Mit einer Prise Glück und Liebe
hergekommen, weil ich dich sehen wollte«, sagte er mit einer Handbewegung in Richtung des Pfads zwischen den Tomaten und dem Maisfeld. »Könnten wir ein Stück gehen?«
»Ja. Klar.« Seine Nähe und sein Duft machten mich leicht benommen. Wir waren noch nie Seite an Seite spazieren gegangen. Seine Beine, das sanfte Schwingen seiner Arme, der Klang seiner Stimme – all dessen war ich mir überdeutlich bewusst.
Irgendwann blieb er stehen und wandte sich mir zu. »Ich bin hergekommen, weil ich dir sagen wollte, dass ich in den Osten zurückgehe. Es ist an der Zeit, mit dem Selbstmitleid aufzuhören und wieder durchzustarten. Ich habe einen Lehrer gefunden, von dem ich glaube, dass er mir helfen kann.«
Tränen brannten in meinen Augen. »Oh! Äh, und wann fährst du?«, brachte ich mühsam hervor.
»Jetzt«, sagte er und lächelte. »Ich bin praktisch schon unterwegs, aber ich konnte nicht losfahren, ohne dir zu sagen, wie sehr du …« Er hielt inne und blickte in den Sonnenuntergang. Das rote Licht des schwindenden Tages fing sich in seinem Haar, und ich sehnte mich danach, es zu berühren. Er stemmte die Hände in die Hüften und sah mich an. »Wie sehr du mir geholfen hast.«
»Habe ich das?« Unwillkürlich hob ich die Hand und berührte meine Kehle. »Ich?«
Er blickte über die Schulter zum Haus, das hinter dem Maisfeld verborgen lag, und trat einen Schritt auf mich zu. »Ja. Du.« Er nahm meine Hand, legte sie auf seine Brust und bedeckte sie mit seiner eigenen Hand. »Die Begegnung mit dir hat mein Leben verändert, Ramona. Ich fand, das solltest du wissen.«
»Inwiefern?«, flüsterte ich, obwohl ich nicht sicher war, ob ich die Antwort über das ohrenbetäubende Hämmern meines Herzens hinweg überhaupt würde hören können.
»In hunderterlei Hinsicht«, antwortete er. »Aber in erster Linie dadurch, dass du aufgetaucht bist.«
»Aber du hast mir geholfen«, sagte ich. »Du bist …«
Er schüttelte den Kopf und berührte mit seiner freien Hand meine Wange. »Ich bin zu alt für dich.«
Seine Handfläche war warm, und der Duft seiner Haut stieg mir in die Nase, so betörend, dass ich kein Wort mehr herausbrachte. Stattdessen konnte ich nur dastehen und ihm in die Augen sehen. Und warten.
»Ich wünschte, es wäre nicht so«, sagte er schließlich, hob mein Kinn an und beugte sich zu mir herab. Seine vollen Lippen legten sich auf meine, hauchzart. Sein Kuss hatte etwas beinahe Ehrfürchtiges, ein Gefühl, das ich tief in meinem Herzen spürte. Meine Augen füllten sich mit Tränen, während ich seinen Kuss erwiderte.
Nach einem Moment drehte er leicht den Kopf und vertiefte seinen Kuss. Ich spürte seine Finger neben meinem Ohrläppchen. Seine Lippen waren weich und voll, seine Zunge heiß. Sie schien meine gesamte Mundhöhle auszufüllen. Ich spürte sein Herz unter meiner Handfläche ebenso hämmern wie mein eigenes. Unser Kuss schien endlos anzudauern, während wir im Licht der untergehenden Sonne standen, an dieser magischen Grenze zwischen Tag und Abend.
Schließlich löste er sich von mir, ohne seine Hand von meinem Gesicht zu nehmen, und sah mir in die Augen. Es war, als würde er geradewegs in die Tiefen meiner Seele blicken. »Pass gut auf dich auf, Ramona.«
»Kannst du mir denn nicht schreiben oder so?«, fragte ich. Mein Herz fühlte sich an, als wäre es soeben in Stücke gerissen worden. »Ich werde dich vermissen.«
»Ich glaube, das wäre keine gute Idee«, meinte er. Ich spürte das aufrichtige Bedauern, das in seinen Worten lag.
Er ließ mich los, nahm meine Hand von seiner Brust und legte sie auf meine. »Leb wohl, Ramona.«
»Leb wohl«, erwiderte ich. Wie benommen stand ich da und sah ihm nach, bis die Rücklichter seines Mercedes verschwunden waren.
SCHRITT DREI:
Kneten und an einem warmen Ort gehen lassen
»Brotbacken gehört zu den wenigen Tätigkeiten, die einen in einen beinahe hypnotischen Zustand versetzen, fast wie der rituelle Tanz einer uralten Zeremonie. Es hüllt einen ein in die köstlichsten Düfte, die man sich nur vorstellen kann … keine chiropraktische Behandlung … keine Meditation zu den ohrenbetäubenden Klängen in einer Kirche vermag unerfreuliche Gedanken wirksamer zu vertreiben als die heimelige Tätigkeit des Brotbackens.«
M. F. K. Fisher, Die Kunst des Essens:
Anleitung zum Genuss
NEUNZEHN
Katie, heute
R amona hat Merlin verloren!
Angst und Wut schnüren Katie förmlich die Luft ab, als sie um das Haus herum in den Garten geht,
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