Mit Herz und High Heels - Clark, B: Mit Herz und High Heels - The Overnight Socialite
denken. Die meisten unserer Anzeigenkunden sind Luxusartikelhersteller, und es ist das reinste Gemetzel da draußen, für die und für uns. Ob es einem gefällt oder nicht – so eine Geschichte kurbelt die Verkaufszahlen an, und das nicht zu knapp.«
Mit genau dieser Antwort hatte Lucy schon gerechnet. »Wir wollen ja gar nicht, dass du den Artikel in der Schublade verschwinden lässt. Wir wollten dich bloß bitten, dass du ihn bis zur nächsten Ausgabe verschiebst.«
»Damit du in der Zwischenzeit das Land verlassen kannst? Tut mir leid, aber ich will nicht, dass jemand die Story vor uns bringt. Das kann ich mir nicht leisten.«
»Bei der Story wird dir niemand zuvorkommen«, versicherte Eloise. »Und du bekommst eine viel bessere Story.« Und damit schob sie eine Einladung über den Schreibtisch, die der Abdruck einer Seite aus Lucys Skizzenbuch zierte, und am Rand von Hand hinzugefügt standen Uhrzeit, Ort und sämtliche Details der Veranstaltung. Preisgünstig, einfach – sie hatten weder Geld noch Zeit zu verschenken – und doch formvollendet, chic und stilsicher. Sie hatten die Kärtchen gerade auf dem Weg zu Mallorys Büro in der Druckerei abgeholt.
»Interessant«, murmelte Mallory und runzelte erneut die Stirn. »Plant ihr das schon länger?«
Diese Frage überhörten die beiden geflissentlich. »Lucy steht kurz davor, der absolute Liebling der Modeszene zu werden«, erklärte Eloise. »Wie du weißt, hat Margaux Irving ihr Gewicht in die Waagschale geworfen und auf Lucys Kleid geboten …«
»Korrigiere.« Mallory räusperte sich vernehmlich. »Sie hat auf das Kleid von Lucia Haverford Ellis geboten. Wer weiß, ob sie von der Arbeit eines Kleinstadt-Niemands genauso beeindruckt gewesen wäre. Nichts für ungut.«
»Lass uns eine Woche Zeit«, bat Lucy, bemüht, Mallorys Abwehrmauer zu durchbrechen. »Dann kannst du von mir aus hingehen und darüber schreiben, wie ich allen vorgemacht habe, ich hätte in einem vornehmen Herrenhaus laufen gelernt. Du bekommst von mir sämtliche Details – Fotos von dem Wohnwagen, in dem ich aufgewachsen bin, eine Liste meiner Aushilfsjobs – damit wird die Story noch pikanter. Aber die echte Story ist nicht der Societyskandal.
Die echte Story ist, wie jemand es schafft, ganz nach oben zu kommen – seinen Traum zu verwirklichen -, auf die gute, alte New Yorker Art: mit allen erdenklichen Mitteln.«
Mallory dachte einen Augenblick darüber nach. »Der Societyskandal verkauft mehr Zeitschriften als deine Geschichte.«
»Aber mit unserem Vorschlag gewinnt Townhouse langfristig neue Leser. Denk dran, du bist die Erste, die die Story bringt – die ganze Story. Dafür ist mindestens der ASME Award der Amerikanischen Gesellschaft der Zeitschriftenverlage fällig, Mallory. Die anderen Printmedien werden nachziehen, sobald die Geschichte raus ist, und dabei natürlich auf dich verweisen. Du bist die Autorität, die Sprecherin für sämtliche Nachrichtendienste, was Townhouse und dich selbst in den Mittelpunkt des öffentlichen Interesses rückt.«
»Und ich würde kostenlos das Styling für die nächsten drei Ausgaben übernehmen«, fügte Eloise hinzu, quasi als Sahnehäubchen obendrauf.
»Das würdest du wirklich machen?«
»Klar. Eine Hand wäscht die andere.« Eloise lächelte zuckersüß.
Mallory lehnte sich zurück, spielte ein bisschen mit der Einladung herum und wog die Risiken gegeneinander ab. »Wenn ihr mich aufs Kreuz legt, Ladys, dann sorge ich dafür, dass Cornelia Rockman neben mir aussieht wie eine von den Barmherzigen Schwestern. Eine Woche.«
Mit zusammengekniffenen Augen blinzelte Wyatt in den Himmel, der gerade hell wurde, und setzte sich nervös auf die grüne Holzbank. Hoffentlich tauchte Lucy bald auf, wenn sie ihre allmorgendliche Joggingrunde durch den Park drehte. Er kam sich selbst fast vor wie ein Perverser, ihr so aufzulauern,
aber sie weigerte sich immer noch hartnäckig, mit ihm zu reden.
Da war sie! Es schnürte ihm den Hals zu, als er sah, wie sie auf ihn zugelaufen kam, die Stufen zum Reservoir- See des Central Park hinauf. Sie bewegte sich leichtfüßig wie eine Gazelle, die Haare ordentlich aus dem Gesicht gekämmt und zu einem Pferdeschwanz hochgebunden. Allein ihr Anblick ließ Wyatts Gefühle hochkochen – es war verrückt, wie sehr sie ihm schon nach ein paar Tagen fehlte. Wyatt guckte kurz nach oben in den Himmel. Perfekt , dachte er. Hätte es selbst nicht besser timen können.
»Lucy!«, rief er. Sie war ganz in
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