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Mit Haut und Haar: 6. Fall mit Tempe Brennan

Mit Haut und Haar: 6. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Mit Haut und Haar: 6. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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Hand die Fahrertür auf und klemmte sich hinters Steuer.
    Slidell hatte Recht. Es schadete nichts. Aber es half auch nichts. Walter Cagle war so unansprechbar, wie Looper gesagt hatte.
    Sein Arzt konnte es nicht erklären. Cagles Vitalfunktionen hatten sich stabilisiert, und sein Herz war gesund. Seine Leukozyten, EEG und EKG waren normal. Der Mann wachte einfach nicht auf.
    Wir hatten das Krankenhaus gerade erst verlassen, da konnte Slidell sich nicht mehr halten.
    »Klingt nach Zoff im Schwulenreich.«
    Ich sagte nichts.
    »Die Prinzessin denkt, dass die Gräfin sich hinter ihrem Rücken den Pimmel streicheln lässt.«
    Keinen Ton.
    »Und es gefällt ihm nicht, dass der pfeifende Latin Lover so gut aussieht.«
    Als Slidell meine Miene sah, verstummte er. Aber er hielt es nicht lange aus.
    »Meinen Sie, dass Looper und die Gestapo-Sekretärin denselben Burschen beschreiben?«
    »Möglich ist es.«
    »Glauben Sie, dass Cagle mit diesem Kerl fremdgegangen ist?«
    »Vielleicht hat Looper sich diesen romantischen Aspekt nur eingebildet. Es hätte alles Mögliche sein können.«
    »Zum Beispiel?«
    Diese Frage hatte ich mir auch schon gestellt.
    »Ein potenzieller Student zum Beispiel.«
    »Gestapo-Gertie meinte aber, der Kerl, der nach Cagle gefragt hat, sei nicht mehr der Jüngste gewesen.«
    »Auch Erwachsene schreiben sich in College-Kurse ein.«
    »Jemand, der sich für das Fach interessierte, hätte im Fakultätssekretariat eine Nachricht hinterlassen.«
    Wohl wahr.
    »Irgendein Handwerker.«
    »Trifft man sich mit so einem in einem Café?«, fragte Slidell.
    »Ein Versicherungsmakler?«
    »Siehe oben.«
    »Walter Cagle ist ein erwachsener Mann.«
    Slidell schnaubte. »Macht wahrscheinlich Urlaub im YMCA.«
    Slidells Homophobie ging mir allmählich auf die Nerven.
    »Es gibt eine ganze Reihe von Leuten, mit denen Walter Cagle eine Tasse Kaffee hätte trinken können.«
    »Ein charmanter Junge mit irrsinnig gutem Aussehen, den niemand aus Cagles Umfeld je zu Gesicht bekommen hat.«
    »Viele Männer entsprechen dieser Beschreibung«, blaffte ich.
    »Echt?«
    »Echt.«
    »Richtige Männer?«
    »Traummänner.«
    »Kennen Sie welche?«
    »Der Freund meiner Tochter«, warf ich ihm entgegen, ohne nachzudenken.
    »Sind Sie sicher, dass er ein Junge ist?« Slidell strich sich über die Haare, wedelte mit der Hand und prustete über seinen eigenen Witz.
    Ich schloss die Augen und suchte nach einem passenden Songtext. The Eagles. Take it easy.
    Als wir Columbia hinter uns ließen, flackerte die Vier-Uhr-Sonne durch die Bäume wie Licht von einem Feuerrad. Ich war so wütend auf Slidell, dass ich auf dem ganzen Weg bis Charlotte kein Wort sagte. Als er sich eine Zigarette ansteckte, ließ ich einfach mein Fenster herunter und ging weiter in Gedanken die Ereignisse des Tages durch.
    Warum war ich mit dieser Bemerkung über Palmer Cousins herausgeplatzt? Hatte ich nur giftig auf Slidells Häme reagiert, oder war mein Unterbewusstsein mir wieder einmal voraus?
    Misstraute ich Palmer Cousins? Ehrliche Antwort: Ja.
    Warum? Weil er mit meiner Tochter ging? Weil er in seinem Beruf anscheinend so wenig Bescheid wusste? Weil er attraktiv war und in Columbia wohnte?
    Wen hatte Cagle in dem Café getroffen? Wer hatte die Anthropologische Fakultät besucht? Hatte einer dieser Männer mit dem Verschwinden von Cagles Bericht zu tun? War einer dieser Männer für Cagles Kollaps verantwortlich? Beschrieben Looper und Dolores denselben Mann?
    Immer wieder kehrte ich zu der einen Frage zurück.
    Wo war dieser Bericht?
    Ich schwor mir, es herauszufinden.
    Dieser Schwur trug früher Früchte, als ich erwartet hatte.

26
    Es war halb sechs, als Slidell mich vor dem MCME absetzte. Tim Larabee machte sich eben auf den Nachhauseweg.
    »Gibt’s was Neues über Ricky Don?«
    »Kein Hinweis auf eine Verletzung. Sieht nach einer Überdosis aus, aber wir müssen den toxikologischen Bericht abwarten.«
    »Haben Sie Anzeichen für chronischen Missbrauch gefunden?«
    »Ja. Aber das muss nicht heißen, dass ihn letzten Freitag nicht jemand um die Ecke gebracht hat.«
    Ich berichtete von meinem Abstecher nach Columbia.
    »Wo, haben Sie gesagt, wohnt dieser Cagle?«
    Ich sagte es ihm.
    »Looper hat ihn ins Richland Hospital gebracht?«
    »Ja.«
    »Komisch. Das Baptist ist doch gleich in der Nachbarschaft an der Ecke Sumter und Taylor.«
    »Richland ist nicht das nächstgelegene Krankenhaus?«
    »Nein.«
    »Vielleicht wusste Looper das nicht.«
    »Vielleicht.«

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