Mit Haut und Haar (German Edition)
mehr umgesetzt, aber darauf kam es nicht an. Tatsächlich hatte Clarissa sich in den vergangenen drei Monaten mehr Sorgen um Patrizia gemacht als um ihren eigenen Erfolg. Die Galerie lief, aber so viel warf sie nicht ab. Sie konnte sich nicht vorstellen, von was Patrizia lebte, von was sie diesen Lebensstil finanzierte: Penthouse-Eigentumswohnung und Sportwagen, ebenso ihr exquisiter Geschmack in Kleidungsfragen. Aber Patrizia klärte sie eines Nachmittags auf. Nach einem langen, ausgedehnten Liebesspiel erfuhr Clarissa alles Wichtige aus Patrizias Leben.
»Ich bin Tochter«, sagte sie, und lachte. »Tochter eines schwer reichen Mannes, für den eine Penthousewohnung ein Taschengeld ist.«
»Und der hat dir das alles bezahlt?«
Patrizia nickte.
»Ja. Die Wohnung. Mein Studium. Meine Drogen während meines Studiums, denn damals hab ich wirklich wilde Zeiten genossen. Meine Liebhaber. Meine Liebhaberinnen. Mein Auto. Meine Einrichtung. Meine Galerie. Und er überweist mir noch immer monatlich einen Haufen Geld, nur damit ich nicht auf die Idee komme, ihn zu besuchen oder ihm gar Vorwürfe zu machen.«
»Magst du drüber reden?« fragte Clarissa, und augenblicklich hatte sie den mitleidigen Gesichtsausdruck, den sie sofort bekam, wenn sie erfuhr, dass ein Mensch nicht die Liebe und Wärme in einer Familie erfahren hatte, die eigentlich jedem Menschen zustand.
Patrizia zuckte mit den Schultern und steckte eine Zigarette in ihre Spitze, zündete sie an und rauchte in tiefen Zügen. Sie lag bequem in die vielen Kissen gelehnt, hatte ein Bein angewinkelt, das andere darüber geschlagen und rauchte aus der Zigarettenspitze. Eine sehr aufregende Pose. Diese Figur. Dieses laszive Rauchen. Oder waren es die außergewöhnlichen Haare?
»So viel gibt es da gar nicht zu erzählen«, sagte sie. »Mein Vater ist schwer reich, er besitzt Immobilien in ganz Deutschland, lebt von den Mieteinnahmen und baut weitere Immobilien. Er hatte einfach nie Zeit, weder für mich, noch für meine Mutter.«
Sie lachte, aber es klang bitter. »Aber für irgendwelche Schlampen, die er auf Partys kennengelernt hat, die er natürlich ohne meine Mutter besucht hat, hatte er jede Zeit der Welt. Und auch da hat er Kohle investiert in einer Höhe, da müssen wir gar nicht über die Bezahlung einer Penthousewohnung reden.«
Sie seufzte.
»Meine Mutter hat das eines Tages nicht mehr ertragen. Sie hat jahrelang alle möglichen Tabletten genommen um sich zu beruhigen, schließlich andere Tabletten, um den Depressionen zu entfliehen. Getrunken hat sie auch. Und eines Tages hat sie sich umgebracht. Sie hat sich einfach die Pulsadern aufgeschnitten.«
»Das ist schrecklich«, sagte Clarissa mitfühlend.
»Ja. Unsere Haushälterin hat sie gefunden. Ich war zu dieser Zeit im Internat. Ich war eigentlich während meiner ganzen Schulzeit im Internat. Mein Vater hatte keine Zeit sich zu Hause aufzuhalten und meine Mutter hatte keinen Nerv sich um mich zu kümmern. Sie hatte genug mit sich selbst zu tun. Und mit ihrem Kummer, als Frau eines schwerreichen Mannes, der sie von vorne bis hinten belügt und betrügt. Nun ja, irgendwann hatte ich mein Abitur, habe studiert, habe ein bisschen in der Kunstszene gejobbt. Ich habe Modell gestanden, mich fotografieren lassen und tatsächlich sogar in größeren Galerien Ausstellungen mit organisiert. Eines Tages habe ich diese Galerie aufgemacht. Gelebt habe ich hauptsächlich von Papas Geld und ich hab es krachen lassen, das kannst du mir glauben. Ich hab kein schlechtes Gewissen, er hat ja auch keines.«
»Wann habt ihr euch das letzte Mal gesehen?«
Patrizia zuckte wieder mit den Schultern.
»Ich habe keine Ahnung, es ist Jahre her.«
»Ihr habt euch mehrere Jahre nicht mehr gesehen?«
»Klar«, sagte Patrizia. »Was ist dabei?«
Sie stieß einen abfälligen Laut aus.
»Clarissa, mein Vater ist ein alter Sack, jedenfalls in meinen Augen. Auch als er vierzig war, war er für mich ein alter Sack. Er ist genau der Typ Mann den ich zum kotzen finde, verstehst du? Zu Geld gekommen, gut, er ist clever, hat viel gearbeitet und hat das Geld vermehrt, aber das liegt auch daran, dass er skrupellos ist. Für mich hat er sich nicht interessiert und für meine Mutter auch nicht. Ein Jahr nach dem Tod meiner Mutter hat er eine Frau geheiratet, die war gerade mal einundzwanzig. Mein Vater war damals schon um die fünfzig. Irgendeine kleine Schlampe die zu faul ist um zu arbeiten und der es genügt, die Püppi eines Typen
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