Mit Herz und High Heels - Clark, B: Mit Herz und High Heels - The Overnight Socialite
auf…«
»Hättest du vorher angerufen, hätte ich dir gesagt, du sollst zu Hause bleiben!«, schoss Lucy zurück. Kaum ausgesprochen, hätte sie die Worte am liebsten zurückgenommen, weil sie sah, wie tief sie Rita getroffen hatten. Noch nie hatte sie derart respektlos mit ihrer Mutter geredet. Völlig vor den Kopf geschlagen zog Rita die nachgemalten Augenbrauen hoch, die gleich darauf wie wütende Pfeile wieder nach unten schnellten.
»Oh, das wusste ich ja nicht!«, erklärte Rita gekränkt, schnappte sich ihren Koffer und marschierte zur Tür. »Ich bleibe jedenfalls nicht, wo ich nicht erwünscht bin!« Und dann wartete sie einen kurzen Augenblick, damit Lucy sie zurückhalten konnte, ehe sie aus der Wohnung stürmte.
Lucy ließ sie gehen. Untätig sah sie zu, wie die Tür hinter ihrer Mutter ins Schloss fiel.
Mit zitternden Händen schlurfte sie zurück ins Badezimmer und zog den Stöpsel aus der Wanne. Dann schaute sie den schillernden Seifenblasen nach, die in einem Strudel dem Abfluss entgegenwirbelten wie von einer unsichtbaren Hand nach unten gezogen. Die beste Mutter der Welt war sie nie . Lucy vergrub das Gesicht in den Händen. Sie könnte einfach alles kaputt machen.
Sie ging zur Wohnungstür, überlegte es sich dann wieder anders. Nein. Es steht zu viel auf dem Spiel. Lucy warf einen flüchtigen Blick in den vergoldeten Spiegel in der Diele. An dessen reich verzierten Rahmen steckte sie immer die Einladungen, die täglich hier eintrudelten. Die waren einfach viel zu schön – die handgeschriebenen Kalligrafien, das teure Büttenpapier von Mrs. John L. Strong -, um sie irgendwo
aufgestapelt herumliegen zu lassen. Inzwischen wirkte der Spiegel völlig überladen, fast wie wild überwuchert. Lucy konnte sich kaum noch im Spiegel sehen.
Hastig sprang sie in ihre Schneestiefel und rannte zur Tür hinaus hinter ihrer Mutter her.
Trip hatte Abendessen gemacht, einen kleinen Tisch vor dem Kamin gedeckt und eine Flasche Wein entkorkt, die sie von ihrer letzten Reise in die Toskana mitgebracht hatten. Da brauchte Eloise ihre Mutter nicht, die ihr die Frage ins Ohr raunte, ob er wohl etwas Besonderes vorhatte. Seit dem Krach wegen des Schranks in der Woche zuvor war er stiller gewesen als sonst. Nach dem Essen tauchte Trip einen frischen Biscotto in den Vin Santo und hielt ihn ihr an die Lippen.
»Du machst mich so glücklich, El.« Seine Stimme klang tiefer als gewöhnlich. Eloise schaute ihn über die Flamme der flackernden Kerze an, und plötzlich schlug ihr das Herz bis zum Hals. Jetzt kommt’s. Und da merkte sie erst, wie sehr sie es sich wünschte. »Wir beide sind füreinander bestimmt.« Trip nahm über den Tisch hinweg ihre Hand.
Einen Moment war alles still. Und dann noch einen.
Greif schon in die Tasche. Geh auf die Knie. Bitte!
Als könnte sie ihn durch ihre Gedanken lenken, glitt Trips Hand langsam zur Tasche seines Blazers, und heraus kam eine kleine, mitternachtsblaue Samtschachtel. Sie schloss die Augen. Sie konnte sich kaum beherrschen vor Freude. Doch als sie nun erst die Augen aufmachte und dann die kleine Schatulle, fand sie darin nicht etwa ihren Verlobungsring, sondern einen schlichten, schmucklosen Messingschlüssel.
»Alles Liebe zum Valentinstag. Da wir nun höchst offiziell zusammenwohnen«, sagte er, »dachte ich, es wird Zeit, dass
du einen eigenen Schlüssel bekommst.« Und dann lächelte er, als sei er der süßeste, aufmerksamste Mann der ganzen Welt. Eloise wäre ihm am liebsten quer über den Tisch ins Gesicht gesprungen.
»Aber Trip, Schatz, den Schlüssel habe ich doch schon seit vier Jahren«, merkte sie mühsam beherrscht an.
»Wirklich? Na ja, aber das ist ja auch mehr ein symbolischer Schlüssel. Als Zeichen für den nächsten großen Schritt in unserer Beziehung.«
Sie wünschte wirklich, sie könnte sich darüber freuen. »Schließt aber dieselbe Tür auf, oder?«
»Na ja, schon, aber – komm schon, El, das ist ein Symbol unserer neuen, engeren Bindung.«
Sie merkte, wie ihr Herz kalt und hart wurde gegen ihn. Sie war sechsunddreißig Jahre alt. Wie konnte Trip da erwarten, dass es ein angemessenes »Symbol ihrer Bindung« war, wenn er seine Haushälterin mal eben zum Schlüsseldienst schickte? Energisch schob sie ihren Stuhl vom Tisch weg.
»Wo willst du hin?«
»Ich möchte heute zu Hause übernachten. Ich meine, in meiner Wohnung. Allein.« Ihre Stimme klang, als hätte sie einen Frosch verschluckt. Es blieb ihr nicht mehr viel Zeit, bis
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