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Mit Jockl nach Santiago

Mit Jockl nach Santiago

Titel: Mit Jockl nach Santiago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heide Fürböck
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Städtchen, unmittelbar an der Grenze zu Spanien, erreichen wir zerrüttelt, sonnenverbrannt und verschwitzt um 20.30 Uhr - nach einer reinen wie staubigen Fahrzeit von acht Stunden!
    Schon der Name Miranda klingt nach Oase, und so erleben wir die Stadt auch. Ihr Anblick mit der doppeltürmigen Fassade der Kathedrale, die hoch über die Dachlandschaft der Stadt hinausragt, verpaßt unseren angegriffenen Lebensgeistern den längst fälligen Adrenalinkick. Miranda erhebt sich majestätisch auf dem Hochplateau über dem tiefeingeschnittenen Tal des Grenzflusses Douro, dessen Wasser sich unterhalb der Stadt zum höchstgelegensten Stausee Portugals (528 m) sammeln. Die Abgeschiedenheit Mirandas als äußerster, wenig frequentierter Grenzposten Portugals drückt sich auch in einem nur hier gesprochenen spanisch/lateinischen Dialekt aus, den wir zwei Sprachgenies vom Portugiesischen ohnedies nicht unterscheiden könnten - schließlich schwimmen wir noch immer in einem Eier-Eintopf aus: »Deusch ovusch kusidusch e tresch ovusch ischtraladusch!« (Zwei gekochte Eier und drei Spiegeleier!) - Immerhin reichen unsere Kenntnisse zum Bestellen von Überlebenskaffee, und das sollte man wahrlich nicht verachten!
    Sauber und aufgeräumt nimmt uns die Stadt in ihrem wohltuenden Abendfrieden auf. Bürgerhäuser mit weißen Fassaden und klaren Gliederungen durch naturbelassene Aussparungen des Anstrichs bei Fenster, Türen, Giebeln und Gesimsen verleihen den Gassen und Plätzen etwas Edles. Und gerade jetzt in den letzten Strahlen der untergehenden Sonne leuchten die weißen Mauern in einem warmen Pfirsichton. Die engen Gassen verstopft noch immer die Hitze des Tages, und auf dem luftig-großen Hauptplatz im Zentrum flanieren einige Pärchen in schlendrigen Runden, ehe sie sich wie wir an einem der Tische des einzigen Cafés am Platz niederlassen. Wir löffeln herrliches Vanilleeis, während zwei Musiker ihren technischen Aufbau für ein Live-Konzert installieren und ihrem Publikum anschließend saloppen Jazz kredenzen. Gerade dieser anstrengende Tag heute macht uns dankbar für alle Wohlgenüsse dieses Abends, seien es nun die paar Kugeln Vanilleeis, das entspannte Sitzen in Plastikstühlen oder später unsere hallenden Schritte stadtauswärts durch die leeren Gassen, die Fledermäuse in ihren verwirrenden Tiefflugschleifen, das Brunnenbassin voller Fische am Stufenweg zum Campingplatz oder die herrliche Dämmerstille, die das Glockengebimmel einer fernen Schafherde begleitet. Das Land erholt sich, atmet auf - so wie wir. Jetzt schmeckt uns Portugal wieder.
     
    Die halbe Nacht kläffen Köter aus der Umgebung im Kanon, bedauerlicherweise fehlen einlullende Wiegenlieder im ansonsten recht breitgefächerten Heulrepertoire. Gnadenlos beschert erstes Sonnengeblinzel hinter den Bäumen unserem Jockl auch wieder sein morgendliches Quantum Besucher. Aus der Art ihrer Unterhaltung und ihres verhaltenen Gelächters entnehmen wir, daß sie die beiden Australier - und als solche gelten wir trotz Vorlage unserer Reisepässe an der Rezeption - für zwei recht verschrobene Typen halten müssen. Na, zumindest sind wir keine Koalabären.
    Miranda zeigt sich an diesem Vormittag von seiner ausgestorbensten Seite, daran trägt eindeutig der Tag des Herrn schuld, der die Stadt in feiertägliche Lähmung versetzt. Das Café von gestern hat geschlossen; hinter jeder Ecke begrüßt uns schläfrige Stille, sogar der Douro liegt bleischwer im Bett seines von ihm gegrabenen Canyons. Eine weite Terrasse hinter der Kathedrale bietet den besten Blick über den gewundenen Verlauf des Flusses in der grandiosen Schlucht, der Miranda ihre einmalige Lage verdankt.
    Auch die letzten zwei portugiesischen Kilometer haben es in sich, als wir die Stadt verlassen und wie auf einem nur halb befestigten Weg ins Douro-Tal hinunterrumpeln, der vor der Staumauer an einer aufgelassenen Zollstation endet. Im Schrittempo rollen wir auf der Dammkrone, links davon die Tiefen des Stausees, hinüber auf die Samtbahn einer spanischen Überlandstraße. Ohne Wehmut schauen wir nach Miranda zurück, dessen Häuser uns wie eine kleine Festungsstadt oberhalb der Schlucht als letzter Gruß eines uns fremdgebliebenen Landes verabschieden. Adeus Portugal!
    In mäßiger Steigung führt die Straße aus der Schlucht hinauf an den Rand einer horizontlosen Ebene, dahinter sich Zamora, die Hauptstadt der gleichnamigen Provinz befinden soll. Der Genuß eines, wie mit dem Lineal, gezogenen Firstclass-

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