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Mit Haut und Haar: 6. Fall mit Tempe Brennan

Mit Haut und Haar: 6. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Mit Haut und Haar: 6. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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Papageienmarionette hingen einer Ecke von der Decke.
    Der Raum sah aus, als hätte jemand einen Ornithologen engagiert und dann bei »Papagenos Discounter« all die Einrichtungsgegenstände bestellt, die sich thematisch für das Büro eigneten.
    Tatsächlich aber hatte Rachel Mendelson ihr Büro selbst so eingerichtet. Als eine der führenden Ornithologinnen des Landes betrieb sie ihre Wissenschaft mit großer Leidenschaft. Sie lebte, atmete, schlief, trug und träumte wahrscheinlich auch Vögel. Auch in ihrem Zuhause wimmelte es von Vögeln, sowohl von lebendigen wie auch unbelebten. Bei jedem Besuch erwartete ich beinahe, dass ein Würger oder ein Löffelreiher auf dem Lehnsessel landen und sich die Fernbedienung schnappen würde.
    Ein Fenster nahm die obere Hälfte der Wand gegenüber der Tür ein. Die Jalousien waren halb geöffnet und gestatteten einen Blick auf das Van Landingham-Tal. Der Rhododendron-Wald flirrte in der vormittäglichen Hitze.
    Ein Schreibtisch stand mitten vor dem Fenster. Davor standen zwei Stühle, Massenware mit Metallgestell und gepolsterter Sitzfläche. Auf dem einen thronte ein ausgestopfter Lund, auf dem anderen ein Pelikan.
    Der Bürosessel sah aus wie etwas, das für Astronauten mit Rückenbeschwerden entworfen wurde. Darauf thronte Dr. Rachel Mendelson.
    Besser gesagt, begrub ihn unter sich.
    Sie sah auf, als wir eintraten, blieb aber sitzen.
    »Guten Morgen«, sagte Rachel und nieste zweimal. Ihr Kopf hob und senkte sich zweimal, ihr Haarknoten wippte.
    »Tut mir Leid, dass wir so spät dran sind«, sagte ich, als Rachel sich wieder erholt hatte. »Der Verkehr auf dem Harris Boulevard war furchtbar.«
    »Deshalb bin ich immer schon bei Sonnenaufgang auf der Straße.« Sogar ihre Stimme erinnerte an einen Vogel, ein merkwürdiges Zwitschern lag darin.
    Rachel zog ein Papiertaschentuch aus einem Spender in Eulenform und schnauzte sich laut.
    »’tschuldigung. Allergien.«
    Sie zerknüllte das Taschentuch, warf es in irgendeinen Behälter unter dem Schreibtisch und stemmte sich dann hoch.
    Wobei sie allerdings nicht viel an Höhe gewann, denn Rachel war nur gut eins fünfzig groß. Doch was der Frau an Höhe fehlte, machte sie an Breite wieder wett.
    Und Farbe. An diesem Tag trug Rachel Türkis und Limonengrün. Unmengen davon.
    Solange ich Rachel kannte, hatte sie Probleme mit ihrem Gewicht. Eine Diät nach der anderen hatte sie zuerst begeistert und dann enttäuscht. Vor fünf Jahren hatte sie es mit Gemüse und Slim-Fast-Drinks probiert und war damit auf neunzig Kilo gekommen, ihre absolute Bestmarke seit der Pubertät.
    Aber sosehr sie sich auch bemühte, nichts war von Dauer. Anscheinend sorgte eine bizarre Anomalie ihrer Chromosomen dafür, dass Rachels Normalgewicht bei einhundertdreizehn Kilo lag.
    Doch wie zur Entschädigung hatte die Doppelhelix ihr dichte rotbraune Haare geschenkt und die schönste Haut, die ich je gesehen hab.
    Und ein Herz, das groß genug war für ein ganzes Symphonie-Orchester.
    »Bonjour, Monsieur Ryan.« Rachel streckte eine pummelige Hand aus.
    Ryan küsste ihr die Fingerrücken.
    »Bonjour, Madame. Parlez-vous français?«
    » Un petit peu. Meine Großeltern stammten aus Quebec.«
    »Excellent.«
    Rachels Blick wanderte zu mir. Ihre Augenbrauen hoben sich und ihre Lippen formten ein winziges O.
    »Sagen Sie einfach ›Sitz, Kleiner‹«, half ich.
    Ryan ließ ihre Hand los.
    »Sitz, Kleiner.« Rachel drückte beide Handflächen nach unten.
    »Und Kleine.«
    Wir alle setzten uns.
    Ryan deutete auf eine Metallskulptur, die einen Stapel Hefte krönte.
    »Nette Ente.«
    »Das ist ein Seetaucher«, verbesserte ihn Rachel.
    »Hab ich mir fast gedacht, dass der bei dem Gewicht nicht oben schwimmen kann.« Ryan.
    »Es gibt Witze mit kürzerem Bart.« Rachel konnte genauso trocken sein wie Ryan. »Also. Was ist jetzt mit diesem toten Vogel?«
    Ohne unnötig ins Detail zu gehen, erklärte ich ihr die Situation.
    »Ich bin nicht gerade eine Koryphäe für Knochen, aber eine Kanone bei Federn. Gehen wir in mein Labor.«
    Enthielt Rachels Büro einige Dutzend Vogelarten, so beheimatete ihr Labor das gesamte aviarische Spektrum. Turmfalken. Würger. Moorhühner. Kondore. Kolibris. Pinguine. In einem Glasschrank am anderen Ende stand sogar ein ausgestopfter Kiwi.
    Rachel führte uns zu einem Arbeitstisch mit schwarzer Platte, und ich breitete die Knochen darauf aus. Sie hob eine halbmondförmige Lesebrille von ihrem Busen auf ihre Nase und stocherte in dem

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