Mit offenen Karten
verloren?»
«Mrs Lorrimer hat jeden Robber gewonnen. Miss Meredith hat den ersten gewonnen und die beiden nächsten verloren.
Ich habe etwas gewonnen, und Miss Meredith und Despard müssen etwas verloren haben.»
Poirot sagte lächelnd: «Unser Freund Battle hat Sie um Ihre persönliche Meinung über Ihre Mitspieler als eventuelle Mörder gefragt. Ich möchte nun Ihre Meinung über sie als Bridgespieler hören.»
«Mrs Lorrimer allererste Klasse», erwiderte Dr. Roberts prompt. «Ich möchte wetten, dass sie sich ein ganz hübsches Jahreseinkommen mit Bridge verdient. Despard ist ein guter Spieler, ein gewiegter Spieler – ein kluger Kerl. Miss Meredith kann man als verlässliche Spielerin bezeichnen, sie macht keine Fehler, aber sie hat auch keine Fantasie.»
«Und Sie selbst, Doktor?»
Roberts zwinkerte mit den Augen.
«Ich sage zu viel an, wenigstens behauptet man das. Aber ich habe immer gefunden, dass es sich lohnt.»
Poirot lächelte.
Dr. Roberts erhob sich.
«Noch etwas?»
Poirot schüttelte den Kopf.
«Also dann guten Abend. Guten Abend, Mrs Oliver. Das ist ein Stoff für Sie. Besser als Ihre unaufspürbaren Gifte, nicht wahr?»
Dr. Roberts verließ das Zimmer. Sein Gang war wieder elastisch. Als die Tür sich hinter ihm schloss, sagte Mrs Oliver erbittert:
«Stoff! Stoff! Was der sich vorstellt. Die Leute sind so begriffsstutzig. Ich könnte gewöhnlich einen besseren Mord erfinden als irgendetwas Wirkliches. Ich bin nie um eine Handlung verlegen. Und meine Leser schwärmen für unaufspürbare Gifte!»
5
M rs Lorrimer betrat das Zimmer – ganz Dame. Sie sah blass, aber gefasst aus.
«Ich bedaure, Sie behelligen zu müssen», begann Superintendent Battle.
«Sie müssen selbstverständlich Ihre Pflicht tun», sagte Mrs Lorrimer ruhig. «Ich gebe zu, dass es peinlich ist, in eine solche Lage zu geraten, aber es nützt nichts, sich zu drücken. Ich erfasse vollkommen, dass eine der vier Personen, die in jenem Zimmer waren, schuldig sein muss. Natürlich kann ich nicht erwarten, dass Ihnen mein Wort genügt, dass ich nicht diese Person bin.»
Sie nahm den Stuhl, den Colonel Race ihr anbot, und setzte sich Battle gegenüber. Ihre klugen, grauen Augen begegneten den seinen. Sie wartete gespannt.
«Kannten Sie Mr Shaitana gut?», begann der Superintendent. «Nicht sehr gut. Ich kenne ihn zwar seit einigen Jahren, aber es blieb immer eine flüchtige Bekanntschaft.»
«Wo lernten Sie ihn kennen?»
«In einem Hotel in Ägypten – ich glaube es war das Winter Palace in Luxor.»
«Was für einen Eindruck hatten Sie von ihm?»
Mrs Lorrimer zuckte leicht die Achseln.
«Ich hielt ihn, aufrichtig gesagt, eher für einen Scharlatan.»
«Sie hatten – verzeihen Sie mir die Frage – keinen Grund, seinen Tod zu wünschen?»
Mrs Lorrimer blickte leicht belustigt drein.
«Glauben Sie wirklich, Superintendent, dass ich es zugeben würde, wenn dem so wäre?»
«Es wäre immerhin möglich», sagte Battle, «eine wahrhaft kluge Frau würde wissen, dass so etwas immer herauskommt.»
Mrs Lorrimer senkte nachdenklich den Kopf.
«Das stimmt natürlich. Nein, Superintendent, ich hatte keinerlei Grund, Mr Shaitanas Tod zu wünschen. Es ist mir wirklich völlig gleichgültig, ob er lebt oder tot ist. Ich hielt ihn für einen Poseur und für etwas theatralisch, und manchmal hat er mich gereizt. Das ist – oder vielmehr das war – meine Einstellung zu ihm.»
«Das wäre also das. Und nun, Mrs Lorrimer, können Sie mir etwas über die anderen sagen?»
«Leider nicht. Major Despard und Miss Meredith traf ich heute Abend zum ersten Mal. Beide scheinen reizende Menschen zu sein, Dr. Roberts kenne ich flüchtig. Ich glaube, er ist ein sehr beliebter Arzt.»
«Ist er Ihr behandelnder Arzt?»
«O nein.»
«Nun, Mrs Lorrimer, können Sie mir sagen, wie oft Sie heute Abend aufgestanden sind, und wollen Sie uns bitte auch die Bewegungen der anderen drei schildern?»
Mrs Lorrimer nahm sich keine Zeit, um zu überlegen.
«Ich war auf diese Frage gefasst und habe versucht, es mir vor Augen zu führen. Ich selbst bin einmal aufgestanden, als ich Strohmann war; ich ging zum Kamin. Da lebte Mr Shaitana noch. Ich sagte zu ihm, wie schön doch so ein Kaminfeuer sei.»
«Und er antwortete?»
«Dass er Radiatoren hasse.»
«Hat irgend jemand Ihr Gespräch gehört?»
«Ich glaube nicht, ich senkte meine Stimme, um die Spieler nicht zu stören.» Sie fügte trocken hinzu. «In der Tat haben Sie nur mein Wort
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