fäulnis stank, dass ich fast in die Wanne gekotzt hätte. Nachdem die Suppe draußen war, nahm ich die Brause und spülte die Wunde mit kaltem Wasser aus. Dann schüttete ich das Desinfektionsmittel über die offene Stelle und hätte ohne mit der Wimper zu zucken einen Pakt mit dem Teufel geschlossen, wenn er mich nur von diesem unerträglich brennenden Schmerz befreit hätte. Eine Trilliarde Chilischoten waren nichts dagegen. Ich versuchte, die Wunde so steril wie möglich mit einer Mullbinde abzubinden, doch ich schaffte es kaum noch, mich länger als drei Sekunden am Stück zu konzentrieren. Ich wollte nur noch in mein Bett zurück und schlafen. Ich war mit meinen Kräften völlig am Ende.
    Die Jungs waren so cool. Angelockt von meinen Schreien, warteten sie vor der Badezimmertür und schauten mich besorgt an, als ich kreidebleich in den Flur gehumpelt kam. Wahrscheinlich hatte Jonathan ihnen schon erzählt, was sich im Bad abspielte. Séco, der Franzose, und Xavier, der Portugiese, packten mich sofort seitlich an den Armen, damit ich den Weg in mein Zimmer nicht wie ein Krüppel hüpfen musste. Alle standen an meinem Bett, um mir

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