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Mit offenen Karten

Mit offenen Karten

Titel: Mit offenen Karten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Agatha Christie
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Kastanienfüllung der Martinigans ein tödliches Gift entdeckt, und nun habe ich soeben bemerkt, dass es zu Martini gar keine Zuckererbsen gibt.»
    Elektrisiert durch diesen Einblick in die Werkstatt der Detektivromane sagte Rhoda atemlos: «Es könnten ja Konserven sein.»
    «Das ginge eventuell.» Mrs Oliver zögerte. «Aber es würde die Pointe verpatzen. Ich verhasple mich immer in Gartenbau und ähnlichem. Die Leute schreiben mir dann, dass ich die falschen Blumen gleichzeitig blühen lasse. Als ob es darauf ankäme! Und jedenfalls blühen sie in den Londoner Blumenläden alle gleichzeitig.»
    «Natürlich kommt es nicht darauf an», meinte Rhoda loyal. «Oh, Mrs Oliver, es muss wunderbar sein, zu schreiben.»
    «Warum?»
    «Oh», sagte Rhoda etwas verblüfft, «weil es so sein muss. Es muss wunderbar sein, sich einfach hinzusetzen und ein ganzes Buch zu schreiben.»
    «Ganz so einfach geht es nicht», erklärte Mrs Oliver. «Man muss zunächst nachdenken, wissen Sie. Und Denken ist immer eine Qual. Und man muss die Sachen erfinden. Und manchmal bleibt man stecken und hat das Gefühl, man kommt nie wieder heraus – aber man kommt doch wieder heraus! Schreiben ist kein besonderes Vergnügen. Es ist eine harte Arbeit, wie alles andere auch.»
    «Es kommt einem nicht wie harte Arbeit vor.»
    «Ihnen nicht, weil Sie es nicht tun müssen! Mir schmeckt es sehr nach Arbeit. Manchmal kann ich nur weitermachen, wenn ich mir das Geld, das ich für die nächsten Fortsetzungen bekommen soll, immer wieder vor Augen führe. Das spornt einen an, wissen Sie, das und Ihr Konto, wenn Sie sehen, wie stark belastet es ist.»
    «Ich habe mir nie vorgestellt, dass Sie Ihre Bücher tatsächlich selbst tippen», sagte Rhoda, «ich dachte, Sie hätten eine Sekretärin.»
    «Ich hatte auch eine Sekretärin und habe versucht, ihr zu diktieren, aber sie war so gebildet, dass es mich deprimiert hat. Ich hatte das Gefühl, dass sie so viel mehr von der englischen Sprache, von Grammatik und Interpunktion wusste als ich, dass es mir eine Art Minderwertigkeitskomplex erzeugte. Dann habe ich es mit einer ganz ungebildeten Sekretärin versucht, aber das ging natürlich auch nicht.»
    «Es muss wunderbar sein, sich Dinge ausdenken zu können», seufzte Rhoda.
    «Ich kann mir immer Dinge ausdenken», strahlte Mrs Oliver. «Das Ermüdende daran ist das Niederschreiben. Ich glaube immer, dass ich fertig bin, und dann, wenn ich nachzähle, merke ich, dass ich erst dreißigtausend Worte geschrieben habe anstatt sechzigtausend, und da muss ich noch einen Mord einschalten und die Heldin muss noch einmal entführt werden, das ist alles sehr lästig.»
    Rhoda antwortete nicht. Sie starrte Mrs Oliver mit der Ehrfurcht der Jugend für Berühmtheiten an – leicht getrübt durch Enttäuschung.
    «Gefällt Ihnen die Tapete?», fragte Mrs Oliver und machte eine muntere Bewegung mit der Hand. «Ich schwärme für Vögel. Das Laub soll tropisch sein. Es gibt mir sogar an Tagen, wo es friert, die Illusion von Hitze. Ich kann nicht arbeiten, wenn mir nicht sehr, sehr warm ist. Aber Sven Hjerson hackt allmorgendlich das Eis in seiner Wanne auf.»
    «Ich finde Sie wundervoll», meinte Rhoda. «Und es ist schrecklich nett von Ihnen zu sagen, dass ich Sie nicht störe.»
    «Jetzt wollen wir aber Kaffee und Toast nehmen», beschloss Mrs Oliver. «Sehr schwarzen Kaffee und sehr heißen Toast. Das schmeckt mir immer.»
    Sie ging zur Tür, öffnete sie und rief etwas hinaus. Dann kam sie zurück und sagte:
    «Weshalb sind Sie in die Stadt gekommen? – Einkäufe?»
    «Ja, ich habe einige Besorgungen gemacht.»
    «Ist Miss Meredith mitgekommen?»
    «Ja, sie ist mit Major Despard zu einem Anwalt gegangen.»
    Mrs Oliver hob fragend die Augenbrauen.
    «Zu einem Anwalt – so?»
    «Ja, Major Despard riet ihr, einen zu nehmen. Er war schrecklich nett – wirklich.»
    «Ich war auch nett. Aber scheinbar hatte ich kein Glück, nicht wahr? Eigentlich glaube ich, dass Ihre Freundin meinen Besuch übel genommen hat.»
    «O nein, wirklich nicht.» Rhoda wand sich vor Verlegenheit auf ihrem Stuhl. «Das ist, aufrichtig gesagt, einer der Gründe, warum ich heute kommen wollte – um alles zu erklären. Ich habe bemerkt, dass Sie es falsch aufgefasst haben. Sie schien sehr unliebenswürdig, aber es war nicht deshalb, wirklich nicht. Ich meine, es war nicht wegen Ihres Besuchs. Es war wegen etwas, was Sie gesagt haben.»
    «Etwas, was ich gesagt habe?»
    «Ja, Sie konnten es natürlich

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