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Mit Jockl nach Santiago

Mit Jockl nach Santiago

Titel: Mit Jockl nach Santiago Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heide Fürböck
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denn mangels einer halbwegs schicklichen Aufmachung unterscheiden wir uns schon rein äußerlich sehr vom gehobeneren Kreis der übrigen Gäste; nichtsdestoweniger heißt man uns mit einer zuvorkommenden Freundlichkeit willkommen, als seien wir eben mit Kostüm und Anzug einem Taxi entstiegen und nicht in Gummistiefel von einen Traktor gesprungen. Auf die Frage, wohin wir unseren Jockl parken sollen, antwortet man uns, als handle es sich um einen BMW oder Mercedes - im Hof, da passiere nichts! Wir können nicht ahnen, daß sich dort hinter einem Tor Jockls Zwillingsbruder - ein »Eicher-Panther« - verbirgt, ein übriggebliebener Zeitzeuge aus der bäuerlichen Vergangenheit des Hotels. Dieser Zufall versetzt am nächsten Morgen dem Besitzer einen kleinen Stich, als er für einen Augenblick glaubt, wir würden uns an seinem Traktor zu schaffen machen, als wir gerade unseren Jockl trockenwischen.
     
    Die letzten 40 Kilometer nach Forstern stehen an. Wolfgang hat Hans und Inge telefonisch auf dem laufenden gehalten, so daß sie unser schneckenartiges Fortbewegen wie auf einem imaginären Radarschirm verfolgen konnten. Heute, an diesem nebelig kalten Oktobertag, soll es nach über fünf Monaten ein Wiedersehen geben. Gleichzeitig wird dies für uns auch wieder der Eintritt in eine realere Gegenwart, die uns während all der zurückliegenden Wochen irgendwie abhanden gekommen war. Schließlich lebten wir in einer Art Ausnahmezustand, wo Unmögliches möglich und für Extravaganzen Platz war, wo wir uns zu Dingen fähig fühlten und auch dazu imstande waren, die uns im »normalen« Alltag oft nicht so ohne weiteres von der Hand gehen würden und wo vieles angesichts einer reduzierten Lebensweise plötzlich an Bedeutung verlor bzw. eine andere Wertigkeit erhielt. Und ob wir wollen oder nicht, mit der Ankunft in Forstern legen wir bereits einen Großteil dieser über Wochen entwickelten »Urlaubsfähigkeit« - wie sonst sollte man diesen Überbegriff nennen - wieder ab, als hätten wir etwas nur Ausgeliehenes wieder zurückgegeben.
    Wie Sieger der Rallye Paris - Dakar preschen wir nicht gerade über die Forstener Ziellinie, doch das hält Hans und Inge nicht davon ab, uns mit Freunden und Bekannten einen triumphalen Empfang zu bereiten. So schnell können wir gar nicht schauen, klicken Fotoapparate, hängt Wolfgang ein Lorbeerkranz um den Hals und schäumt Inges Sektfontäne in hohem Bogen auf uns herab. Weiters haben die beiden dafür gesorgt, daß unsere Heimkehr durch die Anwesenheit einer Mitarbeiterin der »Süddeutschen Zeitung« zu einem halböffentlichen Ereignis gerät. Unser letztes Interview geht folglich ohne Langenscheidt über die Bühne, doch das Gefühl, nicht das ausdrücken zu können, was man eigentlich sagen möchte, bleibt auch dieses Mal. Und so schrumpft unsere Tour letztendlich auf ein schales »Mit dem Traktor in den Urlaub tuckern«, was es in den Augen anderer vielleicht auch gewesen sein mag. Nicht für uns! Freilich war es kein großes Abenteuer in der Art einer Himalaya-Expedition, Wüsten- oder Arktisdurchquerung - solche Extremunternehmungen bestreiten andere, und wir neiden sie ihnen nicht. Den Mount Everest haben mittlerweile viele bestiegen - Jockl, den Traktor, nur wir, um damit über 9000 Kilometer »kleine« Abenteuer zu erleben. Mit guten Nerven und intakten Bandscheiben sehr zu empfehlen - kein Ärger mit Sherpas, keine Enttäuschung bei versagt gebliebenem Gipfelsieg und trotzdem Himalaya-Bedingungen: wechselhaftes Wetter, nasse Klamotten, taube Füße, Essensfraß, zwischenmenschliche Krisen, tägliche Lager- und Routenplanungen und dergleichen mehr. Und jetzt soll das alles einfach vorbei sein? Ich fühle mich wie aus einem Traum gerissen, noch gar nicht richtig bei Besinnung, als funktioniere ich nach außen hin nur über ein Notstromaggregat.
    In unserem Forsterner Basislager akklimatisieren wir uns soweit wie möglich und streichen, dank Inges hervorragender Kochkünste, Spinat und Ölsardinen endgültig aus unserer Geschmackserinnerung.
     
    Während unseres Aufenthaltes in Forstern überstellt Wolfgang den Jockl für einen kleinen Check-up zum Vöggenauer Franz ins 35 Kilometer entfernte Hebertsham. Von dort nehmen wir schließlich auch unsere allerletzte Etappe in Angriff. Fast beneide ich Franz in seiner ungeheizten Werkstatt, denn für uns wird die Heimreise, inklusive Fahrtwind, noch um einige Grade zapfiger werden. Um uns zu verwöhnen, hat Inge drei Tage für tropische

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