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Mit einem Fuß im Himmel

Mit einem Fuß im Himmel

Titel: Mit einem Fuß im Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Louise Fischer
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Blumenschaufensters so viel Licht bekam, daß sie gut zu sehen war. Noch immer sang er, wenn auch mit halber Lautstärke.
    Erst als er im Treppenhaus stand, wurde er sich seiner Situation, der Situation eines spät in der Nacht angeheitert heimkehrenden Ehemannes bewußt. Das Lied vom gebrochenen Herzen brach urplötzlich ab. Oskar setzte sich auf eine der Stufen, zog sich mühsam und ächzend die Schuhe aus und tappte dann auf Socken und Zehenspitzen so geräuschlos wie möglich nach oben.
    Therese hatte tief und fest geschlafen, als sie einen Lärm vor der Wohnungstür hörte — das konnte nur Oskar sein! Da wurde sie hellwach, schlüpfte in ihren geblümten Morgenrock und in die Pantoffel, eilte in die Diele und tauchte wie eine furchtbare Vision vor Oskar auf, der gerade hereingekommen war.
    »Oskar!« rief sie und durchbohrte ihn mit einem vernichtenden Blick.
    Oskar Hähnlein rang um Haltung. »Guten Abend, mein Täubchen!« grüßte er mit vollendeter Harmlosigkeit.
    »Guten Morgen willst du wohl sagen!« parierte Therese giftig.
    Oskar schwankte auf sie zu. »Sei nicht böse zu mir, mein Täubchen«, lallte er, »darfst nicht böse sein zu deinem Oskar! Komme von einer sehr schwierigen geschäftlichen Besprechung!«
    Jetzt stand er dicht vor ihr und versuchte, sie zärtlich in seine Arme zu nehmen.
    »Rühr’ mich nicht an!« schrie Therese auf und wich einen Schritt zurück.
    »Aber was hast du denn, mein Täubchen?« erkundigte sich Oskar mitfühlend, aber völlig verständnislos.
    Was Therese hatte, sollte er alsbald erfahren. »Meinst du wirklich, ich wisse nicht, wo du dich herumgetrieben hast?« zeterte sie los. »Bei deiner Geliebten warst du! Leugne nicht! Schau nur in den Spiegel! Lippenstift hast du auf der Backe... du... du Wüstling!«
    »Ich... ich schwöre dir, Täubchen...«
    »Schwöre mir nichts! Du schwörst dich um deine ewige Seligkeit!«
    »Aber... wenn ich dir doch schwöre...«, wiederholte er hartnäckig und versuchte, sich ihr wieder zu nähern.
    »Spare dir deine falschen Schwüre... du... du!« Therese versagte die Sprache.
    »Mein... mein liebes Täubchen...«, sagte er zärtlich, und es gelang ihm, einen Arm um ihre Schulter zu legen.
    Therese schüttelte ihn ab und wich wieder einen Schritt zurück. »Rühr mich nicht an, habe ich dir gesagt! Du riechst nach Alkohol und dem billigen Parfüm deiner Kokotte! Oskar! Schämst du dich nicht! Schämst du dich nicht, mir so vor die Augen zu treten?! Mir, deiner angetrauten Ehefrau?«
    »Ich... ich schwöre dir...«
    »Oh, hör auf mit deinen Schwüren! Hör endlich auf damit! Du bist ein schlechter Mensch! Ein durch und durch verkommener Mensch! Oh, hätte ich doch auf meine Mutter gehört! Wie recht hat sie gehabt, als sie mich vor dir warnte! Aber ich war ja blind! Blind und dumm bin ich in mein Unglück gerannt!« Therese schlug die Hände vors Gesicht und brach in Tränen aus.
    »Mein... mein Täubchen...«, stammelte Oskar mit schwerer Zunge, aber tiefempfundener Zärtlichkeit, und jetzt gelang es ihm tatsächlich, sie in die Arme zu nehmen. Sie lehnte an seiner Brust und schluchzte zum Steinerweichen.
    »Mein Täubchen«, wiederholte er hilflos.
    »Oskar... wie... wie konntest du mir das antun?« schluchzte sie.
    »Will’s nie, nie wieder tun, mein Täubchen«, versprach er gerührt.
    »Ach, Oskar, ich bin so unglücklich! Ich bin die unglücklichste Frau auf der ganzen Welt!«
    »Mußt ja nicht unglücklich sein, Täubchen. Ist ja schon alles wieder gut!« tröstete er und fühlte erleichtert, daß ihr Tränenstrom allmählich versiegte. »Hast du nicht etwas zu essen für mich, mein Täubchen?« fragte er arglos.
    Das war zuviel, das war entschieden zuviel. Erst hatte er Thereses Herz gebrochen, und nun verlangte er auch noch etwas zu essen von ihr — in dieser Situation, gerade als sich Therese innerlich dazu durchgerungen hatte, ihm noch einmal zu verzeihen!
    »Nein!« schrie sie auf und riß sich aus Oskars Armen. »Nein, ich habe nichts zu essen für dich! Nie wieder habe ich etwas zu essen für dich! Laß dir von deiner Geliebten etwas zu essen geben, wenn du Hunger hast! Von deiner Geliebten, für die du das Geld zum Fenster hinauswirfst, mit der du Orgien feierst, während ich zu Hause darbe!« Ein neuer Tränenstrom schüttelte Therese. »O Gott, warum muß ich das erdulden!«
    »Aber mein Täubchen...«, versuchte es Oskar, der von diesem neuerlichen Ausbruch völlig überrumpelt und weit davon entfernt war, seine

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