Mit Herz und High Heels - Clark, B: Mit Herz und High Heels - The Overnight Socialite
Assistentin?« Sie hatte eine leicht säuselnde, nasale Stimme, sodass alles, was sie sagte, wie eine
Frage klang. »Gibt es einen bestimmten Grund, warum Sie nicht das Kleid von Roland tragen?«
Lucy zog den Kopf ein. So viel zu der irrigen Annahme, es würde keiner merken. »Ich kann das erklären…«, setzte sie an, obwohl sie nicht die geringste Ahnung hatte, wie diese Erklärung aussehen sollte. »Ich habe bloß ein paar kleine Änderungen vorgenommen.«
»Was reden Sie denn da? Das ist doch nicht das silberne Kleid, das wir Ihnen gestern geschickt haben.«
»Gestern?« Langsam beschlich Lucy ein seltsamer Verdacht. »Ich habe dieses Kleid erst vor ein paar Stunden bekommen. Es hat nicht richtig gepasst, also habe ich es ein bisschen geändert…«
»Geändert? Das Kleid, das wir Ihnen geschickt haben, hat rein gar nichts mit dem Ding gemein, das Sie da anhaben.« Mit spitzen Fingern ergriff Laurel den Stoff. »Ist das Polyester? Roland ist allergisch gegen Polyester – er bekommt Quaddeln am ganzen Körper, wenn er nur mit dem Zeugs im selben Raum ist.«
»Ich hab’s doch gewusst!«, rief Eloise. »Ich habe gewusst, dass Roland nichts mit diesem Kleid zu tun hat! Sie hätten es sehen müssen, Laurel, es war zum Weglaufen. Lucy hat wirklich gezaubert, um es einigermaßen tragbar zu machen.«
»Und was ist mit dem Kleid, das ich Ihnen geschickt habe?« Laurel schien einer Panikattacke nahe.
Unter den Fotografen entstand plötzlich ein kleiner Tumult. Die Mädels reckten die Hälse, um zu sehen, wer den roten Teppich vereinnahmt und das Blitzlichtgewitter der Fotografen auf sich gezogen hatte – und es war niemand Geringeres als Cornelia Rockman, in einem silbernen Kleid mit Smaragdohrringen.
» Das ist Ihr Kleid!« Laurel schäumte vor Wut. »Ich habe
es selbst geschickt, damit es keine Missverständnisse gibt? Der Bote sagte, Ihr Portier habe die Annahme quittiert? Wie ist sie denn jetzt da drangekommen?«
Lucy gab darauf keine Antwort. Sie hatte schon so einige Geschichten gehört, dass man sich auf der Upper East Side gegenseitig die Ehemänner abspenstig machte und Kindermädchen abwarb, aber Kleider-Entführungen? Das war etwas ganz Neues. Cornelia setzte mal wieder Maßstäbe.
»Hören Sie, Lucy, es tut mir leid, was da passiert ist? Ich hoffe, es ergibt sich bald eine weitere Gelegenheit? So viele Teile aus seiner neuen Kollektion sähen hinreißend aus an Ihnen.«
»Aber gerne«, entgegnete Lucy. »Tut mir auch leid, dass es diesmal nicht geklappt hat.«
Nachdem Laurel verschwunden war, um Roland zu suchen, drehte sich Eloise mit besorgtem Blick zu Lucy um. »Ich weiß, es ist bloß ein Kleid, aber es ist trotzdem irgendwie unheimlich. Was willst du denn jetzt machen?«
»Was ich machen muss«, gab Lucy zurück. Wenn sie eins von Rita gelernt hatte, dann das: Man zettelte keinen Krieg an, aber wenn jemand anderer einen Streit vom Zaun brach, dann stand man ihn durch, bis zum bitteren Ende.
Ganz beiläufig stellte sie sich neben Cornelia, die sie und das senffarbene Kleid verdutzt musterte. Geschickt warf Lucy sich in Positur, stellte den rechten Fuß ein wenig nach vorn und drehte sich so, dass ihre Hüften im schmeichelhaftesten Winkel standen, und schon merkte sie, wie sich die Aufmerksamkeit der Fotografen nun auf sie richtete.
»Was tragen Sie heute, Lucy?«, rief einer der Reporter.
»Ach, das habe ich zu Hause schnell zusammengeflickt.«
»Hat Roland dir für heute Abend kein Kleid geschickt?« Cornelia heuchelte Mitgefühl.
»Spar dir den Bockmist, Cornelia.« Lucy senkte die Stimme, sodass nur ihre Nemesis auf dem roten Teppich sie hören konnte, und verzog dabei keine Miene, sondern lächelte unbeirrt weiter. »Ich weiß genau, was passiert ist. Wenn du einen Zickenkrieg haben willst, bitte sehr, den kannst du haben.«
Etliche Stunden später kuschelte Fernanda sich auf dem Rücksitz der Limousine an Parker. »Zu mir?«, fragte er und sagte dem Chauffeur, wohin er fahren sollte, nachdem Fernanda schläfrig zugestimmt hatte. Sie waren unter den allerletzten Gästen der Gala gewesen, hatten den ganzen Abend getanzt und ein Glas Champagner nach dem anderen geschlürft. Nun war es beinahe drei Uhr, und sie konnte kaum noch die Augen offenhalten. Ja, vermutlich wäre sie auf dem Weg nach Hause sogar eingenickt und sanft ins Traumland weggedämmert, hätte Parker ihr nicht drei elektrisierende Worte ins Ohr geflüstert.
22
Lucy Ellis, wie üblich in Begleitung von Wyatt
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