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Mit Jockl nach Santiago

Mit Jockl nach Santiago

Titel: Mit Jockl nach Santiago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heide Fürböck
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der Stadt, das Zamora im wesentlichen seiner Kathedrale verdankt und die unsere Blicke bereits während der Anfahrt auf sich fixiert. Sie erhebt sich am westlichen Stadtrand hoch über dem Duero wie eine exotische Blüte unter heimischen Wiesenblumen. Das aus dem 12. Jahrhundert stammende Bauwerk krönt eine maurisch beeinflußte, mit schuppenförmigen Steinplatten gedeckte Vierungskuppel, eine der schönsten wie eigenwilligsten Kuppeln ihrer Zeit, die selbst den unverbesserlichsten Kunstbanausen zum Staunen bringt. Ein selten einmaliges Beispiel, daß eine Kuppel nicht unbedingt einer halbierten Kugel ähneln muß, um einem gewissen Schönheitsideal zu entsprechen, sondern erst recht mit der Form eines kopfüberhängenden unteren Drittels eines Tannenzapfens für Furore sorgen kann - Respekt vor der Kreativität des Architekten!
    In der leicht überschaubaren Menge aus Besuchern und Spaziergängern vertreiben wir uns in den Gassen rund um die Kathedrale die Zeit, schmökern in den wenigen geöffneten Geschäften und gönnen uns das erträumte, schwer verdiente Eis. Nebenbei beratschlagen wir unsere Weiterfahrt. Da selbst im weiteren Umkreis kein Campingplatz existiert - kein Wunder in dieser touristischen Randzone - beschließen wir, ohne langes Gefackel unser Tipi bei Gelegenheit irgendwo in Gottes freie Natur zu pflanzen und machen uns auf die Socken.
    Die angebliche Verschlafenheit Zamoras widerlegt eine aufreibende Stadt-durchquerung durch belebte Straßen. Auf großzügiger Umfahrung, vorbei an ausufernden Neustadtbezirken, peilen wir mit einigem Bangen erneut die N122 an deren Fahrverbot uns zuvor schon Umwege gekostet hat. Erstaunlicherweise sind wir auf diesem von Zamora nach Toro verlaufenden Streckenabschnitt gelitten, und so preschen wir im regen Abendverkehr und klebriger Schwüle noch eine knappe Stunde ostwärts, ehe uns gegen 22.00 Uhr die fortgeschrittene Dämmerung zum Hüttenbau nötigt. Dazu schlagen wir uns ohne große Umstände gleich neben der Straße hinter ein paar sichtdeckende Büsche. Ein Sumpfgebiet! - Leider bemerken wir die unprofessionelle Wahl unseres Lagerplatzes zu spät, als uns Horden von Moskitos bereits in hochsirrendem Sturm erobert und in schiere Verzweiflung getrieben haben. Es folgt eine bewegungsreiche Nacht mit kriegerischen Feldzügen, bei denen das halbe Zeltinventar gegen den Feind abgeschossen wird und besessene Kratzorgien, die erst im Blutfluß ein vorläufiges Ende finden.
     

VIII. Kastilische Impressionen!
     
    Rund 44 Fahrstunden: Castilia y Leon
     
     
    Das Zelt zieren die blutigen Spuren unserer Siege, unsere Körper hingegen die Machwirkungen eines großartigen Stich- und Sauggelages aller mit uns im Zelt eingezippten Moskitos. Wie auf Kommando brechen wir aus unserem Kerker, nachdem wir zuvor alle Habseligkeiten soweit wie möglich verpackt haben und reißen unser Lager in Null-Komma nichts nieder. Was nicht augenblicklich in der Kiste Platz findet, landet einfach lose auf der Rückbank und dann nichts wie weg. Flucht, ehe diese Mistviecher erneut Blutlunte riechen und zum Abschied ein lustiges Spalierstechen veranstalten. Der kühle Fahrtwind beruhigt unsere malträtierte Haut und Jockls gleichmäßige Takte verdrängen das peinigende, verrückt machende Mückengesirre, das sich seit gestern in langen Stunden ins Trommelfell eingebrannt hat.
    Nebel vom Duero-Tal löst sich langsam auf, während wir die 20 Kilometer nach Toro zurücklegen. Das Land erwacht für kurze Zeit, um in wenigen Stunden unter neuer Hitze zu glühen und apathisch in sich zu versinken. Rechts der Straße, wohl einige hundert Meter von uns entfernt, schimmert der Duero in umgrüntem Stahlblau und fließt breit und träge durch die fruchtbare Ebene. Fünf Kilometer vor Toro werden wir unruhig, denn die Stadtsilhouette taucht unvermittelt als eine hoch über dem Duero liegende Bastion auf; als krönende Mitte die allseits gerühmte Kollegiatskirche Santa María la Mayor aus dem 12. Jahrhundert. Ihre beschriebene Ähnlichkeit mit der Kathedrale von Zamora mag unter Sachverständigen gelten, auf mich wirkt sie einzigartig in ihrer Kompaktheit, die auf einem breiten Hauptschiff, aus dem das verhältnismäßig kurze Querschiff nur wenig hervorspringt, beruht. Reichlich freier Platz rundherum mit Blick ins Duero-Tal ist nicht vergeudet, sondern gewährt dem Bau - unbestreitbar das Herz von Toro - den Anspruch auf räumliche Wirkung. Für die leider verschlossenen Pforten entschädigen uns die

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