Mit Herz und High Heels - Clark, B: Mit Herz und High Heels - The Overnight Socialite
vielmehr Lucia Haverford Ellis, aber da brauchte man nicht so kleinlich zu sein – war in der Vogue !
Und nun in nicht mal zwei Wochen das doppelseitige Feature in Townhouse . Und natürlich der legendäre Ball des Fashion Forums – der aufregende, wenn auch etwas Furcht einflößende, krönende Abschluss ihres Experiments. Sie konnte
es noch immer kaum glauben, dass sie tatsächlich dabei sein sollte.
Das Läuten der Türklingel riss sie aus ihren Gedanken. Sicher der Bote mit dem Kleid für das Essen heute Abend . Widerstrebend stieg sie aus dem Seifenschaum und warf sich einen flauschigen weißen Bademantel über. Max hatte Anfang der Woche angerufen und abermals einen Anlauf gestartet, sie zum Essen auszuführen – aber sie hatte dankend ablehnen müssen. So langsam sollte er den Wink mit dem Zaunpfahl verstehen, wie sie hoffte. Selbst wenn sie an ihm interessiert gewesen wäre – was sie eigentlich nicht glaubte -, ihr Kalender war augenblicklich einfach zu voll. An diesem Abend waren Wyatt und sie zu einem kleinen Dinner für acht Personen im Waverly Inn eingeladen. Die illustre Gesellschaft – hauptsächlich ultracoole Downtown-Szeneleute, die sich selbst als Künstler bezeichneten, aber irgendwie nicht besonders viel Kunst zu produzieren schienen – hatte genauso wenig zu sagen wie ihre zugeknöpften Pendants von der Upper East Side, aber Wyatt beharrte darauf, sie in jede »Szene« einzuführen, die die New Yorker Society zu bieten hatte. Lucy versuchte immer, einen Platz neben Wyatt zu ergattern, dem es nie an unerwarteten Anmerkungen zu jedem beliebigen Thema zu mangeln schien – er war beispielsweise der Ansicht, Handels- und Anlagebanken sollten ähnlich strikt reguliert werden wie Energieversorger; dass die Mets besser seien als die Yankees, weil sie sich die Meisterschaft nicht erkauften; dass das Wahlmänner-Gremium bei den Präsidentschaftswahlen zugunsten einer Direktwahl abgeschafft werden sollte; dass er bereits mit dem Gedanken gespielt hatte, ein Kind zu adoptieren, und sich vorstellen konnte, dies eines Tages auch tatsächlich zu tun.
»Komme!« rief sie, zog den Gürtel zu und hinterließ auf
ihrem Weg durch das Wohnzimmer mit jedem Schritt kleine Pfützen. Rasch schloss sie die Tür auf und schnappte verblüfft nach Luft.
»Lucy Jo!«
»Rita! Was machst du denn hier?« In Lucys Stimme schwang Panik mit.
Rita – eine kleine, stämmige Frau mit messingfarbenen Strähnchen, die sie sich selbst ins kupferrote Haar färbte – hielt ihrer Tochter eine Ausgabe der Vogue, auf der Seite mit dem Foto von Lucy aufgeschlagen, unter die Nase. »Begrüßt man so seine Mutter? Du rufst nicht zurück, du meldest dich nicht, da blieb mir doch gar nichts anderes übrig, als selbst herzukommen.« Entschieden schob sie sich an Lucy vorbei in die Wohnung, wobei sie ihr einen beunruhigend großen Koffer in die Hacken rammte und die Wohnung mit kritischem Rundumblick musterte. »Hier wohnt deine Freundin? Hübsch.« Dann grinste sie von einem Ohr zum anderen und ließ den Koffer auf Lucys linken Fuß fallen.
»Was machst du hier?«, wiederholte Lucy, der ganz flau geworden war.
»Ich nehme an, du wolltest es mir irgendwann sagen, oder?«
»Wovon redest du?«, fragte Lucy.
»Von deinem neuen Leben, Kind!« Und damit wedelte sie wieder mit der Vogue vor Lucys Nase herum. »Meine Freundin Brenda hat sie mit ins Studio gebracht. Zuerst war ich mir nicht ganz sicher, ob du es wirklich bist. Du hast so anders ausgesehen, so fein . Die Stadt scheint dir gut zu bekommen. So oder so, die haben deinen Namen falsch geschrieben – wo haben die bloß dieses Haverford her? – aber mein kleines Mädchen erkenne ich doch unter Hunderten.«
Mein kleines Mädchen? Derartige Worte hatte sie noch
nie aus dem Mund ihrer Mutter gehört. Lucy wurde etwas schwummerig, und sie setzte sich auf die Armlehne der Couch. Das konnte doch alles nicht wahr sein.
»Du hast gar nicht gesagt, dass du jetzt berühmt bist!«
»Bin ich ja auch nicht. Was ist schon ein Foto, Rita?«
»Aber dann solltest du mal sehen, wie viele Fotos es im World Wide Web von dir gibt!«
Rita hatte gelernt, mit dem Internet umzugehen? Jetzt würde ihr jeden Augenblick der Himmel auf den Kopf fallen.
»Brens Freund hat den Namen in seinen Computer eingegeben. Er hat eine Website gefunden, da sind hunderttausend Fotos von dir, aufgebrezelt bis zum Anschlag, wie du jede Nacht die Stadt unsicher machst und mit einem Haufen reicher Schnösel einen
Weitere Kostenlose Bücher